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III. Rual li foitenant.

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Wer Trauer stäts und Treue

Dem Freunde trägt aufs Neue,

Dem lebt der Freund aufs Neue;

Das ist die gröste Treue.

Wer stäts dem Freunde Trauer trägt,

Ihm nach dem Tode Treue hegt,

Das ist vor allem Lohne,

Ist aller Treue Krone.

Mit derselben Krone waren

Gekrönt, das hab ich wohl erfahren,

Der Marschall und sein Weib, das gute,

Die gleiche Treu in Einem Muthe

Gott und der Welt bewährten

Und durch ihr Vorbild lehrten

Vor der Welt und Gott zumal,

Daß sie, wie es Gott befahl,

Nach ganzer Treue zielten

Und sie unverbrüchlich hielten

Ohn End und ohne Wende

Bis an ihr Beider Ende.

Und so Wer sollt auf Erden

Für seine Treue werden

König oder Königin,

So verdienten Sie wohl den Gewinn,

Wie ich euch von den Beiden

In Wahrheit mag bescheiden,

Wie Er und Sie sich treu erwies.

Als Blanscheflur ihr Leben ließ

Und Riwalin begraben war,

Das verwaiste Kind, das sie gebar,

Dem giengs nach solchen Ungenaden

Gar wohl: es sollt ihm wenig schaden.

Der Marschall und die Marschallin

Nahmen das kleine Waislein hin

Und hielten es mit Sorgen

Vor aller Welt verborgen.

Sie sagten oder ließen sagen,

Ihre Herrin hätt ein Kind getragen,

Das wäre mit und in ihr todt.

Von dieser dreifachen Noth

Mehrte sich des Landes Klage,

Ihre Klage mehrte noch die Sage:

Sie klagten, daß Riwalin erstarb,

Klagten, daß Blanscheflur verdarb,

Klagten um ihr Kindelein,

Das ihr Trost doch sollte sein,

Daß das erstorben wäre.

Bei dieses Leides Schwere

Gieng ihnen schier der Schrecken

Vor Morgans Drohn, des Kecken,

So nah als ihres Herren Tod.

Denn das ist die gröste Noth,

Die man auf Erden haben mag,

Wenn Einem immer Nacht und Tag

Der Todfeind vor den Augen steht:

Das ist die Noth, die nahe geht,

Das ist ein lebendger Tod.

In dieser lebenden Noth

Ward Blanscheflur zu Grab getragen.

Da mochte Jammer viel und Klagen

Ob ihrem Grab vernommen werden;

Haarzerraufender Geberden

Sah man da viel und allzu viel.

Nun will ich aber ohne Ziel

Eure Ohren nicht beschweren

Mit allzu kläglichen Mären,

Weil es den Ohren missbesagt,

Wo man zu viel von Klage sagt;

Und sagt es Einer noch so gut,

Es steht ihm doch zuletzt nicht gut.

So laßen wir denn langes Klagen

Und fleißen uns dafür zu sagen

Von dem verwaiseten Kind,

Dem die Mären hier gewidmet sind.

Oft kehrt das Glück vom Glücke

Zum Ungemach zurücke

Und wiederum zurücke

Vom Ungemach zum Glücke.

Der wackre Mann soll in der Noth,

Wie schlimm es auch zu gehen droht,

Gedenken, was ihm helfen mag.

So lang ihm scheint des Lebens Tag

Soll er mit den Lebendgen leben

Und sich selbst zum Leben Hoffnung geben:

So that der Marschall Foitenant.

Wie übel seine Sache stand,

Doch bedacht er mitten in der Noth

Des Landes Fall, den eignen Tod.

Als er keine Hülfe schaute,

Sich mit der Wehr nicht traute

Vor seinem Feind zu fristen,

So wehrt' er sich mit Listen.

Er berieth die Ritter allzumal,

Denen einst sein Herr befahl,

Daß sie die Waffen ließen ruhn:

Sie sollten anders nichts mehr thun

Als flehn und sich ergeben:

Sie ergaben Gut und Leben

Nach seinem Rath in Morgans Huld.

Allen Groll um alte Schuld,

Wie groß er zwischen ihnen sei,

Legten sie mit Morgan bei

Und erhielten also Leut und Land.

Der getreue Marschall Foitenant

Fuhr heim zu seinem werthen Weib

Und befahl bei Leben und Leib

Ihr an, sich einzulegen

So wie die Frauen pflegen,

Wenn sie Kindesnoth befällt,

Und alsdann vor aller Welt

Zu behaupten und zu sagen,

Sie habe selbst das Kind getragen,

Die Waise von Riwalin.

Die selige Marschallin,

Die gute, die stäte,

Die reine Floräte,

Die der Frauentugend Spiegel war,

Und der Güte Demant immerdar,

Die ließ sich leicht zu dem bewegen

Was nur geschah der Treue wegen.

Sie stellte Leib und Sinn zur Klage

Wie Eine, die am andern Tage

Schon eines Kindes soll genesen.

Ihr Kämmerlein und all ihr Wesen

Ließ sie in Ordnung bringen

Zu heimlichen Dingen.

Sie wust auch aus Erfahrung wohl,

Wie man dabei sich halten soll:

Dem ahmte sie mit Absicht nach

Und heuchelte groß Ungemach

Am Gemüth und an dem Leibe,

Und that gleich einem Weibe,

Die solcher Noth entgegenblickt

Und Alles weislich beschickt

Was man da zu bedürfen pflegt.

So ward das Kind zu ihr gelegt

Gar heimlich und verstohlen

Und aller Welt verhohlen;

Nur einer Amme wars bekannt.

Bald gieng die Märe durch das Land,

Daß die Marschallin Floräte

Einen Sohn gewonnen hätte.

Es war auch wahr, man log nicht dran,

Daß sie einen Sohn gewann,

Der ihr Sohnestreu erzeigte

Bis sich Beider Leben neigte.

Es trug dieß süße Kind zu ihr

So süße kindliche Begier

Als zu der Mutter soll ein Kind;

Und billig ward sie so geminnt:

Sie hatt auch Ihres Herzens Triebe

Auf Ihn gewandt mit Mutterliebe,

Und hielt daran so treu gesinnt,

Als hätte selber sie dieß Kind

Unter ihrer Brust getragen.

Wie wir die Märe hören sagen,

So hat nie früher noch seither

Ein fremdes Paar so treulich mehr

Erzogen ihres Herren Sohn;

Die Märe selber wird davon

Noch zeugen unverborgen,

Wie väterlicher Sorgen,

Wie mancher Noth sich must um ihn

Der getreue Marschall unterziehn.

Nun die Marschallin zum Schein

Der Noth genesen sollte sein

Und nach den sechs Wochen,

Die den Fraun sind zugesprochen,

Zur Kirche gehen mit dem Sohn,

Von dem ihr mehr vernommen schon,

Da nahm sie selbst ihn auf den Arm

Und trug ihn wohlversorgt und warm

Zu dem Gotteshause hin.

Und als sie dann mit frommem Sinn

Ihr Gottesrecht empfangen

Und zum Opfer war gegangen

Mit schönem Ingesinde,

Da war dem kleinen Kinde

Die heilge Taufe bereit,

Damit es seine Christenheit

In Gottes Namen empfienge

Und, wie es ihm hernach ergienge,

Sein Christenrecht doch hätte.

Da nun an heilger Stätte

Der Priester stand und Alles auch

Bereit war, was beim Taufen Brauch,

Da fragt' er, wie das Kindelein

Denn geheißen sollte sein.

Da gieng die Marschallin hindann

Und sprach geheim mit ihrem Mann

Und fragt ihn, wie er wollte,

Daß man es nennen sollte.

Da schwieg der Marschall lange

Und sann und war ihm bange,

Ob er den Namen finde,

Der ziemend wär dem Kinde.

Dabei erwog er her und hin

Des Kindes Looß von Anbeginn

Und wie's mit ihm gekommen war;

Er hatt es ja vernommen gar.

»Seht«, sprach er, »Frau, wie ichs vernahm

Von seinem Vater, daß es kam

Mit ihm und seiner Blanscheflur,

Wie Trauriges ihm widerfuhr

Bis sein Will und Wunsch ergieng,

Wie sie dieß Kind mit Traur empfieng

Und es mit Trauer gewann,

So heißen wir es Tristan

Denn Triste zielt auf Traurigkeit,

Und von der beiden Eltern Leid

Ward Tristan dieses Kind genannt,

Tristan getauft von Priesterhand.

Sein Name war von Trist Tristan;

Mit Recht gehört' ihm der auch an,

Ziemt' ihm in aller Weise

Wie euch die Mär erweise.

Seht wie traurig es war,

Da ihn die Mutter gebar;

Seht wie früh die Welt ihm Noth,

Des jungen Rückens Bürde, bot;

Seht, welch ein trauriges Leben

Ihm zu leben ward gegeben;

Seht an den traurigen Tod,

Der alle seine Herzensnoth

Mit einem Ende beschloß,

Der alles Todes Übergenoß

Und aller Trauer Galle war.

Wer jemals diese Märe gar

Vernimmt, erkennt wohl, daß dem Leben

Der Nam entsprechend ward gegeben:

Er war, so wie er hieß, ein Mann,

Und hieß recht wie er war, Tristan.

Wer aber gerne hätt erkannt,

Aus welchem Grunde Foitenant

Verbreiten ließ die Märe,

Seines Herren Kindlein wäre

Von der Geburtsstunde Noth

Mit seiner todten Mutter todt,

Dem geben wir den Grund wohl an:

Es ward aus Treue gethan.

Wegen Morgan that es der Getreue,

Vor seinem Haße trug er Scheue.

Er sorgte, wüst er um das Kind,

So würd er es mit List geschwind

Oder mit Gewalt verderben

Und das Land berauben seines Erben.

Deshalb nahm der treue Mann

Zum Kinde sich das Waislein an

Und erzogs zu seinem Sohne,

Wofür die Welt zum Lohne

Ihm Gottes Gnade wünschen soll:

Das verdient' er an der Waise wohl.

Als das Kind nun war getauft,

Nach Christenbrauch dem Heil erkauft,

Da nahm ihr liebes Kindlein hin

Die tugendreiche Marschallin

In ihre heimliche Pflege:

Sie wollt es alle Wege

Selbst hüten und besorgen

Den Abend wie den Morgen.

Mit so süßem Fleiße Tag und Nacht

Hielt die süße Mutter ihn bewacht,

Daß sie ihm auch nicht gönnte,

Daß er nur unsanft könnte

Den Fuß zu Boden schieben.

Als sie das mit ihm getrieben

Bis sein siebtes Jahr war voll,

Daß er Geberd und Rede wohl

Verstehen konnt und auch verstand,

Da kam der Marschall allzuhand

Und befahl ihn einem weisen Mann.

Mit diesem sandt er ihn hindann

In fremdes Land der Sprache wegen;

Da sollt er sich aufs Lernen legen,

Das Lesen und das Schreiben

Bei ihm mit Fleiß betreiben

Vor jedem andern Unterricht.

Das war der erste Verzicht,

Den er auf seine Freiheit that,

Nun er in den Bannkreiß trat

Anerzwungner Sorgen,

Die ihm zuvor verborgen

Und noch erlaßen waren.

In seines Aufblühns Jahren,

Da sein Glück erst sollt erstehn,

Der Freud er sollt entgegengehn,

In seines Lebens Beginn,

Da war sein bestes Leben hin.

Als er freudig zu erblühn begann,

Da fiel der Sorge Reif ihn an,

Der mancher Jugend Schaden thut

Und sengt' ihm seiner Freuden Bluth.

Da seine Freiheit begann

War seine Freiheit hindann.

Die Bücherweisheit und ihr Zwang

War seiner Sorgen Anfang,

Und doch, als er damit begann,

Kehrt' er seinen Sinn daran

Und sein Befleißen also sehr,

Daß er in den Büchern mehr

Erlernet hatt in kurzer Frist

Als je ein Kind, von dem ihr wißt.

Zwischen beiden Lernungen,

In den Büchern der und der der Zungen,

Verwandt er seiner Zeit noch viel

Auf jede Art von Saitenspiel.

Daran kehrt' er spät und früh

Seine Emsigkeit und Müh,

Bis er es herrlich konnte.

Zu lernen begonnte

Er heute dieß und morgen das,

Und konnt ers wohl, noch lernt' ers baß.

Ferner lernt' er nebenher

Mit dem Schild und mit dem Sper

Wohl und behende reiten,

Das Ross zu beiden Seiten

Geschickt mit Sporen rühren,

Es stolz im Sprunge führen,

Loisieren und Turnieren,

Mit den Schenkeln sambelieren

Nach Gebrauch im Ritterspiel;

So tummelt' er sich oft und viel.

Wohl schirmen, wacker ringen,

Schnell laufen, tüchtig springen,

Dazu schießen den Schaft,

Darin versucht' er oft die Kraft.

Wir hören wohl auch von ihm sagen,

Es lernte birschen und jagen

Nie ein Mann so wohl als er,

Es wäre dieser oder der.

Die man bei Hofe spielen soll,

Die Spiele konnt er alle wohl.

Er war auch so am Leibe

Beschaffen, daß vom Weibe

Nie ein schönrer Jüngling ward geboren.

An ihm war Alles auserkoren,

So der Muth wie die Geberden;

Doch leider soll durchflochten werden,

Wie ich es las, dieß Heil mit Schaden:

Er war mit Kummer stäts beladen.

Nun er zu vierzehn Jahren kam,

Der Marschall ihn nach Hause nahm

Und hieß ihn alle Zeiten

Fahren und reiten,

Zu erforschen Leut und Land

Bis er gründlich erkannt

Des Landes Sitten habe.

Das that der werthe Knabe

So löblich und behende,

Daß man nicht Höfschern fände

Wohl in dem ganzen Reiche,

Noch der sich vergleiche

Diesem Knaben Tristan.

So sah die ganze Welt ihn an

Mit Freundes Aug und holdem Muth,

Wie man billig ihm thut,

Der seinen Sinn auf Sitte stellt

Und stäts Unsitte ferne hält.

Tristan und Isolde

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