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Swissair

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«Nostalgie schaffen, Erinnerungen auslösen, gehört auch zu den Aufgaben unseres Museums», erzählt meine Gesprächspartnerin bei einem Kaffee im Eingangsbereich des Hauses. «Wissen Sie, ein Museum ohne Emotionen, ohne die Auslösung von Gefühlen, wäre ein leeres Machwerk, eine Ansammlung von Gegenständen mit bescheidener Aussage. So haben wir ‹Leben in die Bude zu bringen›, wie mein Sohn sich ausdrücken würde. Ja, das ist eine Herausforderung, der wir uns immer wieder stellen müssen. Ein Beispiel gefällig?»

Ich nicke.

«Nun, Sie erinnern sich an das SWISSAIR-Grounding, eine tragische Angelegenheit: Unsere Nationalfluggesellschaft am Boden mit gestutzten Flügeln, eine das gesamte Volk aufwühlende Geschichte. Ich erinnere mich genau an diesen Tag. Mir kamen damals die Tränen. So viele Auslandsreisen hatte ich mit ‹unserer› Airline unternommen, war ihr immer treu. Natürlich auch, weil ich mich während meines Studiums der Kunstgeschichte sowie danach während meiner Doktorarbeit als Flugbegleiterin über Wasser hielt.

Ja, ich war so traurig, so enttäuscht. Las alle Zeitungsberichte, erforschte die Hintergründe und sass wie gebannt vor dem Fernsehschirm. Ich konnte kaum glauben, was da vor sich ging, und ich bin überzeugt, dass es zahllosen Mitbürgerinnen und Mitbürgern ähnlich erging. Doch auch im Ausland bei den Stammgästen der Schweizer Airline, die insbesondere durch exzellenten Service, Pünktlichkeit und Qualität glänzte, waren gleiche Reaktionen festzustellen, wie sich in den Leserbriefspalten unserer Zeitungen zeigte.

Nun, einige Zeit später beschlossen wir, eine Nostalgie-Ausstellung der uns so am Herzen liegenden Schweizer Luftfahrt-Unternehmung zu organisieren, wohl wissend, dass wir damit die Herzen vieler Schweizerinnen und Schweizer ansprechen und wie vorhin betont, Emotionen auslösen würden – obwohl in der Zwischenzeit aus der Asche wie ein Phönix die SWISS auferstanden war.


Suppenlöffel mit Inschrift Swissair.

Also sammelten wir Material, suchten überall und wurden fündig. Von Flugzeugmodellen über Trolleys, die ich so oft gestossen hatte, bis hin zum Erste-Klasse-Geschirr, auf dem einst Kaviar kullerte, und zu Weingläsern aller Art, da gab es ein breites Sortiment in der Luxusklasse, auch elegante Champagnerkelche. Alles bereiteten wir hinter den Kulissen vor, stellten Gläser und Geschirr auf einen Trolley und machten uns dann auf zum Mittagessen und zum anschliessenden obligaten kleinen Verdauungsspaziergang.

Welch ein Schreck durchfuhr uns bei der Rückkehr! Das Geschirr, diese wertvollen Zeitzeugen, war einfach verschwunden. Diebstahl? Polizei alarmieren? Zunächst die Museumsleitung orientieren. Mir und meiner Kollegin war alles Blut aus dem Kopf gewichen. Bleich wie Leintücher waren wir. Diese wertvollen nostalgischen Stücke in Luft aufgelöst, die Ausstellung ihrer so wichtigen Zeitzeugen beraubt! Flugzeugmodelle und technische Informationen waren weniger gut geeignet, das Publikum emotional zu berühren, als die Sammlung der edlen Essgeschirre, auf die durchschnittliche Passagiere damals kaum einen Blick werfen konnten. Ich schon, war doch mein Einsatzort damals oft die Erste Klasse. Manchen Bundesrat habe ich dort bedient und ihm zugelächelt. Aber jetzt – was war zu tun? Wir sahen uns im Raum um. Möglicherweise hatte jemand das Geschirr in ein Tablar geräumt aus Angst, es könne zu Boden fallen. Doch Fehlalarm. Nirgends war ein Stück Geschirr oder eines der wertvollen SWISSAIR-Besteck-Teile zu sehen. Wir beschlossen, uns im Büro zu verschanzen, um mit geklärtem Kopf zu beratschlagen. Da ich dazu, um meine geistigen Kräfte zu aktivieren und meinen Blutdruck zu senken, einen Pfefferminztee trinken wollte, machte ich mich zunächst auf ins Café.

Und, kaum zu glauben, bei der Geschirrausgabe befand sich das SWISSAIR-Geschirr bunt gemischt unter dem normalen! Ein Stein fiel mir vom Herzen. Rasch holte ich meine Kollegin, und wir begannen auszusortieren. Wir waren gerettet.

Später bei der Recherche fanden wir heraus, dass die Reinigungskraft angenommen hatte, dieses Geschirr sei schmutzig – und zugegeben, wir hatten es zuvor nicht abgestaubt. Also hatte sie es guten Glaubens in die Abwaschmaschine geräumt, von wo aus es staubfrei und wieder glänzend unter allem anderen Geschirr unbeschädigt wieder dem Zyklus zugeführt wurde.

hätte die swissair nicht ihre löffel abgegeben, flöge sie noch heute!


Geschichten, die das Landesmuseum schrieb

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