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Meine Gebete für diesen Papst

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Das Erste ist der Dank. Auch wenn ich es noch mit angehaltenem Atem sage, so drängt sich mir auf: Was mit und durch diesen Papst passiert, „ist von Gott“: Dass er die Kirche aus ihrer sklerotischen Verbissenheit in sich selbst stößt – dorthin, wo gelebt, gelitten und gestorben wird. Er stellt klar, was zuerst kommt und was sekundär ist: zuerst der Mensch und das Evangelium – und erst dann die Doktrin und die moralischen Normen. Und dass er denen klar den Marsch bläst, die massenhaftes Elend und den vorzeitigen Tod so vieler zu verantworten habe. Dazu scheut Bergoglio, der Kritiker jeder „linken Ideologie“, auch nicht eine „marxismusverdächtige Sprache“: „Die Anbetung des alten Goldenen Kalbes (vgl. Ex 32,15–34) hat ein neues und grausames Bild gefunden im Fetischismus des Geldes und in der Diktatur der gesichtslosen Wirtschaft ohne wirklich menschliche Ziele und Zwecke.“13

Und das Zweite ist das Gebet um Kraft und Mut. Dieser Papst bewegt sich mit traumwandlerischer Sicherheit – dieser Mann lebt aus tiefen Quellen. Das macht ihn jedoch auch gefährlich und verführerisch. Nach allen Enttäuschungen und Frustrationen mit kirchlichen Autoritäten bietet er sich geradezu an als der starke und zugleich liebevolle Übervater. Jesuanische Autorität jedoch hält nicht in infantiler Abhängigkeit, sondern lässt wachsen. Ich wünsche Jorge Mario Bergoglio viel Kraft und Mut, der Papsteuphorie und dem Personenkult die Stirn zu bieten – nicht um die Kirche in eine „bürgerliche Demokratie“ zu transformieren, sondern um mit der Autorität Jesu eine Gemeinschaft von Schwestern und Brüdern zu formen, in der die Ausgegrenzten und Getretenen dieser Erde vollen Sitz und Stimme erhalten.

Immer wieder wird die Frage laut, ob dieser Papst ein „Papst der Befreiungstheologie“ ist oder nicht. Ich halte die Frage für völlig irrelevant, denn solche kranke Selbstbezogenheit ist der Befreiungstheologie, die ich als authentisch anzuerkennen bereit bin, von ihrem Wesen her völlig fremd. Es geht hier nicht um das Durchsetzen einer theologischen Schule gegenüber einer anderen. Das einzig wirklich Interessante ist, ob dieser Papst ein „Papst nach dem Herzen Jesu“ ist – und ob er der Kirche als Ganzes hilft, mehr das Antlitz Jesu widerzuspiegeln.

Und das Dritte und Letzte ist ein Wunsch: Dieser Papst kann erfrischend unbefangen und frei sein. Die Präsidentin Argentiniens, Cristina Kirchner, hat Kardinal Bergoglio, der ihre Wirtschafts- und Sozialpolitik hart anprangerte, in den letzten Jahren vierzehn Mal die erbetene Audienz verweigert. Franziskus jedoch empfing sie wenige Tage nach seiner Wahl und bedankt sich für ihren Besuch mit einem Küsschen auf die Wange. Dieser Papst definiert die Begegnung und den Dialog als seine „Weise des Vorangehens“: „Man muss sich kennenlernen, sich zuhören und das Wissen um die Welt um uns vermehren. … Neue Ideen entstehen und man entdeckt neue Bedürfnisse. Das ist wichtig: sich kennenlernen, sich gegenseitig zuhören, seinen Gedankenhorizont erweitern.“14

Ich träume davon, dass sich Franziskus mit derselben Unbefangenheit, mit der er Cristina Kirchner küsst und sich mit dem Atheisten Eugenio Scalfari und dem Rabbiner Abraham Skorka freundschaftlich unterhält, sich eines Tages mit feministischen Theologinnen zusammensetzt, zum Beispiel mit Ivone Gebara, aber auch mit jungen Theologinnen aus Lateinamerika und allen anderen Kontinenten – und dazu noch einige Ordensfrauen aus den USA einlädt. Um meiner Kirche und ihrer Zukunft willen träume ich davon, dass Franziskus den Frauen aufmerksam zuhört – und die Frauen Franziskus – mit dem Verdacht, dass sie voneinander zu lernen hätten. Dass sie gemeinsam die Ängste vor den ganz verschiedenen Sprachwelten und Kulturen überwinden und sich gegenseitig ganz neue Welten und Erfahrungen erschließen. Dass sie ihre tiefe Verbundenheit im Traum von der „armen Kirche für die Armen“ entdecken und konspirativ Strategien entwickeln, um ihn effektiv umzusetzen.

Arme Kirche - Kirche für die Armen: ein Widerspruch?

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