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2 Bücher des Jeremia

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Eine wichtige Rolle spielt die Herstellung von Schriftstücken auch im Jeremiabuch. So werden neben dem Brief (bzw. der Korrespondenz) zwischen Jeremia und den nach Babel Verschleppten (Jer 29) sowie der Kaufurkunde im Zusammenhang mit Jeremias Ackerkauf (Jer 32), den er selbst symbolisch als Hoffnungszeichen versteht, auch drei Buchrollen erwähnt, auf denen der Prophet wichtige Teile seiner Botschaft verschriftet.

Das erste dieser Bücher ist die sogenannte „Trostrolle“ (Jer 30,4–31,40), mit deren Niederschrift Jeremia in Jer 30,2 beauftragt wird. Sie enthält Heilszusagen JHWHs für „Israel und Juda“, nimmt also eine als ferner gedachte Zukunft in den Blick, und dient dazu, die Heilsankündigungen des Jeremia (auch über dessen Lebenszeit hinaus) bis zu ihrem künftigen Eintreten zu dokumentieren (vgl. Jer 30,3).

Ihr steht in Jer 36 eine zweite Buchrolle gegenüber, deren Entstehung und weiteres Geschick ausführlich beleuchtet wird. Nachdem Jeremia von JHWH mit der Niederschrift seiner gesamten Verkündigung vom Tag seiner Berufung an „bis zu diesem Tag“ (Jer 36,2) beauftragt wurde, erstellt Baruch, der „Sekretär“ Jeremias, auf Diktat des Propheten hin das Buch (Jer 36,4–8) und verliest es – ebenfalls auf Befehl des Propheten hin – ein erstes Mal vor dem im Tempel versammelten Volk (Jer 36,9–10). Über den im Tempel anwesenden Micha ben Schafan wird eine Gruppe von Hofbeamten auf Baruch aufmerksam. Sie bittet um eine weitere Verlesung in einem kleineren Kreis. Diese Verlesung löst eine so große Betroffenheit aus, dass zunächst der Inhalt, dann aber auch das Buch selbst vor den König Jojakim gebracht wird (Jer 36,16–21). Hier findet eine dritte Verlesung statt, bei der nun auch Baruch nicht mehr anwesend ist und in deren Verlauf das Buch (vorerst) zerstört wird. Der König nämlich lässt sich den Text abschnittsweise vortragen und vernichtet dann umgehend das Gelesene, indem er die jeweilige Spalte der Rolle abschneidet und ins Feuer wirft (Jer 36,22–26). Als Reaktion darauf wird Jeremia von JHWH mit einer erneuten Abfassung der Rolle beauftragt. Jeremias Buchrolle entsteht somit neu und wird zugleich um viele zusätzliche Worte erweitert (Jer 36,32).

Bemerkenswert ist, dass die Erzählung vom Geschick des „Jeremia-Buches“ nicht nur die Art und Weise der Entstehung und den Gebrauch eines (Propheten-)Buches illustriert – und so die Schrift-Werdung mündlicher Verkündigung abbildet –, sondern dabei auch die markante Verschiebung von Kommunikationszusammenhängen reflektiert, die das Buch als „Trägermedium“ der prophetischen Botschaft gegenüber der mündlichen Verkündigung mit sich bringt. So wird deutlich, dass das (öffentlich) verlesene Buch, das die Worte des Jeremia in ihrer Gesamtheit enthält, an die Stelle des Propheten treten kann. Das Buch löst die Botschaft von der Person des Propheten und kann sie – über den Vorgang der Verlesung – an Orten wirkmächtig präsent machen, die dem Propheten selbst verschlossen bleiben. Umgekehrt aber geht das Wort im Buch nicht zur Gänze auf, was daran ablesbar ist, dass die Zerstörung des Buches nicht das Ende der Botschaft bedeutet, sondern im Gegenteil sogar ihre Vermehrung zur Folge hat.

Das Motiv, dass das (verlesene) Buch an die Stelle des Propheten treten und zugleich seine Botschaft räumlich (und zeitlich) „entgrenzen“ kann, kehrt schließlich auch in Jer 51,59–64 wieder, wo von der Entstehung eines Buches die Rede ist, das die Worte des Propheten gegen Babel (vgl. Jer 50,1–51,58) enthält. Jeremia beauftragt den Beamten Seraja, der nach der zweiten Eroberung Jerusalems ins Exil geführt wird, damit, seine in Buchform gebrachten Worte gegen Babel zu den Exilierten nach Babylon mitzunehmen und dort öffentlich zu verlesen. Auf diesem Wege kann Jeremia seine Botschaft „vor Ort“ zu Gehör bringen, ohne selbst Jerusalem zu verlassen. Im Anschluss an die Verlesung soll Seraja das Buch im Eufrat versenken und so symbolisch den endgültigen Untergang Babels vorwegnehmen. Buch und Botschaft werden über diese Symbolhandlung aufs Engste verknüpft.

Die drei angesprochenen Berichte über die Herstellung von Buchrollen in Jer 30; 36; 51 spiegeln zuletzt auch die Buchwerdung der Botschaft des Jeremia wieder. Wie beim „Buch des Mose“ wird auch hier das Buch zum Speichermedium einer mündlichen Verkündigung. Zudem entwirft das Jeremiabuch – ähnlich wie die Tora in den diversen Verschriftungsnotizen – ein Konzept seiner eigenen Literaturgeschichte. Vor allem aber leisten die drei Perikopen eine Verhältnisbestimmung zwischen dem Buch und der Botschaft des Propheten und illustrieren schließlich die adäquate Verwendung des Buches.

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