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VI. Das höfische Kind.

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Nun, Tristan, der ist heim gekommen

Unbewust, ihr habts vernommen

Und wähnte doch hier fremd zu sein.

Der unvermeinte Oheim,

Mark, der tugendliche Mann,

That gar tugendlich daran,

Wars gleich zu sehr nicht eben Noth,

Er bat zumal und gebot

All dem Hofgesinde,

Daß es dem fremden Kinde

Gut und gnädig wäre

Und ihm mit Reden Ehre

Bot und mit Geselligkeit.

Sie waren all dazu bereit

Mit willigem Muthe.

Seht, Tristan ward, der gute,

Des Königs Ingesinde so.

Der sah ihn gern und war sein froh.

Denn Ihn zog auch sein Herz dahin.

Er blickte gern und oft auf ihn,

Denn er war zu allen Zeiten

Höfisch an seiner Seiten

Und trug sich ihm zu Diensten an,

Wo er nur Gelegenheit gewann.

Wo Marke hingieng oder war,

Sah man ihn den andern immerdar;

Auch nahm ihm Marke das für gut;

Er trug ihm immer holden Muth

Und freute sich, wenn er ihn sah.

Nun geschahs am Hofe da

In den ersten acht Tagen,

Daß Marke selbst ritt mit ihm jagen,

Und viel des Hofgesindes auch,

Zu schauen seinen Jagdgebrauch

Und wahrzunehmen seiner Kunst.

Sein Jagdpferd nahm da Mark aus Gunst

Und schenkt' es ihm mit holden Sitten:

So gut war Tristan nie beritten

Gewesen; stark wars, schön und schnell.

Dazu ein Hörnlein süß und hell

Hieß er ihm geben in die Hand

Und sprach: »Tristan, dir ist bekannt,

Daß du mein Jägermeister bist.

Nun zeig uns wie dein Jagdbrauch ist:

Nimm deine Hunde, fahr hinaus

Und stelle deine Warten aus,

Wo du denkst, sie sollten stehn.«

»Nein, Herr, so kann es nicht ergehn«,

Sprach Tristan, der höfsche Knab:

»Sendet eure Jäger ab,

Daß sie die Warte besetzen

Und die Hunde von den Seilen hetzen;

Sie kennen jeden Weg und Schlich

Und wißen beßer als ich,

Wohin der Hirsch sich ziehet

Und vor den Hunden fliehet.

Sie kennen die Gelegenheit;

Ich habe noch zu keiner Zeit

Hier gejagt und bin ein fremder Knecht.«

»Weiß Gott, Tristan, du hast Recht:

Du kannst hierauf dich nicht verstehn.

Die Jäger müßen selber gehn;

Sie mögen das beßer schlichten.«

Die Jäger giengen dieß verrichten:

Sie koppelten die Hunde

Und stellten in der Runde

Ihre Warten aus zur Birsch.

Bald hetzten sie auf einen Hirsch

Und jagten ihn im Wettestreit

Schier bis an die Abendzeit:

Da erjagten ihn die Hunde.

Nun kam zur selben Stunde

Herr Marke und sein Freund Tristan

Mit manchem höfischen Mann

Herbei, ihn abzufangen.

Die Jagdhörner klangen

In mancherlei Getöne

Und bliesen all so schöne,

Daß König Marken dieses Spiel

Und seinen Leuten wohlgefiel.

Als der Hirsch war gefällt,

Da wurde Tristan hingestellt,

Des Königs heimischer Gast,

Und gebeten, daß er sie den Bast

Nun nach der Reihe ließe sehn.

Tristan sprach: »Das soll geschehn«,

Und begann nach ihrem Wunsch zu thun.

Aber mich bedünkt es nun,

Daß es überflüßig wäre

Euch zweimal Eine Märe,

Dieselbe, vorzutragen.

Wie er beim ersten Jagen

Den Hirsch entbästet, gleichen Brauch

Hielt er bei dem zweiten auch.

Den Bast und die Furkîe,

Und die Kunst bei der Curîe,

Als sie die sahen, in der Runde

Gestanden sie aus Einem Munde,

Daß Niemand diese Dinge

Nach beßrer Art vollbringe,

Noch ihnen beßre mög erfinden.

Der König ließ zu Rosse binden

Den Hirsch und wandte sich hindann,

Er und sein Jäger Tristan.

Und all die Messenîe

Mit Stangen und Furkîe

Ritten sie darauf nach Haus.

Ein lieber Hofmann überaus

War Tristan nun in Tintajoel.

Gesind und König hielt ihn wohl

Und erbot ihm gern Geselligkeit.

Auch war er immerdar bereit

Reich und Arm zu dienen.

Hätt er Jeden nur von ihnen

Auf seinen Armen mögen tragen,

Er hätt es Keinem abgeschlagen.

Den Segen hatt ihm Gott gegeben,

Er konnt und wollte Allen leben:

Lachen, Tanzen, Singen,

Reiten, Laufen, Springen,

Bescheiden sein und Schallen,

Das konnt er wohl mit Allen.

Er lebte wie man wollte

Und wie die Jugend sollte.

Was Einer immer begann,

Das hob er gerne mit ihm an.

Nun aber trug es sich zu,

Daß Marke eines Tags der Ruh

Nach Tisch zu pflegen sitzen blieb;

Da ist ja immer Kurzweil lieb.

So horcht' er nach gewohnter Weise

Auf eines Harfenspielers Weise,

Des besten, den man kannte,

Und großen Meister nannte;

Derselbe war ein Galois.

Da kam Tristan der Parmenois

Und setzte sich zu seinen Füßen

Und nahm des Liedes und der süßen

Noten wahr mit allem Fleiß;

Und wärs ein schwerverpönt Geheiß,

Sein Gedenken bliebe nicht verschwiegen.

Das Herz begann ihm hoch zu fliegen

Und mit dem Herzen flog der Muth.

»Meister«, sprach er, »ihr harfet gut,

Ihr wißt die Saiten anzuschlagen,

Dem Erfinder würd es selbst behagen.

Dieß schöne Lied hat ein Britun

Erfunden von dem Herrn Gurun

Und dem Fräulein seiner Minne.«

Dieß nahm in seine Sinne

Der Harfner, ob es Anfangs schien

Als hätt er wenig Acht aufs ihn,

Bis er sein Spiel geendet.

Zu dem Kinde jetzt gewendet

»Was weist du«, sprach er, »liebes Kind,

Von wannen diese Noten sind?

Verstehst du etwa dieses Spiel?«

»Ach, Meister«, sprach Tristan, » nicht viel.

Einst hatt ich einge Meisterschaft;

Nun hat sie so geringe Kraft,

Daß ich vor euch zu blöde bin.«

»Nicht doch, nimm diese Harfe hin:

Laß hören, welche Leiche

Spielt man im Britenreiche.«

»Gebietet ihr es, Meister mein,

Und solls mit euern Hulden sein,

Daß ich euch spiele?« sprach Tristan.

»Ja, trauter Knabe, heb nur an.«

Als er die Harfe nahm zur Hand,

Wie wohl sie seinen Händen stand!

Sie waren, las ich, schön und fein,

Daß sie nicht schöner konnten sein.

Weich und linde, klein und schlank

Und wie ein Hermelin so blank;

Mit diesen rührt' und schlug er schöne

Grund- und schnelle Wandeltöne,

Seltsame, süße, reine.

Da dacht er auch an seine

Lieder aus der Briten Land;

Den Hammer setzt' er ein gewandt,

Zog diese Saite nieder,

Die andre höher wieder

Bis sie standen wie sie sollten stehn.

Nun, das war alsbald geschehn:

Der neue Harfenist, Tristan,

Fieng seines neuen Amtes an

Zu warten klug und weise.

Seine Noten zu der Weise,

Seine seltsamen Grüße,

Die harft' er also süße,

Und begleitete so schön

Sich selbst mit Saitengetön,

Daß Alles zu der Stelle lief,

Dieser Jenen näher rief.

Eilends lief die Höflingsschar

Herbei, die in den Kammern war

Und wähnten doch zu spät zu kommen.

Herr Mark hatt Alles wohl vernommen:

Er saß, des Spieles achtend,

Seinen Freund Tristan betrachtend,

Und verwunderte sich sehr,

Daß so höfsche Gabe der,

Und gute Kunst in seiner Brust

(Er war sich ihrer doch bewust)

Verhehlen mochte bisheran.

Nun, weiter spielte Tristan

Und wob den Leich hinein mit Sinn

Von der stolzen Freundin

Graland des Schönen:

Den ließ er süß ertönen

Und harfte so zu Preise

Die britunische Weise,

Daß da Mancher stund und saß,

Der seines Namens schier vergaß.

Da begannen Herz und Ohren

Als würden sie zu Thoren

Aus ihrer Pflicht zu wanken;

Da wurden Gedanken,

Seltsame, zu Tag gebracht;

Da ward zu manchem Mal gedacht:

»Ach, selig sei der Kaufmann,

Der so höfschen Sohn gewann!«

Seine Finger, ach, die weißen,

Wie sah man die sich fleißen

Und wühlen in den Saiten;

Sie konnten Töne spreiten,

Daß der Pallas wurde voll.

Da zahlten Augen wohl den Zoll:

Sie gaben alle Acht darauf

Und folgten seiner Hände Lauf.

Nun wars mit diesem Leich geschehn:

Einen Boten ließ der König gehn,

Der sprach, es wünschten Viele,

Daß er noch einen spiele.

»Mu voluntiers«, sprach Tristan;

Herrlich hub er wieder an

Einen Liebesleich wie eh

Von der curtoisen Thisbe

Aus dem alten Babylon:

Den harft' er in so schönem Ton

Und wandelte den Grundton auch

Nach so meisterlichem Brauch,

Daß es den Harfner Wunder nahm.

Als die Gelegenheit dann kam

Flocht der tugendliche Knabe

Zu aller Ohren Labe

Seine Chanzonen mit hinein:

Er sang die Leichnötelein,

Britunische, galoisische,

Lateinische, französische,

So süß mit seinem Munde:

Sie wusten in der Runde

Nicht, welches süßer wäre

Oder würdiger der Ehre,

Ob sein Harfen oder Singen.

Sich hub von diesen Dingen,

Von seinem Spiel, von seinem Sang

Gerede viel, Gerede lang,

Indem sie All gestanden

Sie hätten in den Landen

Das nie gehört, gesehen nie.

Der sprach dort und dieser hie.

Ach, was ist das für ein Kind!

Was ist er uns ein Ingesind!

Alle Kinder, die nun leben,

Möchte man zu Tausche geben

Für den Einen Tristan gleich.«

Als nun Tristan seinen Leich

Zu Ende brachte nach Begehr,

Herr Marke sprach: »Tristan, geh her.

Der dich das hat gelehret,

Der sei vor Gott geehret

Und du mit ihm: das hat wohl Grund.

Ich hörte gerne deinen Mund

Lieder singen vor der Nacht,

Wenn doch dein Auge gern noch wacht.

Nicht wahr, das thust du mir und dir?« –

Ja, gerne, Herr. – »Nun sage mir,

Kannst du noch ander Saitenspiel?« –

Nein, sprach er, Herr. »Zier dich nicht viel;

So lieb als ich dir bin, Tristan,

Die rechte Wahrheit sag mir an.«

Die Wahrheit sprach er da getreuer:

»Ihr braucht mich nicht so hoch und theuer

Zu mahnen, Herr: ich hätt es wohl

Schon so gesagt, da ich es soll,

Und ihr es wollet wißen.

Herr, ich war beflißen

Zu lernen jedes Saitenspiel;

Und kann von Keinem doch so viel,

Ich wüste gern davon noch mehr.

Auch hab ich es nur nebenher

Und nicht jeden Tag getrieben;

Und bin dabei geblieben

Kaum in das siebente Jahr

Oder wenig drüber, das ist wahr.

Man lehrte mich in Parmenie

Fiedelspiel und Symphonie;

Harfen und Rotten

Lehrten mich Galiotten,

Zwei Meister galoise;

Mich lehrten Britanoise

(Sie waren aus der Stadt zu Lut)

Die Leier und das Sambiut.«

Sambjut, was ist das, lieber Mann?

»Das beste Saitspiel, das ich kann.«

»Seht«, sprach das Hofgesinde,

»Gott hat diesem Kinde

Zu recht wonniglichem Leben

Seiner Gnaden viel gegeben.«

Noch fragt' ihn König Marke mehr:

»Tristan, ich hörte dich vorher

Britunnisch singen und galois,

Gut Latein und auch franzois;

Kannst du die Sprachen?« – »Herre, ja,

So ziemlich wohl.« Von fern und nah

Kam der Haufe da gedrungen,

Wer nur in fremden Zungen

Sprach aus einem Nachbarland,

Der versucht' ihn allzuhand,

Bald in dieser, bald in der;

Da fiel antworten ihm nicht schwer

Ihnen Allen in der ihren,

Norwegern oder Iren,

Allmannen, Schotten, Dänen.

Da mochte wohl sich sehnen

Manch Herz nach Tristans Gaben:

Die wollten Alle haben;

Ein Jeder wollte sein wie er,

Und rief mit herzlichem Begehr

Süß und wonniglich ihm zu:

»Ach, Tristan, wär ich doch wie du!

Tristan, du magst wohl gerne leben:

Dir sind im Übermaß gegeben

Alle Gaben, die ein Mann

Auf der Welt nur haben kann.«

Groß Wunder ward auch dorten

Von ihm gemacht mit Worten:

Hört! sprach Dieser, hört! sprach Der;

Alle Welt die höre her:

»Ein vierzehnjähriges Kind

Kann alle Künste, die nur sind.«

Da sprach Herr Marke: »Tristan höre,

An dir ist was ich nur begehre,

Alles kannst du was ich will,

Jagdkunst, Sprachen, Saitenspiel.

So wollen wir Gesellen sein,

Du mein Geselle und ich dein.

Wir wollen Tages reiten jagen:

Des Abends finden wir Behagen

An höfischen Dingen:

Harfen, Fiedeln, Singen,

Das kannst du wohl, das thu du mir.

Ich kann ein Spiel, das thu ich dir,

Das auch dein Herz dir wohl begehrt:

Schön Gewand, manch schnelles Pferd,

Und wonach noch sonst der Sinn dir zielt,

Geb Ich dir: das ist wohl gespielt.

Sieh, mein Schwert und meine Sporn,

Meine Armbrust und mein golden Horn,

Geselle, die befehl ich dir:

Die übernimm und pflege mir,

Und sei du höfisch und sei froh.«

Nun ward der Heimatlose so

Bei Hof ein lieb Gesinde.

Man sah an einem Kinde

Den Segen nie, nicht vor noch nach,

Denn was er that und was er sprach,

Das däucht und war auch also gut,

Daß alle Welt ihm holden Muth

Und geneigtes Herze trug.

Der Rede sei hiemit genug.

Wir legen diese Märe nieder

Und greifen zu der andern wieder,

Was sein Vater Marschall Don Rual,

Li foitenant et li leal,

Als er ihm gieng verloren,

Für Rath deshalb erkoren.

Tristan und Isolde

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