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Das Geschäftsmodell eines marktbeherrschenden Global Players
ОглавлениеApple, das teuerste Unternehmen der Welt, hat es mit der Entwicklung und Vermarktung von Betriebssystemen, Anwendungssoftware, der dazu passenden Hardware und der Verwaltung der zwei größten Handelsplattformen für digitale Güter zu einem Marktführer auf dem Gebiet der Informations- und Unterhaltungselektronik gebracht. Vom Hauptsitz im Silicon Valley aus tritt der Konzern in Konkurrenz zu anderen IT-Kapitalen weltweit und ist im Kampf um die globale Zahlungsfähigkeit sehr erfolgreich. Weil es bei der Beglückung der Menschheit mit „innovativen Produkten“ einzig darum geht, dass die sich als nützlicher Hebel dafür bewähren, Gewinne in einer Größenordnung einzustreichen, die neben den Managern vor allem auch die Eigentümer der AG zufriedenstellen, versteht sich auch Apple darauf, den ökonomischen Nutzen seines weltweiten Geschäfts durch Kosteneinsparung zu befördern. Dafür setzt der Konzern – neben altbewährten Mitteln wie dem Drücken von Abnehmerpreisen gegenüber asiatischen Zulieferern oder dem Senken der Lohnkosten durch die Umgestaltung der Arbeitsbedingungen – auf eine besondere Methode seiner Weltmarktkonkurrenz, mit der nicht nur er sich die rechtlichen Unterschiede konkurrierender Standorte zunutze macht:
„Unternehmen haben die Möglichkeit, konzerninterne Leistungen so zu verrechnen, dass die Kosten in Ländern mit hohen Steuern anfallen und die Gewinne in Ländern mit niedrigen oder gar keinen Steuern. Dieses System erlaubt es Unternehmen, ihre Geschäfte künstlich in unendlich viele Tochtergesellschaften aufzusplitten, die als getrennte Unternehmen besteuert werden. Das gibt ihnen großen Spielraum, ihre Gewinne in Niedrigsteuerländer wie Irland zu verlagern, indem sie frei erfundene Preise verwenden. Im konkreten Fall ging Irland noch einen Schritt weiter und erlaubte Apple, Gewinne auf Tochtergesellschaften zu verlagern, die im Cyberspace existieren und überhaupt keine Mitarbeiter beschäftigen.“ (sz.de, 10.9.)
Die Art und Weise, wie Apple seine globale Gewinnproduktion rechtlich organisiert, ist bei multinationalen und vor allem Technologiekonzernen Usus. Strategien zur „Steueroptimierung“ – je nach Standpunkt auch als „Steuervermeidung“ oder „Steuerhinterziehung“ bekannt – sind ein so durchgesetzter Normalfall, dass die gängigste Variante sogar einen Eigennamen hat – das sogenannte „Double-Irish-With-a-Dutch-Sandwich“: Auf Grundlage dessen, dass in Irland Kapitalgesellschaften nur besteuert werden, wenn sie zusätzlich zu einem Handelsregistereintrag ihren Firmensitz in Irland haben, lassen sich Multis in Irland als Unternehmen registrieren, gründen aber als Eigentümer von Lizenzrechten für geistiges Eigentum eine eigene Briefkastenfirma mit Sitz in einem pazifischen Steuerparadies. Daneben existiert eine irische Tochtergesellschaft, die auf der einen Seite unternehmensweit erwirtschaftete Einnahmen aus der Nutzung von Lizenzrechten, die die Muttergesellschaft ihren eigenen Dependancen in Rechnung stellt, als ihre Einkünfte bilanziert und davon auf der anderen Seite Lizenzzahlungen an die Muttergesellschaft abführt. Die von Irland ausgehende konzerninterne Verrechnung von Gewinnen der Lizenznehmer mit den Lizenzgebühren führt zur Steuersenkung in den verschiedenen Firmendependancen. Der in der irischen Tochtergesellschaft verrechnete und zusammengefasste Gewinn des Konzerns fließt zwecks Steuersenkung in Irland nun über Umwege der Konzernmutter mit Sitz im pazifischen Steuerparadies zu. Weil für einen solchen Finanztransfer in Irland eine Quellensteuer anfallen würde, nutzen Apple und Co obendrein ein Abkommen zwischen der irischen und der niederländischen Regierung, das Lizenzgebühren von Steuern befreit, überweisen ihre Gewinne als Tantiemen an eine Tochtergesellschaft in den Niederlanden und von dort wieder zurück an die in Irland registrierte Briefkastenfirma in der Südsee. Das Ergebnis dieser kreativen Schöpfung kann sich – gemessen an den Kennziffern, auf die es in der Marktwirtschaft entscheidend ankommt – sehen lassen: Die Einsparung von Steuern in Milliardenhöhe erweist sich als äußerst nützlicher Dienst an der Produktivität des Kapitals.
Grundlage dieses Steuersparmodells, das neben Apple unter anderem Adobe Systems, Amazon, Facebook, Google, IBM, IKEA, Microsoft, Oracle, Starbucks, Yahoo usw. betreiben, ist eine nicht minder kreative interne Berechnungsweise von Kosten und Gewinnen der Konzerne. Sie spalten sich in Mütter und Töchter auf und schalten zwischen Entwicklung und Design einerseits, Produktion und Vermarktung ihrer Produkte andererseits den Verkauf und Kauf von Lizenzen – letztlich im eigenen Haus. Sie trennen die Software, Produktdesign und Produktionswissen nicht nur technisch, sondern kommerziell von der Produktion oder Dienstleistung ab, die es schon auch noch braucht und die ihre Unterabteilungen oder Fremdfirmen erbringen, und verwandeln die geistigen Potenzen (in anderen Fällen auch nur die Geschäftsidee und den Markennamen) in eine Ware, die innerhalb des eigenen Konzerns ver- und gekauft wird. Im einen Betriebsteil, der Briefkastenfirma, die dieses Wissen als Lizenzhalterin zugeordnet bekommt, fungiert das geistige Eigentum an Patenten, Copyrights, Markennamen etc. – ein pures Rechtsverhältnis, das Recht eben auf ausschließliche Verfügung über und alleinige Verwertung von Patenten – unmittelbar als eigenständiges Kapital, das der Halterin regelmäßige Geldzuflüsse abwirft. Für den anderen Betriebsteil stellt dieses Wissen Kosten dar, regelmäßige Gebühren für seine Anwendung, die aus Umsatz der Produktions- und Vermarktungsabteilungen bezahlt werden müssen und den Gewinn drücken – oft bis nahe Null.
Die Aufspaltung derselben Firma in Lizenzgeber und -nehmer erlaubt ihr, den Wert der Lizenzen und damit den Anteil an der Wertschöpfung ihrer Produkte nach Belieben festzulegen – die Mütter und Töchter sind ja ihr eigener Markt, verlangen und bezahlen sich ihre Preise also selbst. Und mit der definitorischen Festsetzung der Anteile ihrer Unterfirmen an der gesamten ‚Wertschöpfung‘ des Konzerns können sie diese eben über den Globus und alle ihre Niederlassungen in verschiedenen nationalen Standorten frei nach dem Gesichtspunkt der Steuervermeidung verteilen.
Nutznießer eines solchen „Double-Irish-With-a-Dutch-Sandwich“ sind nicht zufällig global agierende Marktführer vor allem aus der Technologiebranche, die sich eine den Weltmarkt beherrschende Position erobert haben, d.h. mit ihren Produkten nicht ein Angebot unter vielen darstellen, sondern mit ihnen gleich ein ganzes eigenes Marktsegment schaffen und besetzen (Apple – das I-Phone, Google – die Suchmaschine, Windows – das Betriebssystem). In dem Maße, in dem es ihnen gelingt, ihre elektronischen Dienste, ihre tatsächliche oder vorstellig gemachte Technologieführerschaft sowie Design und Marke als Alleinstellungsmerkmale am Markt durchzusetzen, können sie nämlich Preise verlangen, die der Konkurrenz ein Stück weit enthoben sind und in denen die wirklichen Kosten der materiellen Produktion nur noch eine verschwindende Rolle spielen, sofern solche Kosten überhaupt anfallen und nicht sowieso nur digitale Waren (Musik, Apps, Suchergebnisse) übers Netz verkauft werden. Die reale Fertigung ihrer Geräte erledigen zumeist längst Fremdfirmen als verlängerte Werkbank ihrer Labore und Softwareschmieden, während die mit ihren laufenden Erfindungen und Neuerungen die eigentlichen Leistungen vollbringen, die am Markt preiswirksam und damit profitbringend sind. Auf dieser Basis können diese Konzerne auch intern so rechnen, dass in Forschung und Entwicklung, Produktdesign und Markenname mehr oder weniger der ganze Wert ihrer Produkte steckt und die nachgeordneten Abteilungen der wirklichen Produktion und Vermarktung dazu so gut wie nichts mehr beitragen.