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Das Fake News Label

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Inzwischen ist der Begriff Fake News zu einem negativ aufgeladenen Schlagwort geworden, das an die Zunahme von Falschinformationen in einem digitalisierten und fragmentierten Informationsumfeld erinnert. Gleichzeitig hat die damit verbundene Negativität den Begriff jedoch zu einer mächtigen Waffe für eine Reihe politischer AkteurInnen gemacht, die ihn nun benutzen, um etablierte Nachrichtenmedien, welche kritisch über ihre Politik berichten, zu diskreditieren. Oftmals wird der Begriff im Zusammenhang mit vermeintlich politisch verzerrter und unfairer Berichterstattung verwendet (engl. »media bias«). Somit ist Fake News zu einem Teil politischer Instrumentalisierungsstrategien geworden mit dem Ziel, das öffentliche Vertrauen in institutionelle Nachrichtenmedien als zentrale Bestandteile demokratischer politischer Systeme zu untergraben. Als politisches Instrument stellt das Fake News-Label Nachrichtenmedien als Institutionen dar, die bewusst Desinformation, mit der Absicht der Täuschung, verbreiten.8

Vorwürfe gegen vermeintlich ideologisch gefärbte Berichterstattung von PolitikerInnen sind kein neues Phänomen und gelten in der Kommunikationswissenschaft schon lange als Untersuchungsobjekt. So konnten Studien zeigen, dass Medienkritik von politischen Eliten dazu führen kann, dass die Bevölkerung Medienberichterstattung als politisch verzerrt9 und weniger vertrauenswürdig10 wahrnimmt. PolitikerInnen nutzen Medienkritik besonders dann als Strategie, wenn sie sich mit negativer Berichterstattung über ihre Person oder ihre Handlungen konfrontiert sehen.11 Allerdings ist das Ausmaß, in dem dies nach dem Aufkommen der Fake News-Terminologie geschieht, beispiellos und hat unter anderem die Vereinten Nationen dazu veranlasst, ihre Sorgen darüber zu erklären:

»Wir sind beunruhigt über Fälle, in denen Behörden die Medien verunglimpfen, einschüchtern und bedrohen, u. a. durch die Behauptung, die Medien seien ›die Opposition‹ oder ›lügen‹ und hätten eine versteckte politische Agenda, was das Risiko von Drohungen und Gewalt gegen Journalisten erhöht, das öffentliche Vertrauen in den Journalismus als Wächter der Öffentlichkeit untergräbt und die Öffentlichkeit in die Irre führen kann, indem die Grenzen zwischen Desinformation und Medienprodukten, die unabhängig nachprüfbare Fakten enthalten, verwischen.« 12

Darüber hinaus ist es wichtig zu verstehen, dass Nachrichtenmedien mit dem Fake News-Vorwurf nicht nur der ideologisch voreingenommenen oder sachlich falschen Berichterstattung beschuldigt werden, sondern dass ihnen eine absichtliche Täuschung vorgeworfen wird. Somit wird die journalistische Autorität (also das Recht angehört zu werden)13 und Legitimität bestritten. Selbstverständlich haben PolitikerInnen jegliches Recht, unzureichende mediale Berichterstattung zu kritisieren. In der Tat hat Medienkritik – in ihrem Idealzustand – eine wichtige demokratische Funktion, da sie dazu dient, die Qualität der Medien zu bewerten und zu kontrollieren, ob die Medien ihrer Rolle in demokratischen Gesellschaften gerecht werden.14 In diesem Sinne sollte Medienkritik stets eine Verbesserung des Journalismus anstreben. Um dies zu gewährleisten, sollten KritikerInnen einerseits explizite Argumente hervorbringen, die darlegen, inwiefern journalistische Berichterstattung oder Arbeitsweisen fehlerhaft sind beziehungsweise welche journalistischen Normen verletzt wurden. Andererseits sollte Medienkritik unhöfliche Sprache vermeiden,15 da der Hauptzweck von Unhöflichkeit darin besteht, andere davon abzuhalten, ihre Meinung offen zu äußern, und somit eine offene und produktive Debatte behindert wird.16 Das Fake News-Label wird jedoch in den meisten Fällen ohne Erklärungen, warum die beschuldigte Medienberichterstattung ungenau oder voreingenommen ist, verwendet. Darüber hinaus ist die Behauptung, mediale Berichterstattung sei nicht nur »falsch«, sondern »fake« (also »gefälscht« beziehungsweise »unecht«) unnötig unhöflich. Etwas als »gefälscht« zu bezeichnen negiert seine Funktion und impliziert, dass sein einziger Zweck darin besteht zu täuschen.17 Wie zuvor erläutert, plädieren viele WissenschaftlerInnen daher dafür, den Fake News-Begriff nur für Inhalte zu verwenden, bei welchen die Absicht zu täuschen nachgewiesen werden kann.

In den meisten Fällen ist das Fake News-Label daher nicht als konstruktive Medienkritik anzusehen, sondern als ein Versuch, Medien als zentrale Institutionen in Demokratien zu delegitimieren.18 Solche Fake News-Vorwürfe sowie andere delegitimierende Arten der Medienkritik werden insbesondere von populistischen AkteurInnen hervorgebracht. Eines der Kernattribute des Populismus ist der Anti-Elitismus, der sich gegen politische und wirtschaftliche Eliten, aber auch gegen die Medien richten kann. Studien, die populistische Kommunikation analysierten, zeigten, dass antimedialer Diskurs regelmäßig von PopulistInnen verwendet und daher zum Standardrepertoire populistischer Kommunikationsstrategien gezählt wird.19 Medien als »Fake News« zu bezeichnen, kann also als ein charakteristisches Element der populistischen politischen Rhetorik angesehen werden, welche die Nachrichtenmedien als »pro-elitär« darstellt und die Rolle des Journalismus als vierte Gewalt untergräbt.

Das wohl prominenteste Beispiel für die Verwendung des Fake News-Labels ist US-Präsident Donald Trump, jedoch haben inzwischen PolitikerInnen weltweit diese Terminologie übernommen, um kritische Medien zu diskreditieren. Beispiele hierfür sind der venezolanische Präsident Nicolás Maduro, der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán, der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu und der ehemalige österreichische Vize-Kanzler Heinz-Christian Strache.20

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