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VERSE

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Wenn je die Gottheit, tief und unerkenntlich

in einem Wesen auferstand und sprach,

so sind es Verse, da unendlich

in ihnen sich die Qual der Herzen brach;

die Herzen treiben längst im Strom der Weite,

die Strophe aber streift von Mund zu Mund,

sie übersteht die Völkerstreite

und überdauert Macht und Mörderbund.

Auch Lieder, die ein kleiner Stamm gesungen,

Indianer, Yakis mit Aztekenwort,

längst von der Gier des weißen Manns bezwungen,

leben als stille Ackerstrophen fort:

»komm, Kindlein, komm im Schmuck der Siebenähren,

komm, Kindlein, komm in Kett’ und Yadestein,

der Maisgott stellt ins Feld, uns zu ernähren,

den Rasselstab und du sollst Opfer sein –.«

Das große Murmeln dem, der seine Fahrten

versenkt und angejocht dem Geiste lieh,

Einhauche, Aushauch, Weghauch – Atemarten

indischer Büßungen und Fakirie –,

das große Selbst, der Alltraum, einem jeden

ins Herz gegeben, der sich schweigend weiht,

hält sich in Psalmen und in Veden

und spottet alles Tuns und trotzt der Zeit.

Zwei Welten stehn in Spiel und Widerstreben,

allein der Mensch ist nieder, wenn er schwankt,

er kann vom Augenblick nicht leben,

obwohl er sich dem Augenblicke dankt;

die Macht vergeht im Abschaum ihrer Tücken,

indes ein Vers der Völker Träume baut,

die sie der Niedrigkeit entrücken,

Unsterblichkeit im Worte und im Laut.

Statische Gedichte

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