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christlich-jüdisch

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Die Rolle der »christlich-jüdischen Tradition« bei der kolportierten Notwendigkeit, das Abendland gegen die Islamisierung zu verteidigen, erscheint wie ein Phantomschmerz. Denn das sächsische Geburtsland von Pegida ist wie andere ostdeutsche Bundesländer für die Konfessionslosigkeit seiner Einwohner bekannt. Manche würden auch behaupten, dass es Antisemiten dort leichter haben als Juden. Vielleicht deshalb strengt sich die Evangelische Kirche in Sachsen nun an, dem Phantom eine pegida-gerechte Gestalt zu geben. So profilierte sich der Landesbischof Carsten Rentzing vor seiner Ernennung mit homophoben Aussagen. Und für den ob seiner DDR-Opposition bekannten ehemaligen Pfarrer Theo Lehmann drückt sich in dieser Haltung der auch in Kirchensachen bewundernswerte »sächsische Weg« aus. Diesen ebnet er für die Spaziergänge von Pegida, an denen er teilnimmt, um seine Kritik am Islam als »antichristliche Religion« zu demonstrieren.

Tatsächlich meint die christlich-jüdische Tradition gerade nicht die christlichen Kirchen. Erfunden haben ihn Vertreter meist aus dem Lager der Unionsparteien zu Hochzeiten der Leitkultur- und Integrationsdebatten (die dabei den schon zuvor umstrittenen Begriff einer jüdisch-christlichen Tradition noch verkehrten, um ihre Prioritäten zu verdeutlichen). Meist in Verbindung mit Aufklärung gebraucht, dient das Konstrukt einer vermeintlich aufgeklärten Variante des antimuslimischen Rassismus. Und die geht so: »Unser« Rechtsstaat und seine freiheitlichen Grundwerte in »unserem« Grundgesetz wie die Gleichstellung der Geschlechter, Freiheit der Kunst, Meinungsoder Religionsfreiheit seien das Ergebnis besagter Tradition (übrigens auch die sexuelle Freiheit). Denn im Gegensatz zum Islam mit seinen »kriegerisch-arabischen Ursprüngen« hätte diese erst die Aufklärung ermöglicht. Einige Tatsachen wurden allerdings unter den Stammtisch fallen gelassen: zum Beispiel, dass Christentum und Judentum die längste Zeit vor allem durch Glaubenskriege und Antisemitismus »verbunden« waren und − ach ja − die Shoah als dialektische »Kleinigkeit« der westlichen »Zivilisation« auch etwas mit diesem Verhältnis zu tun hat. Schließlich verdrehen die Apologeten des christlich-jüdischen Abendlands den einfachen Umstand, dass die von ihnen gefeierten Freiheiten gegen die Kirchen erkämpft wurden.

Bei so viel kaschiertem Horror fällt nicht auf, dass mit diesem Bezug das Kunststück gelingt, Muslimen selbst gegenüber intolerant sein zu dürfen − mit dem Verweis auf ihre angebliche kulturell-religiös bedingte Unfähigkeit zu Toleranz und Freiheit. Einige Kirchenvertreter und andere Konservative haben mittlerweile gelernt, zumindest für den Moment einen liberalen Umgang mit den Blüten aufgeklärter Gesellschaften zu suggerieren und zum Beispiel Schwule und Lesben einzubeziehen, damit diese Rechnung gegen den Islam aufgeht. Bei den Homophoben von AfD, Pegida und sächsischer Kirche allerdings ist man selbst für diesen Kniff zu blöd. [mr]

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