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Vorwort

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Sich im eigenen Körper wohl zu fühlen, rundum alles schön zu finden, ist leider für viele Menschen zu einem absoluten Fremdwort geworden. Morgens wird ängstlich auf die Waage gestiegen, der Blick in den Spiegel nach der Dusche ist selten mit Selbstliebe verbunden. Über den Tag verteilt wird Nahrung in gut und böse eingeteilt und leckere Dinge werden nur mit schlechtem Gewissen und den dazu passenden Bemerkungen verspeist. Sollte abends noch weggegangen werden, steht nicht der Genuss einer lauen Sommernacht oder der Spaß mit lieben Menschen im Vordergrund, sondern die Bewertung der Gäste nach Schönheitskriterien. Ganz zu schweigen von den Kommentaren übers Essen. Alles was schmeckt, wird zur Sünde.

Wie schade, dass soviel Energie in unserer Gesellschaft in einen Schönheits- und Gesundheitskult gesteckt wird, dem die meisten Menschen nicht gerecht werden können. Und wie erstaunlich, dass so wenige Menschen diese Kultur und diese Vorgaben hinterfragen. Dieses Buch hinterfragt den Schönheits- und besonders Schlankheitswahn. Viel Wohlsein im eigenen Körper orientiert sich am eigenen Gewicht. Dicken Frauen und Männern wird es abgesprochen, sich im und mit dem eigenen Körper putzmunter, beweglich, lebendig und sexy zu fühlen. Deshalb geht es in diesem Buch um Gewicht und die Chancen das Gewicht langfristig und gesund zu verändern. Leider sind diese Chancen sehr gering und neue Wege müssen sich auftun für Menschen mit Gewicht. Diese neuen Wege sind tatsächlich neu, manchmal revolutionär, manchmal erstaunlich einfach und manchmal erfordern sie Übung und Mut.

Gerne nutze ich dieses Vorwort, um ein bisschen über mich und meinen Werdegang zu berichten. Seit vielen Jahren ist es meine Leidenschaft, mich und andere Menschen bei der Akzeptanz ihres Körpers zu begleiten. Zunächst fing alles mit mir selber an. Ich habe über viele Jahre, wie so viele andere dicke Menschen, das Gefühl gehabt, dass ich ein vollständiges und erfolgreiches Leben erst führen könne, wenn ich endlich abgenommen hätte. Erst später habe ich begriffen, dass die vielen Diäten mich dick gemacht haben und mein Stoffwechsel heute sicherlich ein kleines Sensibelchen ist.

Glücklicherweise bin ich bereits recht früh in meinem Leben auf die damals noch recht kleine, aber existente Dickenbewegung in Deutschland gestoßen und habe später auch die deutlich größere Fat Acceptance Bewegung in den USA für mich entdeckt. Da gibt und gab es viel zu lernen. Das habe ich getan, ich erlebe dieses Lernen als einen fließenden Prozess. Mir und meiner Gesundheit hat es sehr gut getan, in den letzten 20 Jahren keine Diäten mehr zu machen und zu essen, nach was mir ist. Ich bin dabei auch nicht wie ein Hefekloß aufgegangen, sondern mein Gewicht verhält sich relativ stabil im hohen Bereich. Dankbar bin ich dafür, dass bisher auch nicht mehr Gelenkschwierigkeiten aufgetreten sind wie bei Gleichaltrigen. Die Prophezeiungen, die ich mir anhören musste, als ich mich vom Diäthalten verabschiedet habe, sind allesamt nicht eingetreten. Weder bin ich deutlich schwerer geworden, noch kann ich mich kaum bewegen, noch können meine Gelenke mich nicht tragen. Ganz zu schweigen von Diabetes und Herzkrankheiten, alles schön. Wobei ich damit nicht prahlen will, sondern in Demut dankbar bin. Denn ich glaube nicht, dass ich im wesentlichen für meine Gesundheit verantwortlich bin, sondern mein Körper und das Universum. Ich kann dazu beitragen, das ist alles.

Ich freue mich an meinem Körper. Mein Kleiderschrank ist relativ groß, und von Zeit zu Zeit habe ich viel Spaß daran, mich schick zu machen. Ich fühle mich aber auch wohl in meiner Haut, wenn ich Jeans und einen Pulli trage, die meiste Zeit ist das so.

Meine stetig wachsende Selbstliebe hat auch dazu geführt, einen wunderbaren Mann an meiner Seite zu haben. Einen Mann, der jedes Pfund an mir liebt und mich nach Kräften unterstützt. Dafür an dieser Stelle meinen herzlichen Dank, Thomas. Neulich schrieb eine Zeitung über mich: „Und sie ist sogar verheiratet!“. Ich fand, in diesem Satz steckt wieder eine gemeine versteckte Botschaft. Warum bitte sollen dicke Frauen nicht verheiratet sein?

Seit 2008 arbeite ich als Coach und begleite Menschen bei anstehenden Entscheidungen und Veränderungen und natürlich bei der Lösung ihrer meist beruflichen Probleme und Herausforderungen. Ein Bereich meiner Coaching- und Trainerinnentätigkeit widmet sich dicken Menschen. Diese kommen zu mir, weil sie sich selbst wohler in ihrer Haut fühlen wollen und weil sie die Erfahrung gemacht haben, dass sie mit Diäten nicht weiterkommen. Im Buch finden sich viele Dialoge und Geschichten von meinen Klienten. Diese haben in dieser Form nie stattgefunden. Das Gespräch und die Arbeit sind ein sehr intimer Prozess und ich will nicht, dass Menschen und ihre ganze persönliche Entwicklung eins zu eins in einem Buch nachzulesen ist. Dennoch habe ich zum besseren Verständnis abgewandelte Dialoge in dieses Buch aufgenommen. Vielleicht findet sich die eine oder andere Person wieder, hoffentlich immer so verfremdet, dass dies als ein Beitrag gewertet werden kann, der anderen hilft, mehr Frieden mit dem eigenen Körper zu schließen.

In meiner Freizeit leite ich den Verein Dicke e. V. Hier setze ich mich für die Akzeptanz dicker Menschen ein, versuche, viele Menschen zu erreichen und zu informieren und als Lobby gegen die Diskriminierung dicker Menschen zu fungieren. Gerade der Kontakt mit vielen Menschen in diesem Netzwerk macht mir großen Spaß. Und der Online-Kurs und die Workshops „Wohl in meiner Haut“ des Vereins haben viel zur Entwicklung diesen Buches und der Übungen beigetragen.

In diesem Sinne wünsche ich viel Spaß bei der Lektüre des Buches. Viele Übungen brauchen Zeit, deshalb macht es sicherlich Sinn, das Buch stückchenweise zu lesen und immer wieder einzelne Arbeitsschritte aus dem 2. Teil auszuprobieren und bei Wohlgefallen einzuüben.


Viel Spaß

Gisela Enders


Wohl in meiner Haut

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