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Dann wird die Jungfrau von Gabriel in den göttlichen Willen eingeweiht. Die Worte der Einweihung aber hatten einen herrlichen Inhalt. „Sei gegrüßt,“ sagt er, „du Gnadenvolle, der Herr ist mit dir.“76 Im Gegensatze zum ersten Worte, das an ein Weib erging, wird jetzt zur Jungfrau gesprochen. Jenes wurde zu den Geburtswehen wegen der Sünde verurtheilt, an dieser aber wird durch die Freude der Schmerz entfernt; an jenem gingen die Geburtsschmerzen vorher, bei dieser beseitigt die Freude den Geburtsschmerz. „Fürchte dich nicht!“77 sagt er. Während jedem Weibe die Erwartung der Geburt Furcht bereitet, wird durch die Verkündung der süßen Geburt die Furcht entfernt. „Du wirst empfangen und einen Sohn gebären und seinen Namen Jesus nennen; denn er wird sein Volk von seinen Sünden erlösen.“78 Was sagt nun Maria? Höre die Rede einer reinen Jungfrau! Der Engel bringt ihr die frohe Botschaft, daß sie gebären werde, und jene klammert sich an ihre Jungfrauschaft und schätzt ihre Unversehrtheit höher als die Verkündigung des Engels. Und sie kann weder dem Engel den Glauben versagen, noch auch wird sie ihrem Entschlusse untreu. Ich habe, sagt sie, dem Umgang mit einem Manne entsagt. „Wie wird mir Dieß zu Theil werden, da ich keinen Mann erkenne?“ Diese Worte Mariens sind ein Beweis für die unterschobene Darstellung. Denn wenn Joseph sie als Ehegattin angenommen, wie hätte es sie befremden können, wenn der Engel ihr verkündete, daß sie gebären werde, da auch sie nach dem Gesetze der Natur hoffen mußte, einmal Mutter zu werden? Aber da der Gott geweihte Leib wie eines von den heiligen Weihgeschenken unverletzt erhalten werden mußte, deßhalb sagt sie, ist es geradezu unmöglich, wenn du auch ein Engel bist und vom Himmel kommst und die Erscheinung eine überirdische ist, daß ich einen Mann erkenne. Wie werde ich Mutter sein ohne einen Mann? Denn den Joseph kenne ich zwar als meinen* Verlobten,* aber einen* Mann* erkenne ich nicht.

Was erwidert hierauf Gabriel, der an die Jungfrau abgesandt ist? Welches Ehebett zeigt er der reinen und unbefleckten Ehe? „Der heilige Geist“, sagt er, „wird über dich herabkommen, und die Kraft des Allerhöchsten wird dich überschatten.“79 O glückseliger Leib, der wegen des Übermaßes der Reinigkeit die Güter der Seele an sich gezogen hat! Denn bei allen Übrigen würde kaum eine reine* Seele* die Gegenwart des heiligen Geistes ertragen, hier aber wird der* Leib* ein Gefäß des Geistes. „Aber auch die Kraft des Höchsten wird dich überschatten.“ Was versteht hierunter das Wort in geheimnißvollen Ausdrücken? Daß Christus die Kraft Gottes und die Weisheit Gottes ist, wie der Apostel sagt. Die Kraft des höchsten Gottes also, welche Christus ist, nimmt durch die Herabkunft des heiligen Geistes in der Jungfrau Gestalt an. Denn wie der Schatten sich nach der Gestalt der Körper bildet, so werden die Gestalt und die Kennzeichen der Gottheit des Sohnes in der Kraft des Geboren durchscheinen, ein Bild, ein Abdruck, ein Schatten und Abglanz des Urbildes, und durch wunderbare Kraftäusserung an’s Licht treten.

Aber die Freudenbotschaft des Engels treibt uns an, in unserer Rede nach Bethlehem zurückzukehren und die Geheimnisse in der Höhle zu betrachten. Was ist das? Ein Kind, das in Windeln eingewickelt ist und in der Krippe liegt; und die nach der Geburt Jungfrau blieb, die unversehrte Mutter, ist um das Kind beschäftigt. Wollen wir wie die Hirten aussprechen die Worte des Propheten: „Wie wir gehört haben, so haben wir es gesehen in der Stadt des Herrn der Mächte, in der Stadt unseres Gottes.“80 Ist Dieß zufällig, wie es sich gerade traf, geschehen und von Christus berichtet worden, und ist im Bericht keine besondere Wahrheit verborgen? Wozu dient dem Herrn der Aufenthalt in der Höhle? wozu das Liegen in der Krippe? wozu, daß er zur Zeit der Aufschreibung der Abgaben in das Leben eintrat? Es ist offenbar, daß, wie er vom Fluche des Gesetzes uns befreit, indem er selbst für uns den Fluch hinnimmt und er auch unsere Wunden auf sich nimmt, damit wir durch seine Wunden geheilt werden,81 er sich so auch der Abgabe unterzieht, damit er uns von den bösen Banden befreie, denen die Menschheit preisgegeben war, indem sie dem Tode den Tribut zahlen mußte. Wenn du aber die Höhle siehst, in welcher der Herr geboren wird, so denke an das dunkle und unterirdische Leben der Menschen, in welchem er geboren wird und Denen erscheint, die in der Finsterniß und im Schatten des Todes sitzen. In Windeln aber wird Der gehüllt, welcher die Bande unserer Sünden sich anlegen läßt. Die Krippe aber, in welcher das Wort geboren wird, ist der Wohnort der Thiere, „damit der Ochs seinen Eigenthümer und der Esel die Krippe seines Herrn erkenne.“82 Der Ochs ist Der, welcher an das Gesetz gespannt ist; der Esel ist das lasttragende Thier, das beladen ist mit der Sünde des Götzendienstes. Aber die den Thieren entsprechende Lebensnahrung ist Gras. Denn der Prophet sagt: �Der das Gras wachsen läßt für das Vieh.83 Das vernünftige Geschöpf lebt vom Brode. Deßhalb wird nun in der Krippe, welche der Herd der Thiere ist, das vom Himmel herabgekommene Brod des Lebens vorgesetzt, damit auch die unvernünftigen Thiere an der vernünftigen Nahrung Theil nehmen und vernünftig leben. Es liegt also in der Krippe mitten zwischen Ochs und Esel der Herr beider, damit er die Zwischenwand zerstöre84 und beide in sich zu einem neuen Menschen erschaffe, indem er dem einen das schwere Joch des Gesetzes abnimmt, den anderen von der Last des Götzendienstes befreit.

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