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In den ersten Jahren dieses Jahrhunderts

Die beiden Männer mittleren Alters trieben ihre Reitpferde durch eine Hecke. Nun lag das Gelände um die Frankenwarte vor ihnen. Toni Buschwächter, Baureferent der Stadt Würzburg, schlank, hochgewachsen, im klassischen Reiterdress, ritt eine Haflingerstute, während Arnulf Hünnerklein, Direktor der BR Bürger- und Reibeisenbank, untersetzt, mit Halbglatze, in Jeans und mit Westernboots, im Sattel eines Fjordpferdes saß. Die beiden Pferde schnaubten heftig, denn sie hatten gerade eine längere Strecke im Galopp hinter sich.

„Kurze Pause“, schlug Buschwächter vor und zügelte sein Tier. Langsam ließ er sich von der Stute die Zügel aus der Hand ziehen. Sie senkte den Kopf und schnupperte am Gras.

„Gerne“, gab Hünnerklein sichtlich erleichtert zurück. Sein Begleiter war der eindeutig bessere Reiter und saß daher wesentlich lockerer im Sattel.

Der Wallach drehte den Kopf und schnüffelte interessiert am Hals der Stute herum, was diese wiederum mit einem unfreundlichen Wiehern quittierte.

„Typisch Weiber“, kommentierte Buschwächter das Verhalten der Stute und lachte.

Die beiden Reiter glitten aus den Sätteln, banden die Pferde an einem Busch fest und ließen sich auf einer Bank nieder.

„Wir müssen reden“, sagte der Stadtbaurat. „Was ist aus deinen Nachforschungen geworden? Handelt es sich bei dem Dokument wirklich um das, was du vermutet hast? Wir müssen absolut sicher sein, sonst werde ich mich in die Sache nicht reinhängen. Ich riskiere dabei alles!“

„Ich habe mich viele Jahre mit derartigen Urkunden beschäftigt und bin mir hundertprozentig sicher, dass es sich bei dem bewussten Schriftstück um das Originaltestament von Petrini handelt. Das Datum ist der 13. Januar 1674. Die Urkunde enthält so konkrete Angaben, dass meines Erachtens kein Zweifel an ihrer Echtheit besteht.“

„Wie kommt es, dass sie nicht schon lange entdeckt worden ist?“ In der Stimme des anderen schwangen noch immer Zweifel mit.

„Das habe ich mich natürlich auch gefragt und kann es mir nur so erklären, dass das Testament von Anfang an verschollen war. Ausgegraben habe ich es in einem der zahlreichen Archive des Mainfränkischen Museums. Ich möchte nicht wissen, was es dort noch für verborgene Schätze gibt. All dieses Material aufzuarbeiten würde einen erheblichen Aufwand verursachen. Dem Museum fehlen ganz einfach Geld und Personal. Die Museumsleitung ist froh, wenn Hobbyforscher wie ich dort Studien betreiben. Jedenfalls enthält das Dokument konkrete Einzelheiten, die nur von dem Baumeister stammen können.“ Er wechselte das Thema. „In diesem Zusammenhang: Wie weit sind deine Vorbereitungen bezüglich des Grundstücksverkaufs gediehen? Als wir das letzte Mal darüber sprachen, hast du gesagt, dass einige Stadträte Bedenken haben, dort ein Gebäude zu errichten. Du weißt, dass unsere Pläne mit der Errichtung des Hauses stehen und fallen.“

Buschwächter machte eine wegwerfende Handbewegung. „Mittlerweile ist die Mehrheit davon überzeugt, dass wir das Projekt durchziehen sollten. Wenn die Bank noch ein paar Scheine drauflegt, wird es keine Probleme geben. Die meisten Herrschaften im Rat wollen, dass Kohle in die Kassen kommt.

Die paar ewigen Nörgler, die bei jedem Bauvorhaben befürchten, dass dadurch die Stadt dem Untergang geweiht ist, sind chancenlos in der Minderheit.“

„… und deine Chefin?“

„Die frisst mir aus der Hand … wie diese Stute hier.“ Er lachte. „Da gibt es bestimmt keine Probleme.“

„Ich weiß nicht“, gab der Banker zu bedenken. „Ganz so leicht, wie du das darstellst, ist sie nicht zu handhaben. Wie die Vergangenheit gezeigt hat, kann sie ziemlich starrsinnig sein, wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hat.“

„Wirklich, lass das meine Sorge sein. Ich werde das schon managen. Sieh du nur zu, dass der Preis stimmt.“

„Vorstand und Aufsichtsrat meiner Bank sind sich darin einig, dass der Bauplatz dort für uns einfach optimal wäre. Von einer solchen Lage kann man nur träumen. Da greifen die Herrschaften dann auch mal gerne etwas tiefer in die Tasche. Meinst du, die Bürger nehmen es so einfach hin, dass wir ihnen in dieser zentralen Lage einen solchen Bau hinstellen wollen?“ Der andere lachte. „Die Bürger! Die Bürger! Die sind mir ziemlich egal. Die meckern heute und freuen sich morgen über die gleiche Sache. Man kann doch bei der Städtebaupolitik kein Wunschkonzert veranstalten. Lass den Bau erst mal stehen, dann gewöhnen sie sich schon dran. Vergiss du nur nicht, dass wir auch in der anderen Sache Partner sind. Es muss alles absolut diskret ablaufen. Wenn bekannt wird, was der eigentliche Grund für die ganze Baumaßnahme ist, kommen wir in Teufels Küche. Das ist dir ja wohl klar?“

„Ich hänge da mindestens ebenso mit drin wie du. Mach dir keine Sorgen, für Diskretion ist gesorgt und dafür, dass du deinen Anteil abbekommst, auch. Wichtig ist, dass die Männer, die du für gewisse spezielle Arbeiten organisierst, absolut zuverlässig sind.“

Sein Gesprächspartner nickte. „Kein Sorge. Es sind nur drei und die bekommen eine ordentliche Summe Geld. Außerdem werden sie nur so viel erfahren, dass sie die erforderlichen Arbeiten diskret erledigen können. Worum es in Wahrheit geht, brauchen sie nicht zu wissen.“

Der Banker war zufrieden und erhob sich. „Lass uns zurückreiten. Ich habe heute noch einen Termin und möchte nicht zu spät kommen.“

Sie holten ihre Pferde und saßen auf. Wenig später galoppierten beide in vollem Tempo in Richtung Stadt.


Der Schoppenfetzer und die Weindorftoten

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