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Hans Corduan Am Denkmal von Robert S.

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Eines Tages geschah ein Wunder, das auch nach zehn Stunden Schlaf nicht wieder verschwand:

Am Mittag fanden Spaziergänger die ersten fluoreszierenden Blüten. Unentwegt knisterte Plastikstoff und Zeitungspapier raschelte. Leichtsinnig brandete der Nachmittag an den Sockel und versuchte eine Ruhestätte zu errichten. Was für ein müdes Unterfangen, das nirgendwohin führte!

Plötzlich befand sich der Abend einem hemmungslosen Phänomen gegenüber.

Da war ein feines Surren in der Luft, das sich auf alle Wegelagerer des Platzes übertrug.

Weithin wurden die aufstrahlenden Lichter im Kreis angeordnet.

Eine Fülle von Blau rankte sich an den Mauern empor, wildes Rot züngelte herauf und in den Fensternischen nistete ein Geschlinge von Gelb. Schneeweiß packte ein Lichtmuster die Fassade und zerstückelte die Papierdrachen, die über den Häuptern schwebten.

Noch einmal unterwarf sich die Straße und die Dinge gerieten aus den Fugen.

Dicht am Sockel leuchteten kleine duftende Pyramiden, Würfel aus Glas wurden zu rauchenden Brutstätten und die Haltestellen umschlossen lange wogende Schatten.

Darin eingebettet lag prunkvoll ein öffentliches Haus. Das Lampenlicht hatte es vorschriftsmäßig getarnt.

Am Brunnen standen die Kinder mit dem Kopf in der Luft und den Füßen auf festem Grund. Die Figuren hielten sich stundenlang an den Händen, ohne auch nur ein Wort zu sagen. Jeder nahm es hin, dass der Grünspan sie immer wieder zum Erstarren brachte. Dennoch würden sie allesamt eines Tages entzaubert werden und ihre Augen in anderen Augen nach Antworten suchen. Die Gestalten auf den Steinen erhoben sich langsam, hartnäckig zeigten ihre Schatten auf ein hohes zentrales Haus.

Vor den Fenstern bewegten sich Fahnen, vergebens wurden Seile gespannt und Schilder aufgestellt.

Als drei Tage später die Waghalsigen erneut auftauchten, stieg einer von ihnen auf den Sockel und sah auf die Barrikaden. Es war früher Abend, als das wogende Licht in die Straße eindrang. Der weit entfernte Horizont leuchtete und die nahende Straßenbahn verwandelte eine Haltestelle, mit einem ahnungslosen Sprung.

Vielleicht begreift niemand, dass es diese Haltestelle jemals gegeben hat, aber zuerst verschwand die Straßenbahn, dann die Haltestelle. Danach verging auch das Purpurrot auf den blühenden Zweigen.

Rasch liefen die Schatten an den Rand des Platzes, nach und nach verblasste das Licht der Laternen. Bald würde das Orange an der Fassade in ein ungesundes Grau umschlagen. Auch das Dunkelrot des Rostes, das die Metallteile des Riesenrades bedeckte, musste den Ort verlassen.

Niemand sollte mehr erschreckt werden.

Der Ruf des Kuckucks wiederholte sich, dann flog er in die weite Ebene.

An den schwerelosen Abenden flimmerte die Hitze auf den goldenen Buchstaben am Sockel des Denkmals. Das Echo zerschlug sich zwischen die Häuser.

Über dem leeren Platz blieb das Wunder, hart und unerbittlich.

Zwickauer Impressionen

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