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D-Mark

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Der Geldfetisch ist in kapitalistischen Verhältnissen keine abnorme Vorliebe, sondern deren Grundlage. Er ist Ausdrucksmittel des Tauschwerts. Einen besonderen Fetisch beten die Besorgten wie viele andere Deutsche in der D-Mark an. Wenige Währungen sind symbolisch derart aufgeladen. Im Westen gilt die Deutsche Mark, ab 1948 Zahlungsmittel, als Zeichen von Wirtschaftswunder und nationaler Stärke. Die Rede von der harten Westmark bestimmte bald die Ereignisse von 89: »Kommt die D-Mark, bleiben wir, kommt sie nicht, geh’n wir zu ihr!« führten Demonstranten auf Transparenten mit. So wurde sie auch zum Symbol für die Wiedervereinigung. Den späteren Bezahlvorgang mit dem Euro empfanden hingegen viele als Schmach.

Bis heute wird der 1999 eingeführte Euro − die D-Mark war bis Dezember 2001 als Bargeld im Umlauf − als »Teuro« wahrgenommen. Tatsächlich führte die Währungsreform zunächst zur Verteuerung, auch weil Unternehmen die Umrechnung mit großzügigem Aufrunden zur Preissteigerung nutzten. Auf lange Sicht gebe es aber nur eine gefühlte Inflation, versicherte die Mehrheit der Ökonomen. Geholfen hat das nichts. Laut einer Umfrage der GfK-Marktforscher anno 2016 sollen noch 45 Prozent aller Deutschen bei Kaufentscheidungen in D-Mark umrechnen.

Nostalgie und Nationalismus: Euro und D-Mark sind auf Besorgtendemos gern gezeigte Insignien mit gegensätzlicher Symbolkraft. Der eine steht nicht nur für eine vermeintlich schwache Währung, sondern für den gesamten politischen Apparat der Europäischen Union. Die Mark erinnert an imaginierte bessere Zeiten und strahlt zugleich die Hoffnung aus, mit der D-Mark-Rückkehr würden solche wieder anbrechen. [tp]

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