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Einleitung

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Jörg Roche, Gesine Lenore Schiewer

Die ersten drei Bände der Dialogdidaktik-Reihe (Identitäten, Emotionen, Lebenswelten) enthalten eine Vielfalt von Texten unterschiedlicher literarischer Gattungen zu Themen, die den Anliegen heutiger Schülerinnen und Schüler entsprechen. Zu diesen relevanten Themen finden sich in den drei Bänden zahlreiche Bearbeitungsvorschläge der Autorinnen und Autoren, die zum Dialog über die teilweise eigens für diese Bände verfassten Texte und ihre Themen einladen. In verschiedenen Beiträgen werden zudem die theoretischen Hintergründe dieser Literaturdidaktik des Dialogs behandelt.

Der vorliegende Band baut darauf auf, nimmt dabei aber gezielt Aspekte der Fort- und Weiterbildung von Lehrkräften in den Blick:

 Wie gelingt es am besten, dialogdidaktische Elemente in den Deutschunterricht und den fächerübergreifenden Unterricht aufzunehmen?

 Wie lassen sie sich mit den Anforderungen der Lehrpläne unterschiedlicher Jahrgangsstufen vereinbaren?

 Worin bestehen die Zielsetzungen der Dialogdidaktik, vor allem die Kompetenz- und Handlungsorientierung, im Umgang mit literarischen Texten?

 Wie lassen sich Schülerinnen und Schüler heute anregen, selbst literarisch aktiv zu werden, und dafür sensibilisieren, produktiv und reflektierend mit Sprache umzugehen?

 In welchem Verhältnis stehen Literatur und Gesellschaft heute beziehungsweise wie kann die kritische Auseinandersetzung mit der gesellschaftlichen Gegenwart im Umgang mit Literatur entwickelt werden?

 Wie lässt sich im Austausch mit Mitschülerinnen und Mitschülern anderer Muttersprachen und Kulturen Dialogverhalten ausprobieren; wie lassen sich dabei gerade Fremdheitserfahrungen zum Beispiel mit anderen Sprachen zur Reflexion – und kritischen Hinterfragung – der eigenen, oftmals allzu selbstverständlich erscheinenden, Lebenswelten zielführend einsetzen?

Praktische und vielschichtige Antworten für einen Schülerinnen und Schüler wirklich begeisternden, motivierenden und kenntnisreichen Unterricht geben darauf in diesem Band Senthuran Varatharajah, Sudabeh Mohafez, Akos Doma, Lena Gorelik und José F.A. Oliver. Ergänzt werden ihre didaktischen Vorschläge durch eine gut verständliche Darstellung der Grundlagen der Didaktik des Dialogs, eines neuartigen Ansatzes der Literaturvermittlung und des Zugangs zum Lesen und Schreiben, der diesem Band zugrunde liegt.

Die Vielfalt der Themen, der Poetiken und der didaktischen Zielsetzungen und Schwerpunkte eröffnet ein großes Spektrum an Zugängen zu jungen Leserinnen und Lesern, von denen viele vermutlich noch gar nicht wissen, dass sie auch Autorinnen und Autoren sind oder sein können und dass auch in ihnen literarische Kompetenzen schlummern. Diesen Potentialen soll mit den didaktischen Beiträgen für unterschiedliche Formen von Schreibwerkstätten zur Entfaltung verholfen werden. Als Referenzpunkte dienen dabei eigene Werke und Werke unterschiedlicher Gattungen anderer bekannter zeitgenössischer und historischer Autorinnen und Autoren. Hervorgehoben werden Struktur- und Wirkungselemente literarischer Texte, Funktionen sprachlicher Mittel, Perspektivierungen in Erzählung und Dichtung, Schreibstrategien und -techniken, Aspekte der Mehrsprachigkeit und interkulturelle Potentiale.

Dabei wählen die Autorinnen und Autoren nicht den klassischen Weg der Didaktikpräsentation, wie er in Fortbildungsveranstaltungen verbreitet ist. Jede Autorin und jeder Autor stellt aufgrund der jeweiligen langjährigen Erfahrungen mit Schulveranstaltungen und Fortbildungen die eigenen Präferenzen schlüssig, entdeckend und jeweils mit eigenen literarischen Texten illustriert dar. So entsteht eine lesenswerte Mischung aus literarischen Texten, biographischen, historischen und gesellschaftlichen Hintergrundinformationen und Lektüre- und Unterrichtshinweisen.

Senthuran Varatharajah zeigt in seinem Beitrag „Ohne Abschied kein Neuanfang“. Literarische Schreibwerkstatt – Am Beispiel der Bedingungen des Menschlichen, geleitet von Textauszügen von Joan Didion und Peter Weiss sowie autobiographischen Ausführungen, wie Texte exemplarisch im Unterricht und dabei mittels verschiedener thematischer Aufgabenstellungen auch strukturelle Merkmale bearbeitet werden können, wie sie zum Beispiel beim Wechsel der Erzählperspektive oder der Auslassung von Adjektiven auftreten. Anhand der für alle Leserinnen und Leser relevanten Erfahrungen zu Abschieden und Neuanfängen wird hier vor allem das kreative Potential von sprachlichen Variationen aufgezeigt.

In ihrem Beitrag Interkulturalität und Intertextualität im kreativen literarischen Schreiben – Am Beispiel der Themen Angst und Traum entwickelt Sudabeh Mohafez verschiedene Unterrichtseinheiten bestehend aus theoretischen Literaturarbeiten am Beispiel von Originaltexten und Bearbeitungsaufgaben für die eigene literarisch-kreative Schreiberfahrung. Auch diese Unterrichtseinheiten eignen sich für verschiedene Schularten und Altersstufen und sind mit didaktischen Hinweisen für Lehrerinnen und Lehrer versehen. Wie in der vorangehenden Einheit arbeitet auch Mohafez mit Reduktionsstrategien, die dazu dienen, Variationen anzuregen und die Macht der Sprache zu entfalten. Ausführlich behandelt auch sie dabei strukturelle Merkmale literarischer Texte und deren Wirkungen auf Leserinnen und Leser. Unterrichtseinheit 2 behandelt vertieft, am Beispiel eines persischen Originaltextes von Forrough Farrokhsād, die Wirkungen einer fremden Sprache und die Möglichkeiten der Eröffnung eines dritten Raumes als Konsequenz der Begegnung von Sprachen.

Akos Doma wählt für seine Didaktik einen etwas anderen Weg. In seinem Beitrag Literarische Schreibwerkstatt – Am Beispiel der Themen Hoffnung und Sehnsucht beginnt er jeweils mit einem kulturgeschichtlichen Überblick über die Begriffe Hoffnung und Sehnsucht und begründet sie als Motive berühmter literarischer Texte von Henrik Ibsen und Anton Tschechow über Eugene O’Neill, Arthur Miller, Maxim Gorki bis zu E.T.A. Hoffmann, Novalis, Joseph von Eichendorff und Johann Wolfgang Goethe. Auf dieser literaturwissenschaftlichen Einführung baut dann seine Schreibwerkstatt auf, die er als fragenden, dialogischen Prozess des Autors/der Autorin von der Idee bis zum fertigen Roman beschreibt, illustriert an Hand von Domas’ persönlicher Erfahrung. Dieser kleinschrittig beschriebene Weg mit vielen oft unbemerkten Stationen und Entscheidungen kann sehr gut als Masterplan für die Analyse von Texten und die Entwicklung eigener Texte der Schülerinnen und Schüler dienen. Er fungiert wie ein didaktischer Leitfaden für einen entdeckungsreichen, aktiven Unterricht. Diesem Leitfaden folgen methodische Hinweise für eine Schreibwerkstatt in Form von Übungen zum Schreiben und Vortragen, die Doma dann in unterrichtliche Szenarien, mit verschiedenen thematischen und textuellen Perspektivierungen, für Willkommensklassen, Grundschule, Haupt-, Mittel- und Berufsschule, Realschule und Gymnasium überführt.

Lena Gorelik fokussiert ihre Einheit auf das Thema Mehrsprachige Lebenswirklichkeit. Dabei geht sie eingangs vor allem auf die vermeintlichen Ängste von Autorinnen/Autoren beim Schreiben generell und beim literarischen Schreiben im Besonderen ein und behandelt erprobte Strategien zur Überwindung dieser Ängste. An einem Auszug aus ihrem Roman Null bis Unendlich gibt sie schließlich differenzierte methodische Hinweise dazu, wie die Schülerinnen und Schüler die Brücke vom Textverstehen zum eigenen Schreiben schlagen können, zunächst über Worterklärungen und über sprachliche Perspektivierungen bis hin zum Transfer in erlebte oder imaginierte Situationen. Die methodischen Hinweise sind in drei Komplexitätsstufen, mit zunehmender Komplexität, gegliedert und lassen sich damit unter anderem unterschiedlichen Schularten zuordnen oder auch in einem binnendifferenzierten Unterricht einsetzen.

In dem Ansatz Von der Notiz ins Notat; vom Notat in die Verdichtung: aus der Verdichtung ins Gedicht führt José Oliver die Arbeiten fort, die er bereits in den drei vorangehenden Materialbänden ausgearbeitet und gut illustriert hat. Hier auch wieder illustriert mit einer fast unzählbaren Fülle von Originaltexten und Zitaten (viele von weiteren Chamisso-Autorinnen und -Autoren) und systematisch ausgeführt in Bezug auf den Entstehungsprozess lyrischer Texte und eine Darstellung und Bearbeitung ihrer wesentlichen Strukturmerkmale (Gestaltung, Inhalt und Form, Erzählperspektive, Reim, Textlänge, lyrisches Ich, Variation), versehen mit Schreiblockerungsübungen und Arbeitsblättern als Vermittlungsinstrumente und -begleiter, schon fast ein Lyrik-Grundkurs für die Schule und eine Schreibwerkstatt für angehende Poeten.

Unterrichtswelten – Dialoge im Deutschunterricht

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