Читать книгу Geschmackssache oder Warum wir kochen - Günther Henzel - Страница 8
Оглавление2 Lernfähigkeit befördert die Rohstoffbearbeitung
Auch wenn unsere nächsten Verwandten (Schimpansen, Gorillas, Orang-Utans) keine Kochtechniken entwickelt haben, so wenden sie dennoch, wie bereits betont, einfache (kognitiv weniger anspruchsvolle) Techniken zur Bearbeitung von Rohstoffen an. Es sind »Einschritt-Arbeitstechniken«, mit denen sie direkt (oft durch Wiederholung der gleichen Handlung) ein Ergebnis erreichen. Diese Techniken werden nur für den Rohstoff angewendet, für den sie ersonnen wurden – nur selten auch für die Bearbeitung anderer Objekte (EIBL-EIBESFELD 1996).61
Aus Beobachtungen in freier Wildbahn konnte J. GOODALL (1999), (KÜHL 2016), vielfach dokumentieren, dass es vor allem bei Schimpansen unterschiedliche Formen des Werkzeuggebrauchs gibt. So kennen sie mehrere Varianten des Honig-Sammelns mittels verschiedener Zweigstrukturen, des Termiten-Angelns mit speziell für den betreffenden Hügel gefertigten Stöckchen,62 die Wasseraufnahme mit Hilfe von Blättern sowie die Verwendung von welken Blättern beim Zerkauen von Fleisch (weil sich die Muskelfasern dann mit den Zähnen offenbar besser zerkleinern lassen – sie haben dann mehr 'grip', sind weniger »glitschig«). Westafrikanische Schimpansen sollen nach neuerer Forschung bereits seit Tausenden von Jahren mit Steinwerkzeugen Nüsse knacken und im Senegal benutzen Schimpansen gewohnheitsmäßig Speere, um Beutetiere zu jagen (BOESCH 2007), (EIBL-EIBESFELD 1996). Im Primatenzentrum der Universität von Madrid zerrieb ein zahnloser Schimpanse Früchte und Gemüse an Wandflächen, um dann das Fruchtfleisch abzulecken (das wohl auch durch die Reaktion mit Luftsauerstoff besser schmeckte) (WELT 2000). Berühmt sind die Beobachtungen der Japanmakaken auf der Insel Kōjima, die Süßkartoffeln vor dem Verzehr in Wasser waschen (um den Sand zu entfernen) und sogar das Eintauchen in Salzwasser praktizieren, um auf diese Weise einen zusätzlichen Geschmackseffekt zu erreichen (s. CARPENTER 1967, wiss. Film).
Diese wenigen ausgewählten und z. T. in Filmsequenzen dokumentierten Beispiele zeigen, dass Primaten Nahrungseigenschaften erkennen und behalten und die dafür notwendigen Veränderungen gezielt herbeiführen, sofern sie das mit einer (redundanten) Handlung erreichen können. Zu aufeinanderfolgenden, sich bedingenden Arbeitsschritten sind sie kaum fähig. Hierzu bedarf es der oben angesprochenen Denkleistung, in der die Handlungsabläufe auch in ihrer zeitlichen Abfolge vorab geplant werden. Damit tritt die kognitive Ebene in den Blick, ohne die es unsere Zubereitungstechniken nicht gäbe.
2.1 Verstandesleistungen und Gartechniken
Der Mensch verfügt über ein multisensorisches Gehirn, hat ein Gedächtnis und ist lernfähig. Bis auf instinkt- oder reflexhafte Reaktionen63 steuert und kontrolliert dieses Gehirn (vor allem der Neocortex) alle Aktionen, löst Probleme und Herausforderungen, die zu seiner Existenzsicherung notwendig sind. Auch aus lehr-/lerntheoretischer Sicht, mit der wir uns im Kapitel IV näher befassen, stellt sich die Frage, ob eine absichtsvolle Tätigkeit, Rohstoffe u. a. aromatisch zu verändern, kognitiv auf der Ebene des »Problemlösens« liegt oder ob das handwerklich erzeugte Produkt letztlich das Ergebnis einer sensorischen Präferenz ist, die der vegetativen Kontrolle des Mögens oder Meidens unterliegt.
Zunächst ist Geschmack keine Verstandesleistung, sondern u. a. von der molekularen Zusammensetzung der Nahrung abhängig. Auf Empfindungen der Zunge hat der Verstand keinen Einfluss. Ihre Geschmacksrezeptoren sind zwar von Individuum zu Individuum unter-schiedlich dicht gepackt (so werden »Nichtschmecker«, »Normal- und Superschmecker« unterschieden) (HAUER 2005), funktionieren aber ohne geistiges Zutun. Ihre Reizantwort ist unabhängig davon, ob der Molekülmix natürlichen Ursprungs oder per Hand hergestellt ist. Entscheidend für das sensorische Empfinden ist die Konzentration schmeckbarer Anteile. Je mehr »gemochte« und je weniger »störende« Anteile vorkommen, desto attraktiver ist der Bissen. Genau hierauf nimmt die Bearbeitung, das manuelle Verfahren, Einfluss.
Rohstoffe werden u. a. mit dem Ziel bearbeitet und kombiniert, das Aroma zu verbessern. Hierbei steuert der Verstand die manuellen Aktionen. Damit sind die verbesserten sensorischen Werte das Ergebnis eines gewollten Handelns. Aber auch dabei ist unklar, ob das Zusammenstellen und Bearbeiten von Rohstoffen eine intellektuelle Leistung im Sinne des oben genannten »Problemlösens« ist (das u. a. Gedächtnisbildung, assoziatives Lernen und Einsichten zur Voraussetzung hat; ROTH 2011). Tatsächlich ist der verbesserte Geschmack nicht nur die Summe aller Molekülanteile, ein abzählbarer physikalischer Wert, der die Zungenoberfläche reizt und Empfindungen zwischen gut und schlecht erzeugt, sondern Ausdruck des »Körperwillens«, der sich in technischen Fertigkeiten und im guten oder schlechten Geschmack zu 'erkennen' gibt.
Der Verstand begleitet und kontrolliert die Wirkung der Zubereitungsaktivitäten und beurteilt das »Vorher« und »Nachher« mit den Messinstrumenten, die ihm der Organismus dafür zur Verfügung stellt: seinem Sensorium. Ein schmackhaftes Kochprodukt ist daher weniger eine kognitive Leistung des »Problemlösens«, sondern das Ergebnis des Einsichtslernens, dass sensorische Eigenschaften mittels Verfahrensabläufen und Mischungen bestimmter Rohstoffe herstellbar sind.
2.2 Sensorische Qualitäten und Lernfähigkeit
Für das Erkennen von sensorischen Qualitäten im Zusammenhang mit der Bearbeitung und Beurteilung von Verfahrensschritten sind geistige Fähigkeiten des Dazulernens notwendig. In »Wie einzigartig ist der Mensch« beschreibt ROTH 2011 die verschiedenen Ebenen kognitiver Fähigkeiten, die sich im Laufe der Evolution im Tierreich entwickelt haben (s. Hintergr.-Info. unten).
Hintergrundinformationen
Zu den elementaren erfahrungsbedingten Anpassungsfähigkeiten gehören die Habituation und Sensitivierung. Ersteres ist das Nachlassen einer bestimmten Verhaltensweise oder körperlichen Antwort auf einen auffälligen Reiz, wenn dieser keinerlei Folgen (gute oder schlechte) für das Individuum hat. Anders die Sensitivierung. Der Organismus reagiert auf einen zunächst eher unauffälligen Reiz mit einer Steigerung einer physiologischen Reaktion und eines Verhaltens – sowohl auf negative als auch positive Impulse (ROTH 2011).64 Diese Verhaltensänderungen gehen nur auf einen bestimmten Reiz zurück und werden als nicht-assoziatives Lernen bezeichnet. Die verstärkte physiologische Reaktion auf den als besser erkannten Geschmack ist eine Folge der Sensitivierung (z. B. vermehrte Mund- und Bauchspeichelsekretionen). Die Bereitschaft, mit aufwändigen Bearbeitungs- und Verfahrenstechniken diese sensorische Qualität herzustellen, hat hier ihren Grund. Der »Lustgewinn« beim Essen ist ausschließlich eine »Bewertung« durch das Nervensystem. Diese Vorgänge laufen im Organismus (meist) automatisch ab und stellen sich ohne Verstandesleistung von alleine ein (ROTH 2011).65
Guter, respektive schlechter Geschmack sind nicht nur das Produkt sensorischer Informationen der Nase und Zunge, sondern auch an (individuell variable) Hormonspiegel gekoppelt. Die reizauslösenden Merkmale einer Zubereitung bewirken im Organismus die gleichen Effekte wie eine klassische Konditionierung.66 Attraktive Aromen erhöhen u. a. Endorphinausschüttungen, wodurch nicht nur das Wohlbefinden, sondern auch der »Memory-Effekt« (als Folge spezifischer Genaktivierungen) erhöht wird. Dieses »Körperwissen« steuert jene Aktivitäten, die wir »Zubereitung« nennen.67 Es sind also die Sinneseindrücke und daran gekoppelte hormonelle Effekte, die »handwerkliche Aktivitäten« in die vom Organismus präferierte Richtung steuern und befeuern. Aus Sicht der Motivationsforschung ist das schmackhaftere Essen die Belohnung für den Aufwand.68 Einfache Gartechniken (z. B. Rohstoffe in der Glut oder auf heißen Steinen zu denaturieren) erforderten keinen »analytischen« Verstand und waren vermutlich auch deshalb Praxis der ersten Homo-Generationen (Homo habilis, Homo erectus). Erst mit der Erlangung der o. g. kognitiv »höheren« Ebene des »Lernens durch Einsicht« (das ein bereits erkanntes Prinzip unter ähnlichen Bedingungen – in einem vergleichbaren Kontext – anwendet) (ROTH 2011), konnten auch komplexere Gartechniken entwickelt werden – ähnlich der Fähigkeit, Jagdwaffen mit dünneren Speeren und feineren Pfeilspitzen (s. Hintergr.-Info. unten) zu entwickeln.
Hintergrundinformationen
Die Verbesserung von Werkzeugen und die Entwicklung effizienterer Jagdwaffen verlaufen historisch vermutlich parallel (eher vorlaufend) zur Optimierung von Zubereitungstechniken. Allerdings sind das nicht vergleichbare Leistungsebenen, zu dem das größer werdende Gehirn von H. erectus fähig war. Die Fähigkeit, immer ausgefeiltere Werkzeuge und Waffen herzustellen, basiert auf einem wesentlich komplexeren Erfahrungshintergrund und intellektuellen Anforderungen. An der Feuerstelle müssen weder die Existenz betreffende »Herausforderungen« gelöst werden, noch geht es beim Kochen um eine unmittelbare Gefahrenabwehr – gar um Leben und Tod – wie es bei der Jagd der Fall sein kann. Würde die Entwicklung von Gartechniken von der intellektuellen Ebene des Problemlösens, dem gedanklichen Verfolgen und Einschätzen geplanter Handlungen abhängen, dann hätten sie auch von den Schimpansen erfunden werden können – auch sie verfügen über diese kognitiven Fähigkeiten (ROTH 2011).
2.3 Zur »Abkehr« vom natürlichen Nahrungsvorrat
Wie bereits erwähnt, stützen mehrere archäologischer Befunde die Annahme, dass Homo erectus (möglicherweise auch schon Homo habilis)69 Fleisch geröstet hat.70,71 Dieses Tun ist im Grunde erstaunlich, denn die bisher unbeantwortete Frage, weshalb unsere frühen Vorfahren geröstete, denaturierte Nahrung präferiert haben sollten – wenn all ihre Verdauungssysteme seit Jahrmillionen an rohe Nahrung optimal angepasst waren – bleibt. Merkwürdigerweise scheinen die Gründe und Auslöser dieses Ernährungswandels kein wissenschaftliches Interesse zu wecken.
Jedes Lebewesen, ob Amöbe, Blattschneiderameise, Biene, Bartenwal oder Adler, frisst nur die Nahrung, an die es jeweils angepasst ist und die sein Überleben sichert. Primaten suchen, erkennen und wählen ihre Nahrung anhand sensorischer Merkmale (u. a. mittels Augen, Nase, Zunge und Kauwiderstand). Zusätzlich wird ihre Nahrung von den Organsystemen 'überwacht', die an der Verdauung beteiligt sind (Darm-, Leberrezeptoren u. a. m.). Diese liefern während und nach der Mahlzeit ihre »Messwerte« an das Gehirn, sodass Abweichungen von der »erwarteten« Qualität rasch erkannt werden. Damit hat die Evolution ein mehrfach ineinandergreifendes Kontrollsystem für die Nahrungswahl geschaffen (ein 'äußeres' und 'inneres'), das uns u. a. vor Giften und Mangelernährung schützt.
Wie erklärt sich, dass ein derart abgesichertes Schutzsystem vorbehaltlos denaturierte und geröstete Rohstoffe nicht nur akzeptiert, sondern sogar präferiert? Lebewesen, die ihre Nahrung vor allem nach »Geschmackswerten« beurteilen (sicher auch die Hominini), sind wählerisch. Bei einem Mangel an bevorzugter Nahrung suchen sie sich neue Futterplätze. Finden sie dort dauerhaft nicht ihre Leckerbissen, stellt sich ihr Verdauungssystem auf diese weniger attraktive Kost ein (u. a. durch eine Veränderung der Darmbiota). Reicht diese Anpassung aber nicht, die Existenz zu sichern, bleiben ein weiterer Ortswechsel – oder aber die technische Option: die Rohstoffe selbst zu verändern und sie an die Verdauungsleistung des Organismus anzupassen. Genau das haben die Vorfahren des Menschen gemacht. Allerdings nicht, um einen »Nahrungsmangel« zu überbrücken, sondern aufgrund ihrer sensorischen Fähigkeit, leichter Verdauliches und Wertvolleres zu erkennen.
Die Bearbeitung der Rohstoffe mittels Feuer stellte eine Erweiterung und Modifizierung des Nahrungsvorrats dar – und zwar eine höchst effiziente.72 Sie wurde möglich, weil sich Rohstoffe molekular verändern lassen und der menschliche Organismus von gegarten Strukturen vielfältigen Nutzen hat.73 Eine vollständige »Abkehr« von der Rohkost hat es dennoch nicht gegeben. Auch wir essen bekanntlich viele Feldfrüchte und auch tierische Produkte »roh« (z. B. Obst, Möhren, Leber, Mett, Tatar). Auf die biologischen Hintergründe und Zusammenhänge der Zubereitungsvarianzen von roher und thermisch gegarter Nahrung werden wir in Abschn. 15, S. 219 ff. genauer eingehen.
Mit der Erfindung von Gartechniken hatten sich unsere Vorfahren ein noch größeres Nahrungsspektrum geschaffen, als es ihnen die Natur selbst bot. Gegenüber Nahrungsspezialisten, die sich nur von bestimmten Rohstoffen ernähren (und davon abhängig sind), haben Omnivore mit ihren pflanzlichen und tierischen Nahrungsanteilen stets bessere Überlebenschancen. Hinzu kommt, dass der Organismus von Allesfressern auf variierende Nahrungsangebote gut vorbereitet ist. Er kann bei temporären Nahrungsengpässen oder einseitigen Nahrungsquellen auf im Organismus vorhandene Nährstoffdepots zurückgreifen – besonders jener Nährstoffe, die es oftmals – auch jahreszeitlich bedingt– nicht in ausreichender Menge gab.74 Auch deshalb präferieren Allesfresser Nahrungsvielfalt, probieren sie hin und wieder Unbekanntes. Übertragen auf den im Hier und Jetzt lebenden Menschen erklärt das die unvergleichlich höhere Attraktivität eines kalt-warmen Büfetts gegenüber dem Angebot, ausschließlich aus Reis- oder Kartoffelspeisen zu wählen.
Auch Homo erectus war – wie für Allesfresser üblich – stets auf der Suche nach Lecker-bissen.75 Die mit diesen gekoppelten Empfindungen führen u. a. zur Ausschüttung von Endorphinen, dem biologischen »Verstärker«, vorteilhafte Nahrung zu erinnern. Vermutlich ist das der sensorische 'Urstimulus' oder Impuls, weniger attraktive Rohstoffe aromatisch verbessern zu wollen.
61 Eine »Mehrfach-Anwendung« wurde bei brasilianischen Kapuzineraffen beobachtet, die Steine unterschiedlicher Größe sowohl zum Freilegen von Wurzeln im Erdreich, zum Zerteilen dieser Wurzeln und zum Knacken von Nüssen verwendeten; a. a. O.
62 Die nach dem Gebrauch weggeworfen werden, also jedes Mal neu gefertigt werden müssen; der Mensch würde das nicht tun (ROTH 2011; S. 298 ff.)
63 Sie unterliegen vegetativen neuronalen Schaltkreisen, die auf Schlüsselreize mit einem angeborenen Auslösemechanismus (AAM) reagieren. Diese evolutionär erprobten Reaktionsweisen werden von den ältesten Gehirnregionen (verlängertes Rückenmark, Kleinhirn u. a. m.) gesteuert (ROTH 2011)
64 A. a. O., S. 2
65 A. a. O., S. 2
66 Erste empirische Experimente zum Nachweis der klassischen Konditionierung am Experiment mit Hunden gehen auf den russischen Forscher I. P. Pawlow zurück (SAPOLSKY 2017); a. a. O., S. 53
67 Die Entwicklung komplexerer Gartechniken, zu denen u.a. Abwarten, dosiertes Ergänzen verschiedener Rohstoffe gehören, liegt auf der Ebene der operanten oder instrumentellen Tätigkeit. Ein Verhalten, das eine bereits vorhandene Reaktion durch neue Reize abwandelt und zur Erreichung des Erwünschten modifiziert. Bevor diese kognitive Ebene erreicht worden war, und Eingang in die Zubereitung gefunden hatte, vergingen vermutlich tausende Jahrhunderte
68 Der »Belohnungsmechanismus« ist die Hauptantriebsfeder für Handlungen; die zu erwartende Belohnung dient als Reizverstärker für vielfältige Verhaltensweisen (ROTH 2011), S. 302 f.
69 Archäologische Hinweise zur Feuernutzung der Australopithecinen (vor 4 - 1,5 Millionen Jahren) und von Homo habilis (vor 2,5 - 2 Millionen Jahren) sind bis heute umstritten (GOUDSBLOM 2016)
70 Vermutlich hatte schon Homo habilis, wie neuere archäologische Ausgrabungsfunde annehmen lassen, seine Nahrung gegart (WEBER 2011)
71 Unabhängig von der archäologisch genauen Datierung, wann Homo erectus Feuer auch zum Garen verwendet hat, ist belegt, dass Frühmenschen schon vor rund einer Million Jahren Feuer nutzten (WEBER 2012)
72 Tatsächlich handelt es sich um ein komplexes System, zu dem zwei »Seiten« gehören: a) die Nahrung selbst = körperfremde Substanzen der Außenwelt und b) der menschliche Organismus, der diese Biomoleküle zur Existenzsicherung benötigt. Eine Veränderung natürlich gegebener Nahrung ist nur dann sinnvoll, wenn dadurch Vorteile für den Organismus entstehen, sich u. a. die (qualitative und quantitative) Verfügbarkeit der Inhaltstoffe verbessert
73 Eine andere Begründung kann es nicht geben, da sich sonst Garverfahren niemals hätten durchsetzen können
74 Bildlich ausgedrückt ist der Mensch ein auf zwei Beinen wandelndes »Nährstoffdepot«. Eine evolutionäre Anpassung auf Mangelphasen, denen Frühmenschen (besonders aufgrund jahreszeitlicher Bedingungen) wiederholt ausgesetzt waren (REA, P. A. et al. 2015); (BEHRINGER 2010). Wasser und Glukose speichert der Organismus nur minimal. Ohne Wasser kann er sich und seine Kinder nicht durchbringen – Glucose kann er jedoch aus Proteinen und Glycerin der Jagdbeute metabolisch erzeugen (Aspekt der physiologischen Ketose). In den meisten Erdregionen kommen Wasser und Stärke (Glucose) genügend vor – ihr Auffinden wird »vorausgesetzt« – und deshalb müssen diese Komponenten auch nicht gespeichert werden
75 Im Gegensatz zu Versuchstieren sind Menschen keineswegs bereit, sich tagelang das gleiche, 'nährstoffkontrollierte' Essen verabreichen zu lassen, insbesondere, wenn dieses nicht bedarfsdeckend ist. Sie entwickeln Widerwillen