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Aber wir sind weit von unserm Gegenstand abgeirrt und müssen in unserer Rede auf das im Evangelium erwähnte Bethlehem zurückkommen. Denn wenn wir in Wahrheit Hirten sind und über unsere Heerden wachen, so sind unbezweifelt an uns die Worte der Engel gerichtet, welche diese große Freude verkünden. Schauen wir also auf das himmlische Heer, schauen wir auf den jubelnden Chor der Engel, vernehmen wir ihren göttlichen Lobgesang! Welches ist ihr Ruf bei der Festfeier? Sie rufen: „Ehre sei Gott in der Höbe!“73 Warum verherrlicht die Stimme der Engel die Gottheit, die in der Höhe wahrgenommen wird? Weil, sagen sie, auch auf Erden Frieden ist. Mit großer Freude wurden die Engel über die Erscheinung erfüllt. Friede auf Erden! Sie, die Anfangs verflucht war und Dornen und Disteln trug, das Land des Krieges, der Verbannungsort der Verurtheilten, sie hat Frieden bekommen. O Wunder! „Die Wahrheit ist aus der Erde aufgegangen, und die Gerechtigkeit hat vom Himmel herabgeblickt.“74 Eine solche Frucht hat die Erde der Menschen aus sich hervorgetrieben. Und Dieß geschieht für den guten Willen der Menschen. Gott vermischt sich mit der menschlichen Natur, damit zur Höhe Gottes sich die Menschheit erhebe. Indem wir Dieß hören, laßt uns nach Bethlehem gehen, laßt uns das neue Schauspiel sehen, wie die Jungfrau sich über ihre Geburt erfreut, wie Die, welche keinen Mann kennt, ihr Kind pflegt.

Zuerst aber wollen wir, wer sie ist und woher, von Denen vernehmen, die über sie berichten. Ich habe also eine unterschobene Geschichte kennen gelernt, welche Folgendes von ihr erzählt.75 Ein durch genaue Gesetzeserfüllung ausgezeichneter und unter den Besten hervorragender Mann, der Vater der Jungfrau, alterte kinderlos, weil seine Ehegattin zur Kindererzeugung sich ihm nicht geeignet erwies. Es genoßen aber nach dem Gesetze die Mütter eine Ehre, die den Kinderlosen nicht zu Theil wurde. Auch Diese ahmt nun nach, was von der Mutter des Samuel erzählt wird. Sie begibt sich in das innerste Heiligthum und fleht zu Gott, sie möge des Segens des Gesetzes nicht verlustig gehen, da sie Nichts gegen das Gesetz gefehlt habe, und sie möge Mutter werden, dann würde sie das Kind Gott heiligen. Da fand sie bei Gott Erhörung und erlangte die erflehte Gnade. Als aber das Kind geboren war, nannte sie es Maria, um auch mit dem Namen das göttliche Gnadengeschenk anzudeuten. Als aber das Mädchen bereits herangewachsen war, so daß es nicht mehr gesäugt zu werden brauchte, beeilte sie sich, es Gott zu übergeben, das Versprechen zu erfüllen und es in den Tempel zu führen.

Die Priester aber hätten Anfangs nach dem Beispiel des Samuel das Kind unter den Heiligen auferzogen und, als es groß geworden war, bei sich berathen, was sie mit dem heiligen Körper anfangen sollten, ohne gegen Gott zu sündigen. Denn sie dem Gesetze der Natur zu unterwerfen und durch die Ehe der Herrschaft eines Mannes preiszugeben, mußte als ganz ungeeignet erscheinen. Denn man hätte es geradezu für einen Gottesraub gehalten, daß der Mensch über ein göttliches Weihgeschenk Herr würde, da der Mann nach dem Gesetze den Auftrag erhielt, über seine Ehegattin zu herrschen. Daß aber zugleich mit den Priestern ein Weib im Tempel sich aufhalte und im Heiligthum sich blicken lasse, war einerseits dem Gesetze nicht gemäß, und zugleich verstieß es anderseits gegen die Ehrbarkeit. Als sie hierüber zu Rathe gingen, wurde ihnen von Gott der Rath zu Theil, sie einem Manne unter dem Vorwand der Verlobung zu übergeben. Dieser aber müsse so beschaffen sein, daß er zur Bewachung ihrer Jungfrauschaft sich eigne. Es fand sich also Joseph, ein Mann, wie er dem Zwecke entsprach, aus der nämlichen Zunft und dem nämlichen Stamm wie die Jungfrau, und nahm nach dem Rathe der Priester das Mädchen zur Braut. Die Verbindung überschritt den Brautstand nicht.

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