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George Glas – 1761
ОглавлениеDer Schotte George Glas, 1725 - 1765, handelte zwischen Brasilien, der Nordwest-Küste von Afrika und Europa. Auf seinem eigenem Schiff wurde er von Mitgliedern seine Crew erstochen, seine mitreisende Frau und Tochter über Bord geworfen. Ausführlicher schildert diese Vorfälle Leopold von Buch.
1764 veröffentlichte Glas in London „The History of the Discovery and Conquest of the Canary Islands“, welche er aus einer Handschrift des andalusischen Mönch Juan Abreu de Galindo übersetzte, die er vorher in Palma auffand. Dazu gab er eine Beschreibung des gegenwärtigen Zustands der Inseln und einen Anhang über Verhalten, Kleidung, Handel u.ä. der Einwohner.
Geschichte der Entdeckung und Eroberung der Kanarischen Inseln; 1777; 297 S., 4 Karten
Beschreibung der Kanarischen Inseln, welche zugleich die neuere Geschichte der Einwohner und eine Nachricht von ihren Sitten, Gebräuchen, Handlung usw. enthält.
Achter Abschnitt
… Wenn man nach dieser Insel segelt, sieht man bei hellem Wetter diesen Pico leicht in einer Entfernung von 120 und wenn man von ihm weg segelt, von 150 Meilen. Er glicht dann einem dünnen blauen Dunst oder Rauch, der nur ein wenig dunkler ist, als der Himmel. In einer weiteren Entfernung verschwindet der Schatten und läßt sich von dem Blau des Firmaments nicht weiter unterscheiden. Ehe man diesen hoch aufgetürmten Berg aus dem Gesicht verliert, ragt er noch weit über den Horizont hervor, wiewohl die ganze übrige Insel, die sonst überhaupt sehr hoch ist, wegen ihrer Entfernung und der runden Figur der Erde, sich längst unter dem Horizont verloren hat. Gemeiniglich aber, wenn man mit dem Passatwinde nach Teneriffa segelt, erscheint die Insel, wie ein dicker Nebel oder eine Wolke, bis man ihr auf fünf bis sechs Leagues nahe kommt, da dann erst die Landspitzen deutlich werden und wie Land aussehen.
Neunter Abschnitt
Zu Anfang des Septembers 1761 reiste ich in Gesellschaft eines Schiffsherrn, um 4 Uhr Nachmittags von Porto Orotava ab, um den Pik zu besehen. Wir hatten einen Bedienten, einen Mauleseltreiber und einen Wegweiser bei uns. Nachdem wir etwa sechs Meilen hinauf geritten waren, kamen wir an den entferntesten Wohnplatz von der See an diesem Wege, der in einem tiefen Grunde belegen war und durch offene Rinnen mit Wasser versorgt wurde. Hier tränkten unsere Leute die Pferde und füllten einige Fässer zum fernerem Gebrauch auf unserer Reise mit Wasser an. Unterdes sie hiermit beschäftigt waren, spazierten wir in dem Grunde herum, den wir sehr angenehm und mit einer Menge von Bäumen, die einen wohlriechenden Duft gaben, bedeckt fanden. Bei den Häusern sind einige Felder von Mais oder indianischem Korn. An verschiedenen Orten auf dieser Seite der Insel wird dies Korn von den Einwohnern jährlich zweimal geerntet. Wir ritten nun eine Zeit lang einen steilen Weg hinan und kamen, eben als es finster wurde, in die Wälder und die Wolken, konnten aber unseren Weg nicht leicht verfehlen, weil er zu beiden Seiten mit Bäumen und Gebüschen eingefaßt war, die größtenteils aus Lorbeeren, Seevenholz und Bressos oder Reisholz bestanden. Da wir ungefähr eine Meile geritten waren, kamen wir an das obere Ende des Holzes über den Wolken, wo wir Feuer anmachten, zu Abend aßen und uns bald darauf unter den Büschen schlafen legten. Etwa um halb elf, da der Mond sehr hell schien, ritten wir ganz langsam zwei Stunden weiter, hatten aber einen so schlechten Weg, daß es nicht anders schien, als ob alles mit Trümmern steinerner Gebäude bedeckt sei. Nachdem wir diesen Weg zurückgelegt hatten, kamen wir auf kleine leichte weiße Bimssteine, wie Erbsen. Hier ritten wir etwa eine Stunde ziemlich stark. Die Luft fing jetzt an, sehr scharf, kalt und durchdringend zu werden und der Wind wehete stark aus Südwest oder Westsüdwest. Unser Führer gab uns den Rat hier abzusteigen, weil es ein bequemer Ort sei und uns bis um vier oder fünfe morgens auszuruhen. Wir folgten diesem Rat und gingen in eine Höhle, deren Eingang etwa sechs Fuß hoch vermauert war, damit der Wind und die Kälte nicht hineindringen konnte. Wir waren so glücklich, in der Nähe einige dürre Retamas zu finden, das einzige, was von Gesträuchen oder Pflanzen hier herum zu sehen war. Mit diesen machten wir ein großes Feuer an, um uns zu wärmen und schliefen dann ein, wurden aber bald durch ein Jucken der Haut wieder aufgeweckt, wovon wir glaubten, es komme von Flöhen, die wahre Ursache aber war die kalte Luft, der Mangel an Ruhe und das Schlafen in Kleidern. Dies ist mehreren auf dergleichen Reisen begegnet. Wir vertrieben uns hier die Zeit, so gut wir konnten. Unterdes wir aber so nahe ans Feuer krochen, daß die eine Seite beinahe gebraten wurde, erstarrte die andre vor Kälte.
Gegen fünf Uhr Morgens ritten wir etwa eine Meile ganz langsam weiter, denn der Weg war hier fast zu steil zum Reiten und unsre Pferde waren jetzt müde. Endlich kamen wir zwischen einige große lose Felsen, wo eine Art von Hütte von losen Steinen erbaut war. Dieser Ort heißt, wie unser Führer uns sagte, Estanzia de los Inglesses (d.h. Ruheplatz der Engländer). Vermutlich hat man ihn so genannt, weil verschiedene Engländer sich auf ihrem Wege nach dem Pico daselbst ausgeruht haben, denn niemand macht diese Reise, als Fremde und einige arme Einwohner der Insel, die durch Einsammeln des Bimssteins ihr Brot verdienen, weil die vornehmen Spanier von dergleichen Neubegierde nichts wissen. Hier biegen wir ab, weil das Übrige des Weges zum Reiten zu steil war, ließen einen unsrer Leute bei den Pferden zurück und stiegen dann weiter zu Fuß hinauf. Wir gingen sehr schnell, um warm zu werden, wurden aber durch den steilen Weg, der zugleich locker und sandig war, bald ermüdet. Als wir auf den Gipfel dieser Anhöhe kamen, fanden wir eine ungeheure Menge großer loser Steine, deren Oberfläche platt war. Jeder dieser Steine hatte, eins ins andre gerechnet, etwa zehn Fuß nach allen Seiten im Durchschnitt. Dieser Weg war nicht so steil, als der vorige, aber wir sahen uns genötigt, eine beträchtliche Strecke über die Felsen zu gehen und von dem einen auf den andern zu springen, weil sie nicht alle ganz dicht aneinander lagen. Zwischen diesen Felsen ist eine Höhle, in welcher sich ein Brunnen oder natürliches Wasserbehältnis befindet. Diese Höhle, worein wir vermittelst einer Leiter, welche die armen Leute zu dem Ende dahin gesetzt hatten, hinabstiegen, ist etwa zehn Ellen weit und zwanzig hoch. Der ganze Boden derselben, bis dicht an den Fuß der Leiter, ist mit Wasser bedeckt, welches ungefähr zwei Faden tief ist und damals an dem inneren Rande der Höhle gefroren. Wir machten einen Versuch, von diesem Wasser zu trinken, seine außerordentliche Kälte aber machte es uns unmöglich. Gleichwohl füllte unserer Führer eine Flasche mit demselben, die er in dieser Absicht von der Estanzia mitgenommen hatte. Nachdem wir etwa eine viertel oder halbe Meile auf den großen Steinen oder Felsen fortgegangen waren, kamen wir an den Fuß des eigentlichen Pico oder Zuckerhuts. Dieser ist steil und was die Schwierigkeit des Hinaufsteigen vermehrt, der Boden ist so locker, daß er unter den Fußen ausweicht und folglich außerordentlich ermüdend. Denn ungeachtet die Länge dieser Höhe nicht über eine halbe Meile beträgt, so waren wir doch genötigt, wohl dreißigmal still zu stehen und Atem zu holen. Endlich kamen wir auf den Gipfel, wo wir uns niederlegten und etwa eine Viertelstunde ausruhten, weil wir gänzlich entkräftet waren. Als wir die Estanzia verließen, brach eben die Sonne aus den Wolken hervor, welche sehr tief unter uns ausgebreitet lagen und dem Ozean ähnlich sahen. Über den Wolken, sehr weit gegen Norden, sahen wir etwas Schwarzes, welches wir für den Gipfel der Insel Madeira hielten. Wir fanden durch einen Taschenkompaß, daß es gerade in der Direktion dieser Insel von Teneriffa lag. Ehe wir aber noch den Gipfel des Pico erreichten, verschwand es. Von hier aus sahen wir die Gipfel der Inseln Palma, Gomera, Hierro und Groß-Kanaria, die uns sehr nahe zu sein schienen, aber Lancerota und Fuertaventura konnten wir nicht entdecken, weil sie nicht hoch genug sind, die Wolken zu durchdringen. Zum Unglück fanden wir die Luft nicht ganz klar von Wolken, sonst hätten wir vielleicht Porto Santo und selbst den nächsten Teil des Berges Atlas gesehen, welcher etwa hundert Leagues hier entfernt ist. Denn ungeachtet ich oben gesagt habe, daß man den Pico von dem Meere aus nicht weiter als auf 150 bis 160 Meilen von der Luft unterscheiden könne, so muß man doch bemerken, daß die Luft über den Wolken bei weitem viel dünner, reiner und freier von Dünsten ist, als unten. Ehe wir nach der Estanzia de los Inglesses kamen, sahen wir den Mond und die Sterne ungewöhnlich hell und glänzend und die Runde der Erde würde uns nicht verhindert haben, den Atlas zu sehen, weil sein Gipfel und der Pico, so weit sie auch von einander liegen, doch ihrer ungeheuren Höhe wegen, noch beträchtlich über den Horizont hervorragen müßten. Doch ich überlasse es andern, zu entscheiden, ob das Gesicht sich so weit erstrecke oder nicht.
Nachdem wir uns eine Zeit lang ausgeruht hatten, fingen wir an, uns umzusehen und den Gipfel des Pico zu betrachten. Seine Dimensionen schienen genau mit der Beschreibung eines gewissen Herrn Eden übereinzustimmen, dessen Beschreibung seiner Reise auf den Pico man in einigen unsrer Nachrichten von den Kanarischen Inseln findet. Er sagt, die Länge desselben sei 140, die Breite 110 Ellen. Er ist ausgehöhlt und inwendig wie eine umgekehrte Glocke gestaltet. Von dem Rande, der dem oberen Teil dieser Glocke oder Kessels, wie die Eingeborenen es nennen, bis auf den Boden, sind etwa 40 Ellen. An vielen Stellen dieser Höhlung sahen wir stoßweise Rauch und Schwefeldampf herausfahren. Die Hitze des Bodens war an einigen Orten so stark, daß sie durch die Sohlen unserer Schuhe bis auf unsere Füße drang. Da wir einige Flecken weicher Erde bemerkten, so versuchten wir die Hitze mit unseren Fingern, konnten sie aber nicht weiter als einen halben Zoll tief hineinstecken, denn je tiefer wir kamen, desto stärker brannte sie. Wir nahmen darauf den Stock unseres Wegweisers und stießen ihn drei Zoll tief in ein Loch, wo der Rauch am dicksten zu sein schien. Nachdem wir ihn etwa eine Minute hineingehalten hatten, zogen wir ihn heraus und fanden ihn zu Kohle verbrannt. Wir sammelten hier viele Stücke des seltensten und schönsten Bimssteins, von allerlei Farben, vornehmlich himmelblau, violett, grün, gelb und scharlachrot. Was aber vornehmlich die Aufmerksamkeit meines Gefährten an sich zog, war das außerordentliche und ungewöhnliche Ansehen der Wolken, die wir sehr tief unter uns erblickten. Sie fielen nicht anders ins Auge, als der Ozean, nur war ihre Oberfläche nicht ganz so blau und eben, sondern sah einer sehr weißen Wolle ähnlich und wo dieser Wolkenozean die Küste berührte, schien er gleich Wellen, die sich am Ufer brechen, zu schäumen. Als wir durch die Wolken hinaufstiegen, war es finster, als wir aber, zwischen zehn und elf, weiter hinaufkamen, schien der Mond sehr helle und die Wolken waren nun etwa eine Meile weit unter uns. Wir hielten sie für das Meer und wunderten uns, es so nahe zu sehen, wurden auch nicht eher unseres Irrtum gewahr, als bis die Sonne aufging. Als wir von dem Pico herabstiegen und wieder in die Wolken kamen, schienen sie uns wie ein dicker Nebel, alle Bäume der obgedachten Wälder und unsere Kleider, wurden naß davon.
Die Luft auf dem Gipfel des Pico war dünn, durchdringend und trocken, gleich den Südostwinden, die ich in der großen Wüste von Afrika gefühlt habe oder den Levantewinden im Mittelländischen Meer. Auch die trocknen Ostwinde, die in den nördlichen Teilen von Europa im März oder April oft bei klarem Wetter wehen, haben etwas ähnliches.
Indem wir den höchsten Teil des Berges, den sogenannten Zuckerhut, welcher sehr steil ist, aufstiegen, klopfte uns das Herz ganz außerordentlich, so daß wir, wie ich schon oben bemerkte, übermal still stehen und Atem schöpfen mußten. Ob dies aber der außerordentlichen Dünnigkeit der Luft, die das Atemholen erschwert oder der ungewöhnlichen Ermüdung vom Steigen, zuzuschreiben sei, kann ich nicht bestimmen, glaube aber, daß es von beiden herrührte. Unser Führer, ein hagerer, behender alter Mann wußte von nichts, sondern kletterte so leicht wie eine Ziege, denn er war einer von den armen Leuten, die sich mit Einsammeln des Bimssteins in dem Kessel und andern Vulkanen ernähren. Der Pico selbst, wiewohl er seit einiger Zeit nicht gebrannt hat, ist nichts anderes als ein solcher Vulkan, wie aus der Natur seiner Substanz deutlich erhellt und in der Tat trägt der ganze Gipfel der Insel sichere Spuren von irgend einer schrecklichen Revolution, die sich auf Teneriffa zugetragen. Denn der Zuckerhut ist nichts anders als ein Gemisch von Erde, Asche und calcinierten Steinen, die aus den Eingeweiden der Erde ausgeworfen worden und die großen Steine, die ich vorher beschrieben, scheinen aus dem Kessel des Pico, da er ein Vulkan war, ausgeworfen zu sein. Der Gipfel des Pico ist von allen Seiten, außer von Osten her, wo wir heraufstiegen, unzugänglich. Seine steilste Seite ist gegen Nordwest. Wir stießen einige große Steine von dieser Seite herunter, die so weit fortrollten, daß wir sie endlich aus dem Gesicht verloren.
Nachdem wir alles Merkwürdige besehen hatten, kehrten wir nach der Estanzia, wo wir unsre Pferde gelassen hatten, zurück. Wir brachten auf dem ganzen Wege dahin nur eine halbe Stunde zu, ungeachtet wir zum Hinaufsteigen drittehalb Stunden gebraucht hatten. Es war jetzt um zehn Uhr morgens und die Sonne schien so unerträglich heiß, daß wir uns genötigt sahen, in der Hütte Schutz zu suchen. Da wir sehr ermüdet waren, so legten wir uns hier nieder um zu schlafen, konnten aber nicht wegen der Kälte, die im Schatten so heftig war, daß wir, um uns warm zu erhalten, Feuer anlegen mußten.
Nachdem wir uns etwas ausgeruht hatten, ritten wir um Mittag denselben Weg wieder hinab, den wir heraufgekommen waren und kamen an einige Fichten, etwa zwei Meilen über den Wolken. Zwischen diesen Fichten und dem Pico, wächst weder Gras, noch Kräuter, Stauden oder Bäume, das obgedachte Retama ausgenommen. Um fünf Uhr Abends kamen wir zu Orotava an, nachdem wir, ohne uns aufzuhalten geritten und nur zuweilen, wo der Weg zu steil war, zu Fuß gegangen waren. Den ganzen Weg von der Estanzia bis Orotava, den wir in fünf Stunden ritten, rechneten wir auf fünfzehn englische Meilen, denn wir legten ihrer drei in einer Stunde zurück. Zieht man nun für Krümmungen und Umwege fünf Meilen ab, so wird die Entfernung von der See bis zu der Estanzia, in gerader Linie, etwa zehn Meilen betragen. Wenn man hiermit die immer aufsteigende Erhebung des Weges genau vergleicht, so wird die senkrechte Höhe der Estanzia etwa vier englische Meilen ausmachen und tut man dann noch eine Meile senkrechter Höhe von da bis zum Gipfel des Pico hinzu, so beträgt die ganze Höhe etwa fünf englische Meilen. Ich bin fest überzeugt, daß ich mich in dieser Rechnung nicht über eine Meile irren kann. Kein Ort in der Welt schickt sich wohl besser zu einem Observatorium, als die Estanzia. Stünde hier ein bequemes, warmes Haus, zur Gemächlichkeit der Astronomen, so lange die gemäßigte Witterung anhält, nämlich den ganzen Julius, August und September hindurch, so könnten sie über die Winde und Witterung der Region über den Wolken, ihre Natur und Eigenschaften usw. die besten Beobachtungen anstellen. Wenn aber jemand den Pico besuchen will, so gebe ich ihm den Rat, ein schönes helles Wetter abzuwarten, ein gutes Zelt mitzunehmen und sich mit Wasser und Lebensmitteln gut zu versehen, damit er vier bis fünf Tage in der Estanzia bleiben, während dieser Zeit einigemal den Gipfel des Pico besteigen und seine Beobachtungen mit Muße und Bequemlichkeit anstellen könne.