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3.1. Mehrsprachigkeitsdidaktik nach Meißner

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Dieser Ansatz legt erstmals das umfassende Transferpotential offen, das in einem mehrsprachigen Unterricht aktiviert wird. Da Transfer in all seinen Formen auch ein wichtiger Aspekt der Kompetenzerweiterung in der mehrsprachigen komplexen Kompetenzaufgabe ist, sollen die dahinterliegenden Mechanismen hier kurz umrissen werden. Die von Meißner und später Reinfeld entwickelte Mehrsprachigkeitsdidaktik entsteht im Rahmen einer Diskussion um und als Alternative zum Englischunterricht und zur Förderung der LOTE (Languages Other Than English)-Sprachen. Sie ist aufgrund ihrer eingehenden Untersuchung des interlingualen Transfers und seiner unterschiedlichen Formen insbesondere innerhalb der gleichen Sprachfamilie und ihrer Nutzung für den schulischen Spracherwerb für diese Studie relevant. Es wird hier veranschaulicht, wie vielfältig und unterschiedlich Transfer sein kann, wie er zustande kommt und welchen Reichtum an Ressourcen er für das Sprachenlernen nutzbar macht.

Das LOTE-Konzept entspringt der romanistischen Sprachendidaktik und sieht bereits ab den ersten Schuljahren einen fächerübergreifenden Spracherwerb vor. Eine erste Theoretisierung erfolgt in einem Artikel aus dem Jahre 1995 (Meißner 1995), in welchem der interlinguale Transfer als Grundlage für jegliche Fremdsprachendidaktik erstmals postuliert und erste Didaktisierungsmöglichkeiten angedacht werden. Meißner postuliert für den Erwerb von nicht nur sprachübergreifenden, sondern auch von zwischensprachlichen kommunikativen Kompetenzen und Lernstrategien einen didaktischen Mehrsprachen-Monitor bzw. ein Mehrsprachenverarbeitungsmodell – ein Modell, das einen Erklärungsrahmen schafft für den Aufbau einer Spontangrammatik während multilingualer Rezeptionsvorgänge. Die dank der Spontangrammatik entstandenen Hypothesen über die Zielsprache(n) durchlaufen mehrere Stufen bis hin zur Bildung einer lernerspezifischen Interimsprache (Meißner 2003a: 13). Diese Interimsprache ermöglicht eine Vernetzung, die zu einem pro- und retroaktiven Transfer auf der Basis von Transferbasen führt (vgl. Hufeisen & Neuner 2004a; De Angelis 2005; Singleton 2006; Pavlenko & Jarvis 2002; Cheung et al. 2011). Sprachen können sich demzufolge gegenseitig beeinflussen und es lassen sich, meist über eine Brückensprache, aufgrund von Ähnlichkeiten Hypothesen über die Zielsprache aufstellen. Der Verwandtschaftsgrad der Sprachen spielt hier laut Meißner (Meißner 1995, 2003b) eine wichtige Rolle, da bei Sprachen der gleichen Sprachgruppe eine größere Anzahl von Transferbasen zur Verfügung steht. Der Transfer kann in erster Linie auf grammatischer, lexikalischer und morpho-syntaktischer Ebene erfolgen. Jedoch gibt es laut Meißner auch einen Transfer über die Sprachenoberfläche hinaus (Meißner & Reinfried 1998: 48f.). Dieser betrifft Aspekte des Weltwissens und der Kultur und Interkulturalität. Folglich wird Mehrsprachigkeitsdidaktik auch Mehrkulturalitätsdidaktik (Meißner & Reinfried 1998: 5), da das Verständnis anderer Sprach- und Kulturbereiche gefördert wird und gleichzeitig eine Infragestellung der eigenen kulturellen Maßstäbe erfolgt.

Der damit einhergehende Bewusstwerdungsprozess und die Anwendung eben dieser Transfermöglichkeiten kann, unterstützt durch eine korrekte Steuerung im Unterricht, eine Beschleunigung des Spracherwerbsprozesses und des interkulturellen Lernens bewirken. Meißner unterscheidet weitere Typen von Transfer: Reidentifikations- und Produktionstransfer, didaktischer Transfer und lingual-materialer Transfer (Meißner 2010: 383). Entlang dieser Diskussionsebene ließen sich aber außerdem Transfertypen identifizieren wie: Transfer von Lernerfahrungen, Lernstrategien, Transfer von Inhalten und Wissen (z.B. über Kultur und Genres) und Transfer von Gefühlen und Haltungen.

Ein mehrsprachiges, textzentriertes Arbeiten, eingebettet in einen kompetenzorientierten Unterricht, wie es in den Modulen des Forschungsprojektes der Fall ist, bietet hier ideale Voraussetzungen, damit sich dieses breitgefächerte Transferpotenzial durch die Arbeit an und mit plurilingualen Unterlagen in seinem gesamten Umfang entfalten kann. Insbesondere wird hier auch das Transferpotential nicht verwandter Sprachen aufgezeigt. Denn der Transfer erfolgt nicht immer innerhalb der gleichen Sprachfamilie, sondern die Wahl der Brückensprache entspricht besonderen Bedürfnissen, die sich im Moment des Sprechens ergeben.

Kompetenzentwicklung und Mehrsprachigkeit

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