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VI. Fazit

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Überblickt man den Nachlass Cullmanns, so rücken mit Sicherheit die be­kannten, grossen Themen ins Blickfeld, die auch in Zukunft wichtige Be­rei­che der vertiefenden Erforschung bleiben sollten: die Rolle Cullmanns wäh­rend des Konzils, das Konzept der Einheit durch Vielfalt, der neutesta­ment­liche Exeget und Theologe oder das Konzept einer biblischen Heilsgeschich­te. Daneben aber tauchen weitere Themenbereiche auf, die mit der besonde­ren Signatur des Nachlasses zu tun haben, in der sich letztlich die Per­sönlichkeit Cullmanns – wenn auch gebrochen – spiegelt. Ich nenne ab­schlies­send drei Elemente, die dem Nachlass seine spezifische Kontur ver­leihen:

(1) Der Nachlass ist gekennzeichnet durch Vielsprachigkeit. Cullmann verfasste Buchmanuskripte in Französisch und Deutsch, schrieb Vorträge zu­weilen auch in Englisch und trug ausserdem in Italienisch vor. Cullmann leb­te in verschiedenen Kulturen. In Strassburg und Basel unterrichtete er, später lehrte er ausser in Basel auch in Paris und Rom und war schliesslich Gast­pro­fessor in den USA, in Deutschland und als Emeritus auch in Jerusalem. Zu Recht wurde Cullmann «ein Mittler zwischen verschiedenen Kulturen» ge­nannt.125

(2) Mit dieser interkulturellen Prägung hängt die weltweite Vernetzung mit Kol­legen, Geistlichen und weiteren Persönlichkeiten aus Universität, Kir­che und Gesell­schaft sowie mit Freunden und Schülern zusammen. Diesen Umstand dokumentiert die ausgreifende Korrespondenz, aber auch die Art, wie sich Cullmann als Wissen­schaftler selbst verstand. Er strebte das Ge­spräch an und war auch nicht abgeneigt, einen polemischen Disput zu füh­ren, wo er es für notwendig hielt. Das zeigen auch die vielfältigen Reaktionen und Rezensionen, die den Publikationen beschieden waren.

(3) Cullmann dachte über die eigene Fachdisziplin hinaus. Selbstver­ständlich verstand er sich als Neutestamentler, ging in seinen wissenschaft­lichen Bemühungen immer wieder von der Exegese der biblischen Texte aus, schlug dann aber den Bogen über die Kirchengeschichte weiter zur syste­matischen |39| Theologie. Damit hängt auch zusammen, dass er über die eigene Konfession hinausblicken und die Vertreter der römischen Kirche respektie­ren konnte, was wiederum auf die interkulturelle Prägung und die Dialog­fähigkeit verweist.

Weil Cullmann den Dialog über sprachliche, fachliche und konfes­sionelle Grenzen hinaus suchte und auf unterschiedlichen Ebenen pflegte, in der Korrespondenz, der Lehre an der Universität, in den Ansprachen und Vor­trägen an eine engere oder breitere Öffentlichkeit, den Publikationen in Zeit­schriften oder Monographien und nicht zuletzt in persönlichen Gesprä­chen, erhält der Nachlass diese weite und komplexe Anlage. Die Erforschung des Nachlasses stellt daher auch erhöhte Anforderungen, denn der Überblick über das Ganze und die Vernetzung im Einzelnen liegen nicht einfach auf der Hand. Trotzdem lockt ein vielfältiges, gehaltvolles und gut geordnetes Archiv zu Erkundungsgängen, die mit faszinierenden Einblicken in die Ge­schichte von Theologie und Wissenschaft, von Universitäten und Kirchen, Konfessionen und Ökumene sowie von Gesellschaft und Politik über nahezu das ganze 20. Jahr­hundert belohnen. |40|

Zehn Jahre nach Oscar Cullmanns Tod: Rückblick und Ausblick

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