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Salus animarum – suprema lex. Der Beitrag des Kirchenrechts zu einer Ethik der Seelsorge

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Markus Graulich

Im Jahr 906 veröffentlicht Abt Regino von Prüm († 915)1 sein Sendhandbuch,2 welches vor allem als Hilfestellung für den Bischof bei der Visitation der Diözese und dem dabei abzuhaltenden Sendgericht3 gedacht ist. In Form von Fragen, welche der Bischof Klerus und Volk während der Visitation zu stellen hat, lässt Regino erkennen, welche Standards im pastoralen Handeln und in der Glaubenspraxis im Mittelalter gelten und gibt zugleich einen originellen Einblick in das Kirchenrecht seiner Zeit, denn jede der 185 Fragen wird mit einem oder mehreren Texten der universalen und partikularen kirchlichen Gesetzgebung belegt.

Einige der Fragen, welche Regino den Bischof stellen lässt, sind leicht und eindeutig zu beantworten, so etwa die Frage nach der Beschaffenheit von Kelch, Hostienschale und Korporale (Fragen 6 und 7), nach dem Vorhandensein der für die Feier der Hl. Messe und der anderen Sakramente erforderlichen Bücher (Fragen 10 und 11), der priesterlichen Gewänder (Frage 12) oder der ausreichenden Zahl von Kerzen (Frage 13). Schwieriger ist es schon, Antworten auf die Fragen nach dem Lebenswandel des Seelsorgers zu finden, etwa danach, „ob er in Verdacht ist wegen einer Frau oder er in sein Haus eine Frau eingeschmuggelt hat“ (Frage 18), „ob er die Kranken besucht, ob er ihnen Absolution erteilt“ (Frage 19), ob er Geld für die Sakramentenspendung nimmt (Frage 20) oder die Sakramente an Unwürdige spendet (Frage 39), „ob durch die Nachlässigkeit des Priesters irgendein Kind in der Pfarrei ohne Taufe gestorben ist“ (Frage 21), ob er trunk- oder streitsüchtig ist (Frage 21), ob er betet (Frage 28-29), „ob er dem Volk das Wort Gottes verkündet“ (Frage 33), „ob er Sorge trägt für Arme, Fremde und Waisen und sie, wenn es ihm möglich ist, zu seiner Mahlzeit einlädt“ (Frage 35), ob er zur Glaubensverkündigung in der Lage ist (Frage 82; 95) oder ob er die liturgischen Gebete und Vorschriften kennt (Frage 83-92).

Während die erste Gruppe von Reginos Fragen eher zu dem gehört, was landläufig unter Rechtsnormen verstanden wird, ist dies im Hinblick auf die zweite Gruppe von Fragen nicht so eindeutig zu sagen. Ihre Beantwortung reicht auch in den Bereich des ethisch relevanten Verhaltens bzw. ethisch relevanter Grundhaltungen hinein.

Wenn vor dem Hintergrund des historischen Beispiels von Reginos Sendhandbuch im Folgenden der Frage nachgegangen werden soll, worin der Beitrag des Kirchenrechts zu einer Ethik pastoralen Handelns liegen kann, ist daher zunächst etwas über die Eigenart des Kirchenrechts zu sagen, das sich nicht einfach auf die positiv-rechtlichen Normen reduzieren lässt, sondern sehr eng mit der Ethik bzw. mit der Moral verknüpft ist, und in ihnen seine Grundlage und seine Voraussetzung hat. Rechtspflichten und das Ethos des Handelns liegen im Kirchenrecht enger beieinander, als dies etwa in der staatlichen Rechtsordnung der Fall ist.

Unterwegs zu einer Ethik pastoralen Handelns

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