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Rabe verliert seine Nase

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Die Menschen hatten Angelleinen ausgeworfen, konnten jedoch keinen Fisch fangen. Ihre Köder, ja selbst ihre Haken und Leinen verschwanden. Eines Nachts hielten einige von ihnen Wache und behielten die Leinen in den Händen. Einer von ihnen fühlte eine Bewegung, riss an seiner Leine und erwischte Rabe bei der Nase, denn er war es, der all die Köder aufgegessen hatte. Die Fischer zogen die Leine so schnell ins Kanu, dass Rabe keine Zeit blieb, seine Nase zu befreien. Da er sich aber nicht fangen lassen wollte, zog er in die Gegenrichtung und riss sich die Nase ab. Die Leute stellten fest, dass sie eine Nase gefangen hatten, wussten aber nicht, zu wem sie gehörte. Sie brachten die Nase in ihr Dorf und gaben sie einem ihrer Häuptlinge, der ein weiser und reicher Mann war. Alle kamen zu seinem Haus, um die Nase anzuschauen, aber niemand erkannte sie.

Anstelle seiner Nase nahm Rabe einen Klumpen Pech, formte und färbte ihn. Dann ging er, seinen Hut tief ins Gesicht gezogen, ins Dorf. Er betrat das erste Haus. Die Leute sagten: »Du bist ein Fremder.« Er antwortete: »Ja, ich komme von einem anderen Ort.« Sie fragten ihn, aus welchem Land er käme und warum er gekommen sei. Er antwortete: »Oh, ich bin aus einem fernen Land gekommen, weil ich etwas gehört habe.« Sie fragten ihn, was er gehört habe. »Ich hörte, ihr habt etwas gefangen.« Sie antworteten: »Ja.« Er sagte: »Ich hörte, es ist ein sehr seltsamer Gegenstand. Ich will ihn sehen. Ich bin weit gereist, um dieses seltsame Ding zu sehen.« Sie wiesen ihn zum nächsten Haus. Auf diese Weise ging er durch alle Häuser, stellte dieselben Fragen und erhielt dieselben Antworten. Schließlich betrat er das Haus des Häuptlings. Dort hatten sich viele Menschen versammelt. Der Häuptling zeigte ihm die Nase und fragte ihn, ob er sie wiedererkennen würde. Rabe nahm sie in die Hand und untersuchte sie sehr lange und gründlich, während er zugleich seine Verwunderung über dieses seltsame Ding beteuerte. Als ein Moment kam, in dem die Leute abgelenkt waren, flog er mit der Nase durch das Rauchloch hinaus, setzte sich auf die obersten Zweige eines Baums und befestigte sie wieder an seinem Körper. Deshalb trägt die Nase des Raben heute ein Muster, als sei sie abgebrochen gewesen.

Kanadische Erzählungen: Geschichten vom weiten Norden und ewigen Eis

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