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MICHI – NIMM DIES!

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F. W. Bernstein

Wurzel Burston – Diesen Mann kenne ich nicht. Michael Rudolf: Shut Up And Play Your Guitar!

– 444 Rockgitarristen von Ritchie Blackmore bis Frank Zappa

Ein großer Kenner ist er, der Michi Rudolf, und ein noch größerer Benenner. Pilze, Biere und Rockgitarristen kennt und nennt er alle. (Bis auf s. o.!)

Michi – Du hast sie uns vorgestellt in voluminösen Bänden; und hast fürs Bier etwa eine eigene treffende und treffliche Sprache erschaffen, die mehr sagt und singt als die haltlose Lyrik der Weinkenner.

Mit Deinen eigenen Spezereien will ich Dich salben. Was Du übers Köstritzer Schwarzbier schreibst, gilt auch für Deine Texte: »[…] dürfen Sie getrost im Stehen trinken, da verneigt sich’s leichter vor formvollendeter Braukunst.«

»Malzig, rezent, optimal gehopft« klingt mir auch Deine Schreibkunst; und grad weil ich nix weiß über Bier, Pilze und Rockgitarristen, zieh’ ich im Stehen tief den Hut. Michi!

Michi kann seinen Stoff adeln. Aber wie konnt’ er auch tadeln! »[…] da gefällt sich eine amorphe Aromamasse in Tummeln und Toben. Tölpelhaft und hyperpasteurisiert, ein Hauch von Jauche, nö, eine ganze Bö […]«. Trinken sollte man solche Brühe sicher nicht – aber lesen! (Alles aus dem älteren Bierbuch 1516 Biere von 1999.)

Bei der Gelegenheit meine Legitimation: Mir hat Michael Rudolf in seinem Verlag Weisser Stein in Greiz meinen ersten und besten Band mit Zeichnungen gemacht, Anfang der neunziger Jahre; längst vergriffen: Der Blechbläser und sein Kind.

Dieter Steinmann hat als Hg. mitgemacht; und das Foto, wo wir drei die Köpfe im Fotoautomat zusammenstecken, bis es blitzt, find’ ich nimmer. Wo waren wir stehengeblieben?

Wir kommen zu den Rockern. »Cliff Gallup – Ganz wichtig, ganz wichtig.« Aber »Tony Fredianelli – Rumms. Kliwifff. Schschschsch. Ratatatat. Poch. Schepper. Rawummmmmmm. Fttttftftft. Hmhm. Ping. Ticktackticktack. Rumms. So in etwa. Platten heißen dann origineller- und überflüssigerweise Breakneck Speed (1993). Beste Mike-Varney-Klippschule eben.«

Verständlicher? Bitteschön: »John Fogerty – Jahrzehntelang wurde in dieser Republik kein Lagerfeuer ausgepinkelt, bevor nicht wenigstens zehn Lieder der Creedence Clearwater Revival (Peter Handkes Lieblingsband) von den untalentiertesten, aufdringlichsten Arschgesichtern aus der Parallelklasse auf verbogenen und verzogenen, vom Eigenejakulat verquollenen ›Klampfen‹ (allein dieses Wort ist eine rechtserhebliche Tatsache!) runtergerissen waren und nun selbst die Petra, die Christiane und die Moni nicht mehr nein sagen wollten, nur damit Ruhe ist. […] Ich kriege jetzt noch Pickel.«

Aber auch hier weiß Michi, wo Gott wohnt. Lesen Sie nach S. 109, Rory Gallagher. Zweieinhalb Seiten. Die Gitarre erzählt: »Ich bin nur eine einfache Fender Stratocaster […]. Es war der Gitarrenbund fürs Leben.«

Elvis Presley fehlt unter diesen Heiligenbiographien. Er findet sich auch nicht unter den Pilzen. Hexenei und Krötenstuhl – Ein wunderbarer Pilzführer. Michi, der Herr der …linge! Tantelfintling, Maronenröhrling, Samtfußrübling, Violetter Rötelritterling, Pfifferling … Hören Sie das Intro zum Kapitel »Makrokosmos Märzmulch«. Thema sollte eigentlich sein der »Frühlingsweichritterling, Melanoleuca cognata«. Und schon wird aus dem Kenner und Benenner Michi der Bekenner: »Vor vielen Jahren faßte ich zu einem sanften Fräuleinwunder tiefe und feste Zuneigung. Das Entwerfen von Zähnen erlernte sie damals. Sie war von geradem Wuchs, ihr Wesen klar wie das Herbstwasser. Der Klang ihrer Stimme umschmeichelte die Erde, und ihr ebenmäßiges Antlitz beschämte alle Blumen. Alle. Mein Herz geriet ganz außer mir, und mein Innerstes kam in heillose Erregung. Aber strenggenommen geht Sie das überhaupt nichts an.«

Gut – dann aber der Höhepunkt des Pilzbuches, drei Seiten »Audienz beim König«:

»Steinpilz, Boletus edulis. Unglaublich, aber wahr: Mir wurde Audienz gewährt. Nicht irgendein Stein-/Herrenpilz, nein, ›The king of the Woods‹ ließ sich höchstpersönlich herab. […] Und jetzt sehe ich ihn auch: le Jardin du Roi – der Garten des Königs. Eine Miniaturlichtung, wo zwei Fichten vorzeitig den Kampf gegen ihren Selbsterhaltungstrieb gewonnen hatten. Viermal vier Meter dürften das sein. Der Nadelteppich wird von weichen Moospolstern abgelöst. Grashalme zittern nervös im erstbesten Lufthauch, der hierher findet. Die Sonne hat ihren neuesten Farbkasten ausgepackt und hantiert verschwenderisch auf diesem Areal. Wo ein alter Stumpf des vormaligen Hochwaldes gemächlich zerbröselt, auf dem Wurzelstockpodest ist der Thron als Bühne hergerichtet. Da! Wow! Die Sommersonne richtet ihre Scheinwerfer auf IHN und läßt Seine Majestät im golden strahlenden Ornat erscheinen. Flankiert von vier furchteinflößenden Fliegenpilzwächtern. Unzählige als Pfefferröhrlinge kostümierte Lakaien tun wichtig. Er ist es wirklich. Dreißig, Quatsch!, vierzig Zentimeter hoch.«



Arbeit an »Der Blechbläser und sein Kind«, Greiz, 1993.



Dieter Steinmann, Michael Rudolf, F. W. Bernstein.

Eine festliche Zeremonie wird inszeniert, daß es nur so eine Art hat. Und versteckt noch ein neuerliches Bekenntnis: »Am neugierigsten hätte alle die Erwähnung meines Kindes gemacht. Ein Mädchen? Solle ich unbedingt mitbringen.«

Eva, die Tochter. Vorher: das ist Ina Fräuleinwunder.

Ina und Eva: Macht’s gut! Ich grüß’ Euch!


Eva und Michael Rudolf, 1994.


Michael und Ina Rudolf, 2004.

Der Mann mit den 999 Gesichtern

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