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Annäherung (II)

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Neuanfang. Ein literarisches Beispiel. Obwohl es einen terminologischen Unterschied zwischen Anfang und Neuanfang gibt, gibt es dennoch etwas, was diese beiden Wörter über ihre eigene Differenz hinweg zusammenhält, wir könnten sagen: eine begriffliche und substantielle Gemeinsamkeit. Es gibt einen Unterschied: ob am Anfang oder im Anfang gesagt wird. Die Elberfelder Bibel bleibt konsequent: sie entscheidet sich immer dafür, im Anfang zu sein, 1. Moses 1:1, Johannes 1:1. D.h.: Im Anfang schuf Gott die Himmel und die Erde. Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort.

Es gibt zwei Möglichkeiten, die Präposition im zu verstehen: zeitlich – als Augenblick in einer Zeitspanne; räumlich – als Position in einem Raum. Das im zeitlich zu interpretieren liegt nahe; es räumlich zu verstehen irritiert: Es gab bereits einen Anfang, einen Anfang vor dem Anfang, ein Anfangen bevor etwas angefangen hat; aber der Anfang vor dem Anfang – dieser Anfang: Wie nennen wir ihn? Gibt es einen Namen, einen anderen Ausdruck? Einen Begriff?

Wenn es diesen Begriff gäbe, dann scheint er – in der Erzählung des Alten und des Neuen Testaments – vor der Sprache zu liegen, vor dem Sprechen. Erst nach dem Anfang nach dem Anfang, erst nach dem Anfangen nach dem Anfangen gibt es Himmel und Erde; das Wort; etwas, das da ist; etwas, das sagt. Über den Anfang – und ein Neuanfang lässt sich nur verstehen, wenn die Idee des Anfangs begriffen wurde – wurde in der Geschichte der Philosophie immer schon nachgedacht. Auch Aristoteles‘ Überlegungen zur Bewegung – und die Zeit ist, in unserer Vorstellung, eine Bewegung, die sich nicht aufhalten lässt – können als eine Reflexion über den Anfang verstanden werden. Wenn es Bewegung gibt, dann muss es etwas geben, das das, was bewegt wurde, das Bewegte, in Bewegung gebracht hat. Aristoteles führt jede Bewegung notwendigerweise auf eine Urbewegung zurück, die am Anfang der Bewegung, am Anfang aller Dinge steht. Aristoteles nennt sie den unbewegten Beweger. Ein Anfang ist also immer auch eine Konstruktion: Ein Anfang lässt sich zwar in den meisten Fällen mit einer gewissen Sicherheit bestimmen, aber diesem Anfang ist immer bereits etwas anderes vorausgegangen, was einem Anfang, einem Neuanfang seine Bedeutung und begriffliche Berechtigung gibt. Es gibt keinen Neuanfang ohne Anfang. Und um neu anfangen zu können, müssen wir uns von einem anderen Anfang verabschiedet haben.

Unterrichtswelten – Dialoge im Deutschunterricht

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