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CHRISTLICHE FAMILIE: HUMANÖKOLOGIE DER BELASTUNGSFÄHIGEN UND KINDORIENTIERTEN PARTNERSCHAFT

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Die Kirche erinnert daran, dass die Sexualität und das intime Glück nicht überfordert werden dürfen, damit nicht statt helfender Kraft zerstörerische Leere zurückbleibt. Der Glaube macht Sexualität und Liebe als Gabe Gottes verständlich. So werden sie in ihrer Schönheit, aber auch in ihrer Begrenztheit zugänglich. Und die Freude an der (intimen) Liebe kann das Leben des Menschen bereichern, ohne dass er sich im Rausch verlieren muss – eine Gelassenheit, die so wichtig ist, gerade weil so große Erwartungen für das menschliche Glück an Partnerschaft und Familie geknüpft werden.

Die Idee der christlichen Familie macht auch heute noch bewusst, dass die Liebe den Mut zu einem verlässlichen Engagement braucht. Ohne Treue verliert sich der persönliche Impuls so merkwürdig rasch in trauriger Einsamkeit und bitterer Isolation. Die Liebe lebt immer auch vom Glauben der beiden Partner an ihre Stabilität, besonders in den Konflikten. So macht sich der Glaube zum Anwalt der Hoffnung, dass das gemeinsame Leben trägt – eine Ressource, die in den raschen Rhythmen des gegenwärtigen Lebens unabdingbar notwendig ist. Sie erhebt Einspruch gegen die Skepsis, die immer schon mit dem Scheitern rechnet.

Und der Glaube bewahrt mit seinem ureigensten Wissen um das Leben als Geschenk Gottes auch das innerste Gespür dafür, dass es einen durch nichts zu ersetzenden Sinn hat, Kinder zu haben. Diese Fruchtbarkeit der Liebe in den Kindern, welche die Zukunft in ihren kleinen Händen halten, kann durch kein noch so radikales berufliches oder gesellschaftliches Engagement eingeholt werden. Die dankbare Erfahrung der Leben schenkenden Gabe Gottes hält den Zugang zu diesem Eigenwert der Familie offen. Er droht in den Zwängen des differenzierten Lebens immer stärker von den gesellschaftlichen Interessen verdrängt zu werden.

So entsteht eine vieldimensionale religiöse und menschliche Semantik des Vertrauens und der Sinnerfahrung. Sie bildet die Mitte des Verständnisses christlicher Familie. Der theologische Fachbegriff, der diese Zusammenhänge ausdrückt, spricht von der Sakramentalität ehelicher Liebe. Nach dem Verständnis des christlichen Glaubens gehören zu einer solchen Erfahrung: die eindeutige, vorbehaltlose Intention der Partner, sich in der Liebe aneinander zu binden, ihre gemeinsame fruchtbare Kreativität bis hin zur möglichen Gründung einer Familie, die versuchte Offenheit für die Begegnung mit Gott und der gemeinsame Lebensweg der Partner innerhalb der Gemeinschaft der Kirche. Die theologische Aussage von der Ehe als Sakrament gründet auf der Erfahrung der möglichen Radikalität solcher Liebe. Und diese kann nach dieser Deutung dadurch zum Ort einer einzigartigen Erfahrung belastungsfähiger, durch die ganze Lebensgeschichte tragender Liebe, ja der Nähe Gottes werden – nicht nur für die Partner, sondern auch für ihre Familie, für die Kirche selbst und die Gesellschaft.

Wirkliche Liebe kann man nicht kaufen. Sie ist nicht Gegenstand von Interesse geleiteter Verhandlung und Abmachung. Sie unterliegt nicht der Macht des Staates und den Einflüssen der Gesellschaft. Aber auch nicht nur den Wünschen und Vorstellungen der Partner, der Eltern, Kinder und familiären Einflüssen. Sondern sie hat ihre Wurzeln in der Tiefe des menschlichen Herzens, in der sich zwei Menschen frei, selbstbestimmt und ohne Bedingungen für einander entscheiden. Und sie ist ein Geschenk Gottes, die Gabe einer Institution, besser eines Hauses, in dem sich die Partner einander Geborgenheit schenken und sie zugleich von Gott verliehen bekommen. Ihre Entscheidung geht in dieser Beheimatung so tief, dass sie sich nach dem gemeinsamen Kind sehnen. Sie denkt nicht an das Scheitern, weil sie die Hoffnung des Glaubens in sich trägt und von der Gemeinschaft der Glaubenden Kraft und Solidarität empfängt. Und so ist sie von der Sinnerfahrung in der Beziehung zu Gott getragen. Sie wird selbst zum Ort, an dem spürbar wird, was Liebe überhaupt meint: Geborgenheit und Offenheit, wie sie menschliches Vertrauen zueinander und zu Gott möglich, ja das Vertrauen Gottes in den Menschen sichtbar machen.

Kulturgeschichtlich gesehen hat diese Deutung jedenfalls eine ganz wesentliche Aufgabe für die Gestaltung der partnerschaftlichen Liebe, der Familie und ihre menschliche Würde gehabt: Einheit, Konsensgebundenheit (Freiheit), Unauflöslichkeit, Zeugungsoffenheit und Rechtssicherheit haben historisch gesehen die Entwicklung zu einem personalen Verständnis der Paarbeziehung und familiärer Beziehungen überhaupt erst ermöglicht. Das wird heute schnell vergessen. Denn dieses Verständnis erscheint uns – trotz aller Suche nach gewissen Alternativen oder besser Anpassungen an das moderne Leben – als selbstverständlich.

Lebendige Seelsorge 5/2015

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