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Nicht nur in Deutschland, sondern auch in den meisten anderen europäischen Ländern kam es in letzter Zeit zum vermehrten Widerstand gegen die Vorstellungen linker und liberaler Eliten. Ja, sogar auf globaler Ebene konstatiert man – meist in abwertender Absicht – „populistische“ Strömungen. Deren gemeinsamer Nenner dürfte in erster Linie darin bestehen, breiteren Schichten der Bevölkerung mehr politische Mitbestimmung zu ermöglichen oder dies zumindest zu fordern. Die häufig propagandistische Intention bei der Wortwahl „Populismus“ kann man schon daran ermessen, dass diese Bezeichnung vor rund einer Dekade noch fast ausschließlich politologische Fachdiskurse beherrschte10, während sie nun in aller Munde ist11. Die Definition von „Populismus“ ist allerdings schwierig. Meist unterstellen Vertreter der politisch korrekten Mehrheitsmeinung ihren Opponenten, diese gingen von einem einheitlichen Volkswillen aus, den aber nur jene selbst zu bestimmen in der Lage seien. Diese Ansicht lässt sich aber kaum verifizieren. Keine relevante Kraft innerhalb des „populistischen“ Lagers vertritt solche homogenisierenden Vorstellungen. Weiter wird behauptet, Populisten verkürzten komplexe Problemlagen und gäben einfache Antworten. Wenn man andere Vorstellungen von der Wirklichkeit besitzt, bedeutet das freilich noch keine Verkürzung. Die Verminderung des Zustromes von illegalen Migranten nach Italien zeigt, dass die Politik doch Regelungskompetenz auch in diesen Fragen besitzt, sie jedoch nutzen muss und nicht zerreden darf. Die Behauptung der deutschen Bundeskanzlerin, die eigenen Grenzen könnten gar nicht geschützt werden, darf daher als falsch und widerlegt gelten.

Beobachtet man die Debatten der letzten Jahre, so findet man immer wieder Belege für die Haltung, dass alle Gegner und Feinde des linken wie liberalen Establishments als Populisten gebrandmarkt werden sollen und tatsächlich auch werden. Unschwer ist freilich die Heterogenität der Kritisierten zu erkennen: Während der französische Rassemblement National für stärkere Eingriffe des Staates in die Wirtschaft plädiert, besitzt die AfD einen wirtschaftsliberalen Flügel um Jörg Meuthen, der sich unter anderem für eine kapitalgedeckte Rente einsetzt. Brexit-Befürworter wie Nigel Farage und Boris Johnson haben wenig gemeinsam mit der Administration Donald Trumps – außer dass sie stärker auf die eigene nationale Identität und Souveränität setzen, als das bei Vertretern der politischen Elite üblicherweise der Fall ist.

Da unter Populismus in Europa meist Rechte subsumiert werden – anders als in Südamerika, wo es stets starke linkspopulistische Strömungen gegeben hat und gibt –, existieren durchaus Felder, die verbindend wirken. Dazu zählen Ansichten zur Migrationsproblematik. Weil die ausufernde Einwanderung, die auch noch nach 2015/16 höher ist als vor dieser Zäsur, eine Belastung für alle europäischen Länder sowohl in rechts- wie sozialstaatlicher Hinsicht darstellt, sprechen sich sämtliche rechtskonservativen Kräfte in Europa für eine Einschränkung der Migration aus. Dieses Ziel ist in manchen Staaten wie Italien und Ungarn wichtiger Teil des Regierungshandelns. Allein die hohen staatlichen Zahlungen, die durch ungehinderte Einwanderung notwendig werden, etwa unabdingbare Sozialbeihilfen für Neuankömmlinge und Kriminalitätsfolgekosten, rechtfertigen eine strengere Kontrolle an den Grenzen. Die vielfältigen Folgen der Bevölkerungsneustrukturierung sind heute allenfalls zu erahnen.

Einer der wesentlichen Gründe für die Entstehung des Phänomens des Populismus ist die Ausgrenzung eines nicht geringen Teils der Bevölkerung aus politischen Entscheidungsprozessen. Viele Menschen fühlen sich von keiner der etablierten Parteien, die sich ohnehin in Programmatik und politischem Stil stark angeglichen haben, vertreten und suchen nach für sie geeigneteren Repräsentanten. Naheliegenderweise hat man daher das Problem einer „Repräsentationslücke“ (Werner Patzelt) wahrgenommen und erörtert. An einem Beispiel sei dies erklärt: Wer eine Politik der offenen Grenzen wünschte, hatte bei der Bundestagswahl 2017 etliche Optionen; wer hingegen für eine restriktivere Migrationspolitik optieren wollte, dem blieb außerhalb Bayerns nur die AfD. Angela Merkel hat zuletzt im sogenannten „Grenzstreit“ im Sommer 2018 deutlich klargestellt, dass für sie in diesem Fall die europäische Solidarität über Recht und Gesetz steht. Die Gefahren einer Überforderung Deutschlands waren ihr nie eine Diskussion wert.

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