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Rede über die Worte: “Der Unzüchtige sündigt gegen seinen eigenen Leib.”

Inhalt.

Es wird im Anschluß an die angeführte Schriftstelle weiter ausgeführt, daß nur der Unzüchtige bei Begehung der Sünde in gleicher Weise sich selbst schädigt, wie Den, mit welchem er sündigt, während bei den übrigen Sünden die (materielle) Schädigung sich nach aussen richtet und der Sünder selbst keine materielle Schädigung erleidet. Der Unzüchtige ist ausserdem allgemein verachtet und gemieden. Als Beispiel der Keuschheit wird der ägyptische Joseph hingestellt.

1.45

Schrecklich ertönt die Trompete des Ausspruches des Apostels, die sowohl vieles Andere dem Heere der Gottseligkeit verkündet, als vorzugsweise aus dem Abgrund der Schande zu ziehen sucht und am Schluß einen militärischen Befehl beifügt. Er sagt nämlich: „Fliehet die Unzucht! Jede Sünde, die der Mensch thut, ist ausser dem Leibe.“ Auch die Soldaten der sinnlich wahrnehmbaren Kriege gehen jetzt gerade auf den Feind los und ergreifen dann die Flucht und führen so ihre Operationen aus. Ebenso gibt es einen Krieg der Seele, der durch Widerstand und Flucht seine Operationen macht. Das weiß Paulus, welcher das Heer zur doppelten Kriegskunst der Gottseligkeit anleitet, indem er jetzt zur Ausdauer in der Schlacht ermahnt. „Haltet fest und umgürtet eure Lenden mit Wahrheit!“46 dann wieder räth, durch die Flucht im Kriege zu operiren: „Fliehet die Unzucht!“47 Wenn ein Krieg des Unglaubens uns überfällt, so bringt es Nutzen, sich zur Wehr zu setzen. Droht uns aber ein hinterlistiger Überfall, so geziemt sich gegen diese Feinde ein Hinterhalt. Wird dann das Geschoß der Verleumdung gegen uns geschleudert, so ist es nützlich, gerade auf die Lüge los zu gehen. Zielt aber die Gestalt einer Buhlerin auf uns, so bringt es Gewinn, ihr den Rücken zu kehren und mit abgewendetem Gesichte zu fliehen. Denn die Unzucht richtet ihre Geschoße nach den Augen. Deßhalb muß man an die Mahnung des Feldherrn denken: „Fliehet die Unzucht!“ Denn sie ist furchtbarer als die übrigen Laster. Die andern bösartigen Sünden nämlich scheinen das Fleisch der Sünder zu schonen und beschränken die That auf Den, der von ihr betroffen wird. So trifft bei einem Raube der Nachtheil nur die Beraubten, bei dem Laster des Neides kommt die Leidenschaft nur gegen die Beneideten zum Ausbruch, bei den Verleumdungen, wenn sie Glauben finden, trifft wiederum die Gefahr den Verleumdeten allein, bei den Mördern trifft der Unfall den Gemordeten, und wenn man jede Ausübung der ungerechten Werke durchgeht, so wird man finden, daß, die Unrecht zufügen, den Gewinn haben, den Schaden aber, die Unrecht leiden. Die Unzucht kennt aber keine solche Unterscheidung und sondert nicht aus zwischen dem Zustand Dessen, der Etwas erleidet, und Dessen, der Etwas thut, sondern stürzt Beide zugleich in Schaden und verbindet mit gemeinsamer Fessel der Befleckung den Unzüchtigen und die Unzüchtige, und der Schänder des Leiber wird mit dem geschändeten Leibe zugleich selbst geschändet. Es ist möglich, daß die Mörder, indem sie tödten, nicht zugleich mit den Gemordeten sterben. Der aber das Fleisch befleckt, nimmt zugleich an der Befleckung Theil.

2.

Betrachte nun, wie geistreich hierüber Paulus sich ausdrückt. „Fliehe,“ sagt er, „die Unzucht!“ Warum? Jede Sünde, die der Mensch vollbringt, ist ausserhalb seines Körpers, (schädigt die Natur des Körpers nicht, sondern vollzieht sich ausserhalb des Körpers, der den Schaden veranlaßt): der Unzüchtige aber sündigt gegen den eigenen Körper,48 nicht wie der Mörder gegen einen fremden, indem er seinen Leib unverwundet bewahrt, nicht wie der Geizige gegen einen Andern, indem er den Schaden des eigenen Fleisches abwehrt, sondern es ist der Unzüchtige sein eigener Zerstörer und durchbohrt sich selbst mit dem Geschoß der Schande. Der Dieb wagt den Diebstahl, um seinen Leib zu nähren, der Unzüchtige aber steht auf der Lauer, um sein eigenes Fleisch zu plündern. Den Habsüchtigen reizen die gewinnsüchtigen Gedanken zum Raube, die Unzucht ist eine Beschädigung der leiblichen Ehrbarkeit. Dem Neidischen bereitet seinen Zustand die Verherrlichung eines Andern, der Unzüchtige bereitet sich seine eigene Schande. Denn was ist schändlicher als die Unzucht, die zum Troß gehört? Jede Knechtschaft der Sünde ist entehrend, denn sie schändet den Adel der Seele. Der Unzüchtige aber ist ein schändlicherer Knecht der Sünde. Denn es ist ihm von ihr die Aufgabe geworden, Schmutz zu schöpfen, und er sammelt einen Haufen Unrath und besorgt einen unreinen Dienst. Oder ist es nicht schlimm, sich im Kothe zu wälzen, mit Schande überschüttet zu werden, einen Leib zu haben, der sich von einem zerrissenen Lumpen nicht unterscheidet. Denn worin unterscheidet sich ein zerfetzter Lumpen von einem Unzüchtigen? Er wird vom Leibe der Kirche losgerissen, er verwest in täglicher Fäulniß durch die Wollüste der Sünde, er wird als ein unbrauchbarer Lumpen hingeworfen und liegt am Boden, von allen Dämonen mit Füßen getreten. An ihm wischt der Teufel seine eigene Fäulniß ab. Das äussere Mißgeschick des Unzüchtigen ist aber ebenso groß als das geistige. Denn er ist in den Häusern gemieden, in den Gesellschaften verwünscht, der nächsten Umgebung ein Hohn, den Feinden ein Spott, den Verwandten eine Schande, verwünscht von seinen Genossen, eine Trübsal für die Eltern, ein Spott für das Hausgesinde, ein Gegenstand des Gelächters für die Nachbarn, nicht gesucht, wenn er heirathen will, nach geschlossener Ehe ein verdächtiger Gatte. Da Paulus sah, daß die Unzucht die Mutter so vieler Übel sei, mahnt er uns, durch die Flucht den Sieg zu erringen: „Fliehet die Unzucht!“

Dieses Wort erinnert mich jetzt an einen keuschen Jüngling, der über ägyptische Unzucht durch die Flucht den Sieg errang. Gleichwohl gab es Vieles, was den Jüngling zu verleiten geeignet war, das wollüstige Lebensalter, das Joch der Knechtschaft, das verliebte Kosen seiner Gebieterin. Denn es geschah eines Tages, daß Joseph in das Haus ging, um seine Geschäfte zu verrichten, und es befand sich Niemand von den Bewohnern des Hauses darin. Da faßte ihn die Gebieterin an den Kleidern und sagte: Schlafe bei mir!49 Einen hohen Werth hat die Keuschheit. Sie machte die Gebieterin zur Sklavin des Knechtes. Feurig ist das Geschoß der Unzucht. Aber es fand keinen Brennstoff an der Seele, sondern ward an der Kleidung unwirksam gemacht. Jene sagte: Schlafe bei mir; die Keuschheit aber rief dem Jüngling entgegen: „Wache bei mir!“ und durch die Werke zeigte er seine Wachsamkeit. Denn seine Kraft ließ sich durch keine Schmeichelrede in Schlaf einwiegen. Nicht vermochten Zauberworte seine Besonnenheit einzuschläfern, sondern bitterer als Schmähung klang ihm die Stimme seiner Gebieterin bei der Aufforderung: „Schlafe bei mir!“

Bereit stand als Brautführer des Ehebruchs der Teufel, hielt zugleich mit der Unzüchtigen das Kleid fest und führte ihr beim Ausstrecken die Hand. Er wußte aber nicht, daß er mit einem kunstgeübten Verfechter der Keuschheit rang, der ihren Angriffen sich in lobenswerther Weise entzog. „Denn er ließ“, heißt es, „seine Kleidung in ihren Händen, ergriff die Flucht und ging hinaus.“50 O Nacktheit, heiliger als Bekleidung! Wie groß ist nun die Wuth der ägyptischen Zuchtlosigkeit! Ihre eigene Vergehung bürdet sie dem Joseph auf, sie eilt zu ihrem Manne und sagt: „Du hast einen hebräischen Sklaven in unser Haus gebracht, damit er mit uns sein Gespötte treibe. Denn er sagte zu mir: Ich werde bei dir schlafen. Als ich aber meine Stimme erhob und zu schreien begann, ließ er mir seine Kleidung zurück und entfloh.“51

Wieder wird Joseph durch ein Kleid verleumdet. Seine Brüder hatten zuvor seinen Mantel genommen und hatten damit die boshafte Lüge verbreitet, daß ihn ein wildes Thier gefressen habe.52 Jetzt nimmt sie wieder den Mantel und verleumdet ihn, als wäre er unzüchtig. Es paßt auf Joseph das Wort des Herrn: „Sie theilten meine Kleider unter sich.“53 Doch welch’ gerechter Schutz wird von Gott dem Joseph zu Theil! Denn vor den Prüfungen ehrte er den Joseph nicht, sondern zeigte ihm in Träumen die Zukunft und belehrte ihn, daß er aus der Ferne den Gerechten ihre Herrlichkeit bereitet; er ließ aber durch die Versuchung den Jüngling erproben, um den Lästerern das Maul zu verstopfen. Denn wenn Joseph keine Probe bestanden hätte, würden die Lästerer gesagt haben, daß die Herrschaft über die Ägyptier einem blinden Zufall zu verdanken war. Joseph herrscht, und ein Sklave hat Macht über Ausländer. Durch was für eine Tugend hat er sich hervorgethan? Für was für eine Tugend wurde ihn Das zu Theil? Damit Das vom Gerechten nicht gesagt würde, läßt der Herr zuvor über ihn Versuchungen kommen, damit sie von diesem Gerechten Zeugniß gäben und den Lästerern den Mund verstopften. Weisen wir also die Geschoße zurück, die von einer unzüchtigen Gestalt gegen uns geschleudert werden. Verschließen wir vor unverschämtem Betragen unsere Augen! Über das Fleisch wache die Enthaltsamkeit, Reinigkeit wohne in unsern Gliedern, damit so unser Leib eine Wohnstätte des heiligen Geistes sei. Schreiben wir auf denselben die Inschrift, welche den Unzüchtigen die furchtbare Drohung zuruft: „Wenn Jemand den Tempel Gottes verdirbt, so wird Gott ihn verderben.“54

Aber er will von uns ganz und gar nicht geschieden sein. Denn was ist dem Vater angenehmer als mit seinen lieben Kindern umzugehen? Weil uns aber das Wort zu den Kämpfen der Frömmigkeit ruft, so müssen wir zu den geschlossenen Räumen der Kirche eilen und zum Gebete unsere Zuflucht nehmen. Übrigens ermahne ich euch, Geliebte, bewahret die Ordnung der Kirche, und wenn irgend welche Unruhen hereinbrechen, so überwindet sie durch Geduld und Sanftmuth. Denn bald werden diese Wirren ausgeglichen werden. Laßt euch nicht durch Gerüchte in Verwirrung setzen, nicht durch Possen in Aufregung bringen, sondern sendet mit uns, die wir euch auf dem Wege begleiten, Gebete zu Gott empor, damit wir durch euere Gebete gestärkt und durch göttliche Kraft gestützt zu jeder Zeit sagen können: „Ich vermag Alles in Christus, der mich stärkt.“55 Ihm sei Ruhm von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.Zweite Abtheilung: Festreden I. Rede auf die Geburt unsers Herrn Jesus Christus und die Ermordung der Kinder in Bethlehem durch Herodes.

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