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Heimat ist ein geradezu allgegenwärtiger Begriff mit vielen Bedeutungen vom variantenreichen Bestandteil in germanischen Orts- und Flurnamen über die Heimatkunde als Schulfach bis hin zu den florierenden Heimat-Krimis oder zur Verkitschung des Regional-Heimatlichen in der Werbeindustrie. Gleichzeitig verweigert sich Heimat, die nur schwer auf einen Begriff zu bringen ist, einer eindeutigen und fixen Definition. Zwar zeugt die Rede von Heimat als einem typisch deutschen, wenn nicht sogar als einem auf das Deutsche beschränkten Begriff, gleichermaßen von Unwissenheit wie von nationsfixierter Borniertheit. Doch lässt sich nicht von der Hand weisen, dass Heimat als Begriff und Konzept einen besonderen Platz in der historisch-politischen Sprache Deutschlands einnimmt.1 Denn Heimat war eben niemals nur eine Orts- oder Herkunftsbezeichnung, sondern wird mit zusätzlichen Bedeutungsinhalten gefüllt. Während wir aufgrund der historischen Wirkmächtigkeit geradezu automatisch eine völkisch-national aufgeladene Heimat-Definition assoziieren, existieren durchaus alternative Heimat-Vorstellungen: In der Arbeiterbewegung des 19. und frühen 20. Jahrhundert kursierte ein von räumlicher Begrenzung befreiter und auf Solidarität beruhender Heimatbegriff,2 Ernst Bloch präferierte eine humanistische Idee von Heimat als eine in die Kindheit scheinende Utopie,3 auch emanzipatorisch gesinnte Kritiker der Wachstums- und Konsumgesellschaft arbeiten seit den 1970er-Jahren an einem gleichermaßen ökologischen wie inklusiven Heimatbegriff.4 Der Soziologe Hartmut Rosa wiederum verknüpft Heimat mit seiner Resonanztheorie und sieht in der Suche nach Heimat ein Grundbedürfnis nach »Anverwandlung« in der Welt, das auch im Politischen seinen Widerhall finden sollte.5 Und in der politischen Sphäre dominieren mittlerweile (scheinbar unpolitische) Heimatbegriffe, die sich auf einen viel zitierten Gedanken Johann Gottfried Herders beziehen, dass Heimat der Ort sei, an dem man sich nicht erklären müsse. Schon allein diese Offenheit und Vieldeutigkeit macht Heimat durchaus anfällig für absichtsvollen Missbrauch, was die Darstellung der unterschiedlichen Facetten, damit auch alternativen Möglichkeiten des Heimatbegriffes als umso wichtiger erscheinen lässt.6 Insofern erscheint es geradezu fahrlässig, den Heimatbegriff von vornherein zu einem »bis ins Innerste vergifteten Begriff«, dem eine »strukturell völkische Dimension« eignet, zu verengen und dem entsprechend aus dem politischen Vokabular und Gedankenarsenal tilgen zu wollen.7

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