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Historische Perspektiven auf die Berufsbildung
ОглавлениеDie Einführung von Informatiklektionen in der beruflichen Ausbildung der MEM-Branche in den frühen 1980er-Jahren ist der Untersuchungsgegenstand in Silvano Sarnos Beitrag. Dabei steht die Analyse des Aushandlungsprozesses zwischen den einzelnen relevanten Akteuren im Zentrum. Mit der Nachzeichnung des Diskurses zeigt Sarno eindrücklich, dass es weniger um das Thema Digitalisierung in der Ausbildung von Lernenden in einem spezifischen Berufsfeld ging; vielmehr stand die Auseinandersetzung um die Ausrichtung der Berufslehre zwischen Arbeitsbeschaffung und Qualifizierungsbedarf im Zentrum. Diese liess alte Konfliktlinien zwischen den Arbeitgebern wieder sichtbar werden. Weitere Akteure wie die Bundesbehörden (BIGA), die Berufsfachschulen und die Arbeitnehmerverbände spielten in diesem Aushandlungsprozess eine eher marginale Rolle. Die Einführung der Informatiklektionen war letztliche eine Kompromisslösung zwischen den Arbeitgeberverbänden.
Dario Venutti setzt sich mit der Modernisierung Serbiens auseinander. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts endete die osmanische Herrschaft in Serbien und es entstand ein unabhängiges Königreich. Damals war Serbien ein hauptsächlich agrarischer Staat. Ausgehend von der Modernisierungstheorie, wonach Bildung ein Haupttreiber zur inneren Entwicklung im Übergang von einer agrarischen zu einer industriellen Gesellschaft ist, zeichnet der Autor die Entwicklung der (Berufs-)Bildung in Serbien in den letzten rund hundert Jahren nach. Dabei kann er zeigen, dass (Berufs-)Bildung in allen Phasen vernachlässigt wurde. Waren vor dem Zweiten Weltkrieg allgemein Bildungsfeindlichkeit, Geringschätzung der Berufslehre und ein vormodernes Arbeitsethos Gründe dafür, so änderte auch die sozialistische Bildungsoffensive im kommunistischen Jugoslawien wenig daran: In deren Zentrum standen Alphabetisierung, allgemeinbildende Fächer und die ideologische Erziehung. Diese Vernachlässigung beziehungsweise einseitige Orientierung der Bildung waren mithin eine wesentliche Ursache dafür, dass sich Serbien trotz guter Voraussetzungen nicht angemessen modernisieren konnte. Abschliessend konstatiert Venutti, dass bis heute Bildung und Berufsbildung ihre Kraft als Treiber für die Modernisierung in Serbien nicht wirklich zu entfalten vermögen.