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Ihr eigentlicher Fokus liegt aber auf dem Leben der zeitgenössischen Frauen, zumal das der alleinlebenden: »Die Junggesellin scheint immer mehr das menschliche Ideal zu verkörpern. Sie verbindet die männliche sachliche Leistung mit der weiblichen. Sie gründet ein Heim, wo zwanglos, nicht gestört durch einen Gatten, dem nicht alle passen und der nicht allen passt, sich eine geistreiche Geselligkeit entfalten kann.« So in »Berufsfrau – Hausfrau« (BT, 23.10.1928). 1922 beobachtet sie in der »Vossischen Zeitung« das beginnende Ende der Nachkriegsfrivolität und Wiederkehr der Moral in »Batist, Kaschmirschals und Moral« (VZ, 13.5.1922), 1923 ironisiert sie im »Tage-Buch« romantische Illusionen. Das beginnt: »Es gibt erfolgreich und erfolglos Liebende. Letztere heiraten.« Und endet: »Also gilt es vom Leben nicht Zobelmäntel, Männer, die im Hauptberuf Liebhaber und im Nebenberuf Industriekapitäne, Yachten, Hummern und Verruchtheit zu verlangen, sondern den reinlichen Tisch und den Mann, der zwölf Stunden schuftet, damit die Frau es erträglich hat, höher zu werten. Es gilt: sich zur Margarine zu bekennen, statt der Butter nachzujammern.«12 Sie argumentiert stets von den materiellen Bedingungen her. So in »Kleine Diskussion« (BT, 17.8.1928), wo sie Alfred Polgar gegen Anwürfe von Helene Stöcker verteidigt: »Der ganze Komplex sozialer Ursachen verhindert die Eheschliessung. Die Eltern geben ihren Kindern nichts mehr mit. Im Gegenteil, die Jungen müssen für die Alten sorgen.« Und: »Hinzu kommt, dass in den meisten Fällen die unpersönliche Berufsarbeit die Ansprüche an Lebenswärme nicht zu befriedigen vermag.« Ihr Fazit: »Die Phrase von der Gleichberechtigung ist der barste Blödsinn. Die Frauen allein haben ihre Leiden, die Mühe Kinder zu tragen und aufzuziehen oder die grössere Qual, sie wegzubringen. Sie allein stellen ihre Gesundheit aufs Spiel und damit die ganze erkämpfte Freiheit und materielle Unabhängigkeit innerhalb und ausserhalb der Ehe.« Die Frau als das im Grunde stärkere Geschlecht ist auch der Tenor des Feuilletons »Von der Gerechtigkeit« (BT, 13.6.1929). Darin ironisiert sie die Zuschreibung der Geschlechtereigenschaften schwach und stark: »Die Männer sind eben mal die höher konstruierten. Sie haben die feinere Seele und das keuschere Herz. So leiden, wie ein Mann leidet, der schweigen muss und sich nicht aussprechen kann, kann gar keine Frau leiden, so’n Mädchen ist doch getröstet, wenn sie ein neues Frühlingskostüm bekommt.« Ein Bericht über einen Club berufstätiger Frauen, die »Sorores Optimae« (BT, 22.1.1930), feiert die Freundschaft unter Frauen als neue Errungenschaft: »Die Männer sind die gleichen geblieben, haben Konflikte, Gefahren und Ängste und Arbeit, sie legen Grundsteine, eröffnen Ausstellungen, machen Transaktionen, Pleite und gewaltige Erfindungen, geändert hat sich überall in allen Ländern der Menschheit anderer Teil, die Frau.«

TEXT + KRITIK 228 - Gabriele Tergit

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