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VIII. Die Schwertleite.

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So griffen Rual und Tristan

Ihre Sache weislich an

Und brachten sie auch so zu Stand.

Sie erwarben Harnisch und Gewand

Binnen dreißig Mondestagen,

Das dreißig Ritter sollten tragen,

Die der höfsche Tristan

Zu Gesellen sich gewann.

Wer mich nun fragt nach ihrem Kleid

Und seiner Pracht und Zierlichkeit

Und wies zu Stande ward gebracht,

So bin ich kurz hierin bedacht.

Die Märe, sag ich, meldet das;

Sagt' ich anders ihm etwas,

So widersprech er mir nur laut

Und sage was uns mehr erbaut.

Zugeschnitten war ihr Kleid

Aus viererlei Vortrefflichkeit,

Und jedes dieser viere that

Das Beste zu dem Ritterstaat.

Das eine das war hoher Muth,

Das andre das war volles Gut,

Das dritte war Verständigkeit,

Die jene zwei zerschnitt zum Kleid:

Das vierte höfscher Sinn und Muth,

Der nähte allen dreien gut.

So trug ein Jedes dieser vier

In eigner Weise bei zur Zier:

Der hohe Muth begehrte,

Das volle Gut gewährte,

Zurechte schnitts Verständigkeit,

Höfscher Sinn vollbrachte dann ihr Kleid

Und alle andere Zier,

Couvertüre wie Banier

Und was noch bei dem Schwertgeleit

Jungen Rittern ist bereit.

Was das Ross und was den Mann

Als ritterlich erweisen kann,

Das Zeug war reich und wonniglich,

So reich, daß auch kein König sich

Der Zierde dürfte schämen,

Das Schwert darin zu nehmen.

Nun die Gesellen sind bereit

Mit angemeßnem Schmuck und Kleid,

Wie stell ich nun mein Sprechen an,

Daß ich den werthen Tristan,

Meinen Helden, so bereite

Zu seiner Schwertleite,

Daß man es gerne vernähme

Und der Märe wohl zu Statten käme?

Ich weiß nicht wie ichs also sage,

Daß es gefalle und behage

Und dieser Märe lieblich steh,

Denn zu meiner Zeit und eh

Ward so mit Kunst schon und Bedacht

Von Zier gemeldet und Pracht

Und reichem, köstlichem Gewand,

Hätt ich zwölffach den Verstand,

Den ich nur einfach habe,

Zwölffache Dichtergabe,

Und wär mir so gelungen,

Daß ich zwölf Zungen

Im Munde trüg, und reden

Könnte mit einer jeden

Wie ich mit der einen kann,

Doch wüst ichs nicht zu fangen an,

Daß ich von Gepränge

So Gutes sagt' und sänge,

Daß nicht schon Beßres ward gesagt.

Ja was an Ritterzier behagt

Ist so mannigfach beschrieben

Und ist mit Reden so zertrieben,

Daß ich davon nicht reden kann,

Daß sich ein Herz erfreue dran.

Herr Hartmann der Auwäre,

Ahi, wie der die Märe

So außen als auch innen

Mit Worten und mit Sinnen

Durchfärbet und durchschmücket!

Wie seine Rede zücket

Auf der Aventüre Sinn!

Wie hell und klar von Anbeginn

Sind seine Wörtlein von Krystall

Und bleiben es auch immer all!

Mit Sitten treten sie heran

Und schmiegen nahe sich uns an

Und gelieben sich dem reinen Muth.

Die gute Rede für gut

Nehmen und verstehen können,

Die müßen Dem von Aue gönnen

Den Kranz und seinen Lorberzweig.

Wer aber einem Hasen gleich

Auf der Worthaide

Hohe Sprüng und ferne Waide

Mit Würfelworten sucht und jagt

Und ohne daß er Andre fragt

Das Lorberkränzlein sich verficht,

Der versäume unsre Stimmen nicht;

Wir sind immer bei der Wahl gewesen.

Wir, die die Blumen helfen lesen,

Womit durchflochten und geschmückt

Das Lorberreis wird aufgedrückt,

Wir fragen nach des Manns Begehr;

Will er das Reis, so tret er her

Und bring uns seiner Blumen Zier:

An den Blumen dann erkennen wir,

Ob sie den Kranz so lieblich schmücken,

Daß sich der Auer vor ihm bücken

Und ihm das Reis soll zugestehn.

Doch weil noch Keiner ward gesehn,

Dem es so wohl steht zu Gesicht,

Helf Gott, so nehmen wirs ihm nicht;

Und soll das Kränzlein Keiner haschen,

Seine Worte sei'n denn wohl gewaschen

Und eben seine Red und schlicht,

Daß man den Hals nicht drüber bricht,

Wenn man aufrecht kommt gegangen,

Nicht will mit Hahnenschritten prangen.

Doch Die in Mären wildern,

Uns wilde Märe schildern,

Die mit den Ketten klirren

Und stumpfen Sinn verwirren,

Die Gold aus schlechten Sachen

Den Kindern wollen machen,

Die ihre Büchse rütteln,

Statt Perlen Staub entschütteln,

Die möchten schatten mit der Stange,

Nicht mit dem grünen Laubbehange,

Mit Zweigen noch mit Ästen.

Ihr Schatte thut den Gästen

Gar selten an den Augen wohl,

Wenn ich die Wahrheit sagen soll;

Er füllt uns nicht mit Muth die Brust,

Er gießt ins Herz uns keine Lust;

Ihre Rede hat die Farbe nicht,

Die froh zu edeln Herzen spricht.

So wilder Märe Jäger

Müßen Ausleger

Mit ihren Mären laßen gehn:

Wir können so sie nicht verstehn

Wie man sie lesen hört und liest

Den Klugen auch die Zeit verdrießt,

Daß er im schwarzen Buche

Nach der Glosse suche.

Noch sind der Farbenmeister mehr:

Von Steinach Herr Blickher

Freut mit Worten, wonnesamen,

Als stickten Fraun sie, die am Rahmen

In Gold und Seide wirken;

Man sollte sie durchzirken

Mit griechischen Borten.

Er hat die Fülle von Worten;

Seinen Sinn, den reinen,

Ich mein, ihn haben Feinen

Wunderbar gesponnen

Und haben ihn im Bronnen

Geläutert und gereinet:

Er ist fürwahr gefeinet.

Seine Zunge mit den Harfensaiten,

Die hat zwei volle Seligkeiten:

Das ist der Sinn, das ist das Wort;

Die harfen mit einander fort

Ihre Mär in seltnem Preise.

Derselbe Wortweise,

Nehmet wahr wie der dabei

An dem Vorhang Wunder mancherlei

Mit der Kunst der Red entwirft

Und die Meßer in die Lüfte wirft

Mit behendiglichen Reimen!

Wie kann er Reime leimen,

Als ob sie so gewachsen sein!

Es ist auch noch der Glaube mein,

Er müße Buch und Buchstaben

Für Federn angebunden haben,

Denn seine Worte, nehmt nur wahr,.

Fliegen, schweben wie der Aar.

Wen soll ich ferner auserlesen?

Noch viele sind, und sind gewesen,

An Sinn und Rede wonniglich.

Von Veldeck Herr Heinrich,

Der sprach aus vollem Sinne!

Wie wohl er sang von Minne!

Wie schön ist seines Sinnes Hülle,

Als hätt er seiner Weisheit Fülle

Aus dem Quell des Pegasus genommen,

Von dem die Weisheit all ist kommen.

Ich hab ihn selber nicht gesehn,

Die Besten aber gestehn,

Die da in seinen Jahren

Und seither noch Meister waren,

Die geben all ihm Einen Preis:

Er impfte das erste Reis

In unsrer deutschen Zungen:

Davon sind Äst entsprungen,

Von welchen Blüthen kamen,

Denen sie die Zier entnahmen

Zu jedem meisterlichen Funde.

Seitdem nun ward diese Kunde

So weithin verbreitet,

So mannigfach geleitet,

Daß Alle, die nun sprechen,

Sich da die Fülle brechen

Von Blüthen und von Reisen,

An Worten und an Weisen.

Der Nachtigallen ist noch viel,

Davon ich hier nicht sprechen will:

Sie gehören nicht zu diesem Reigen.

Drum will ich Andres gern verschweigen

Als was ich immer muß gestehn,

Daß sie Alle recht ihr Amt versehn

Und singen wohl zu Preise

Ihre süße Sommerweise.

Ihr Sang ist lauter und ist gut:

Er gibt der Welt viel hohen Muth

Und thut so recht von Herzen wohl.

Die Welt wär Überdrußes voll,

Die Weile würd uns Allen lang

Ohne den lieben Vogelsang.

Der mahnt und mahnte stäts den Mann,

Der je zur Freude Muth gewann,

Viel Lieb- und Gutes zu beginnen;

Läßt ihn zu Manchem Muth gewinnen,

Das sanft den edeln Herzen thut;

Er weckt ihm freundlichen Muth.

Es erneut den jugendlichen Drang,

Wenn der süße Vogelsang

Der Welt von ihren Freuden spricht.

Nun vergeßt der Nachtigallen nicht:

Die sind ihr Amt zu thun bereit

Und können all ihr sehnlich Leid

So wohl besingen und besagen.

Welche soll das Banner tragen?

Seit die Hagenauerin,

Der ganzen Schar Geleiterin,

So der Welt verstummen muste,

Die aller Töne Hauptkunst wuste,

Und ihr Siegel auf der Zunge trug.

An die gedenk ich oft genug,

Woher von ihren Tönen

Den süßen, den schönen,

Sie so Viele hab entnommen,

Daß ihr das Wunder sei gekommen

So mancher Wandlung, mancher Weisen.

Des Orpheus Zunge, des weisen,

Entscholl wohl ihrem Munde

Mit aller Töne Kunde.

Da nun die Welt sie nicht mehr hat,

So geb uns Einer guten Rath

(Das thät ein selger Mann fürwahr):

Wer leitet nun die liebe Schar,

Wer weiset dieß Gesinde?

Mich dünkt, daß ich sie finde,

Die nun das Banner führen soll:

Ihre Meisterin die kann es wohl,

Die von der Vogelweide.

Hei, wie die über Haide

Mit hoher Stimme klingen kann

Und wunderhoch sich schwingen kann!

Wie fein sie organieret,

Ihr Singen wandelieret!

Sie thut es, mein ich, in dem Ton,

Der da schallt vom Berge Citheron,

Wo die Göttin Minne

Gebeut von hoher Zinne.

Die ist am Hofe Kämmrerin,

Die sei der Schar Geleiterin,

Die kann den Weg ihr weisen wohl,

Die weiß wohl, wo sie suchen soll

Der Minne Melodieen.

Sie und Die da mit ihr ziehen,

Die mögen immer singen,

Daß sie zu Freuden bringen

Ihr Trauern und ihr sehnlich Klagen;

Das geschehe noch in meinen Tagen.

Der Worte legt' ich genug

Von guter Leute Kunst und Fug

Nun gefügen Leuten vor,

Und unbereit noch wie zuvor

Ist Tristan zu der Schwertleite.

Ich weiß nicht wie ihn bereite:

Der Sinn getraut sich nicht dazu

Und die Zunge weiß nicht was sie thu,

Verlaßen von des Sinnes Rath,

Der ihr das Amt verliehen hat;

Doch was sie irrt, die Beiden,

Das kann ich euch bescheiden.

Die Zwei hat das geirret,

Was tausend Andern wirret:

Dem Mann, der nicht wohl reden kann

Kommt dem ein wohlberedter Mann,

So erlischt ihm auch die Kunde,

Die er noch hatt, im Munde.

Ich glaube, so ist mir geschehn.

Ich seh und habe nun gesehn

So manchen redekundgen Mann,

Daß Alles was ich reden kann

Mich ein Nichts dünkt, im Vergleich

Mit diesen, die so redereich.

Man spricht so schön seit manchem Tag,

Daß ich mit vollem Grunde mag

Meiner Worte nehmen wahr,

Ob sie so lauter sind und klar

Als ich wollte daß sie wären,

Hör ich fremder Leute Mären,

Und als ich Rede finden kann

Wohl bei manchem andern Mann.

So weiß ich nicht, wie ichs beginne:

Meine Zunge, meine Sinne

Mögen hierzu nicht frommen;

Die Furcht hat mir genommen

Mitten aus dem Munde,

Die ich besaß, die Kunde.

Nun weiß ich nichts hierbei zu thun,

Ich thäte denn das Eine nun

Was Niemand mich hat thun gesehn.

Meine Bitt und mein inbrünstig Flehn

Will ich zuerst nun senden

Mit Herzen und mit Händen

Hin zu dem Helikone,

Zu dem neunfalten Throne,

Von dem die Bronnen fließen,

Aus dem die Gaben sprießen

Der Worte wie der Sinnen.

Der Wirth, die neun Wirthinnen,

Apoll und die Camenen,

Der Ohren neun Syrenen,

Die da bei Hofe spenden

Gnaden aus vollen Händen

Dem, der ihre Gunst gewonnen:

Die gaben ihrer Sinne Bronnen

In solcher Fülle Manchem schon,

Daß sie einen Tropfen mir davon

Mit Ehren nicht versagen.

Mag ich nur den erjagen,

So behaupt ich meinen Platz da wohl,

Wo der Dichter ihn behaupten soll.

Der Tropfen, den ich so empfieng,

Der ist auch nicht so gar gering,

Er mag mir wieder richten,

Zurechterichtend schlichten

Sowohl die Zunge wie den Sinn,

An denen ich entrichtet bin.

Meine Worte, die so zierlos stehn,

Laß er durch den Tiegel gehn

Der camenischen Sinne

Und schmelze sie darinne

Zu wunderbarer Reine,

So rein wie das feine

Gold ist der Araben.

Die Spender solcher Gaben

Des wahren Helikones,

Des obersten Thrones,

Dem solche Wort' entspringen,

Die durch die Ohren klingen

Und in die Herzen lachen,

Das Gedicht durchleuchtend machen

Wie Edelstein und Gimme,

Die mögen meine Stimme

Und meine Bitt erhören

In ihren Himmelschören

Und laßen mich den Wunsch empfahn.

Nun setzt, dieß Alles wär gethan,

Daß mir die Fülle wär gewährt

An Worten, wie ich sie begehrt,

So hab ich also vollen Hort,

Versüße jedem Ohr mein Wort,

Jedem Herzen kommt mein Schatte

Von dem grünen Lindenblatte;

Auch ebn ich so der Rede Schritt,

Daß ich ihr bei jedem Tritt

Die Straße räum und fege,

Und auf keinem ihrer Wege

Ein Stäublein laße noch so klein,

Das nicht vertrieben müste sein,

So daß sie nur auf grünem Klee

Und auf lichten Blumen geh:

So bring ich dennoch meinen Sinn

Seht, wie kleingemuth ich bin!

Kaum oder nimmer an das Ziel,

An dem der Andern schon so viel

Sich Preis erwarben in Gedichten:

Fürwahr, ich muß darauf verzichten.

Und kehrt' ich alle meine Kraft

Auf Zier und Schmuck der Ritterschaft,

Wie, weiß Gott, Mancher hat gethan,

Und sagt', es habe Gott Vulcan,

Der weise, vielbekannte,

In jeder Kunst gewandte,

Tristans Schwert und Panzerkleid,

Stahl, Hosen und all das Geschmeid,

Womit ein Ritter wird versehn,

Durch seine Hände laßen gehn;

Schön und nach meisterlichen Sitten

Ihm entworfen und geschnitten,

Dem Degen kühn und milde,

Den Eber auf dem Schilde,

Wie er ihm auch den Helm entwarf

Und oben drauf, so heiß und scharf

Als der Minne Qualen,

Der feurgen Pfeile Stralen,

Und Manches noch, das wunderbar

Und wie nach Wunsch zu schauen war,

Bildete dem jungen Mann;

Wie Jungfrau Kassandra dann,

Jene weise Trojerin,

All ihre Kunst und allen Sinn

Ganz allein darauf gewandt,

Daß sie Tristans Gewand

Bereite und schmücke

Zu einem Meisterstücke

Der Kunst, so auserlesen

Als Sie im Stand gewesen,

Deren Geist im Himmel, wie man meint,

Von den Göttern ward gefeint –

Was hätte das viel andre Macht

Als wie ich es vorher erdacht,

Da ich Tristans Geleite

Versah zu seiner Schwertleite?

Stimmt ihr meiner Meinung bei,

Ich will nicht bergen wie die sei:

Hoher Muth und volles Gut,

Wer zu den Zwein Geräthen thut

Bescheidenheit und höfschen Sinn,

Die Vieren wirken immerhin

So viel und gut als Einer kann.

Ja nicht Kassandra noch Vulcan

Möchten Ritter beßer rüsten

Als es diese Viere wüsten.

Da nun die vier genannten Kräfte

So tüchtig sind zu dem Geschäfte,

Das Schwertgeleit zu zieren,

Befehlen wir den vieren

Unsern Freund Tristanden.

Die nehmen ihn bei Handen

Und schmücken uns den jungen Mann

(Da es nicht beßer werden kann)

Mit dem Gezeug und mit dem Schnitt

Wie sein Geleit auch bei dem Ritt

Geschmückt ist und bereitet.

So sei Tristan geleitet

Zu Hof und auch zum Ringe:

Er ist in jedem Dinge

Den Gesellen ebengleich,

Eben zierlich, eben reich;

Ich meine nur an dem Gewand,

Das da nähte Frauenhand,

Nicht an dem angebornen Kleid,

Das des Herzens Kammer leiht,

Was sonst sie heißen edeln Muth,

Der den Mann macht wohlgemuth

Und adelt Leib zumal und Leben:

Dieß Kleid ward ihm gar schön gegeben;

Den Gesellen nicht das gleiche.

Ja, weiß Gott, der muthesreiche,

Der ehrbegierge Tristan

Legt' erlesne Kleider an,

Die von Ansehn und von Zier

Nicht ihres Gleichen hatten hier.

Er übertraf an schönen Sitten

Und Zucht sie All, die mit ihm ritten;

Nur allein an dem Gewand,

Das da nähte Frauenhand,

War kein Unterschied des Kleids:

Das trug der Hauptmann des Geleits

Den Andern eben schlecht und gut.

Nun war der Jüngling reich an Muth,

Der Vogt von Parmenîe

Und seine Messenîe

Mit ihm ins Münster gekommen

Und hatten Messe vernommen

Und empfangen auch den Segen

Wie Brauch ist allerwegen.

Herr Marke nahm Tristanden,

Seinen Neffen, da zu Handen,

Und legt' ihm Schwert und Sporen an.

»Sieh«, sprach er, »Neffe Tristan,

Nun dir dein Schwert gesegnet ist

Und du zum Ritter worden bist,

So bedenke was den Ritter preist,

Und auch dich selber, wer du seist,

Und hab vor Augen allezeit

Deine Geburt und Edelkeit.

Sei an Demuth unbetrogen,

Sei wahrhaft und wohlgezogen,

Sei den Armen hold und gut

Und mit den Reichen hochgemuth.

Laß deinen Leib in Würde schaun;

Ehr und minne alle Fraun.

Sei immer mild und immer treu,

In Mild und Treue täglich neu,

Und mein Ehrenwort verpfänd ich dir,

Daß Gold und Zobel nicht die Zier

Dem Sper bringt und dem Schilde

Wie Treue thut und Milde.«

Hiemit bot er den Schild ihm dar,

Küsst' ihn und sprach: »Nun, Neffe, fahr

Und gebe Gott nach seiner Kraft

Dir Heil zu deiner Ritterschaft:

Sei immer höfisch, immer froh.«

Da versorgte Tristan eben so

Die Gefährten Mann für Mann,

Wie ihm der Oheim gethan

Mit Sper und Sporn und Schilde.

Demuth, Treue, Milde,

Die legt' er eines Jeden Kür

Mit sinnreicher Lehre für.

Dann aber ward nicht lang verweilt,

Zum Ritt und Buhurd geeilt

Ward, das glaubet auf mein Wort.

Doch wie sie sich getummelt dort,

Wie sie mit Schäften stachen,

Und wie manchen sie zerbrachen,

Das mögen die Garzone sagen,

Die sie zusammen halfen tragen:

Ich bin ihr Buhurdieren

Nicht da zu bekroijieren.

Doch zu Einem Dienst erbiet ich mich:

Ich wünsche ihnen williglich,

Daß sich ihr aller Ehre

In allen Dingen mehre

Und ihnen ritterliches Leben

Zur Ritterschaft Gott möge geben.

Tristan und Isolde

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