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2.6 User generated content (UGC) und Schnittmengen zur Kulturellen Bildung
ОглавлениеNach dem Grundprinzip der Lebensweltorientierung agierend, greifen Sozial-, Kultur-, Spiel- und Medienpädagog*innen die Interessen von Kindern, Jugendlichen sowie allen anderen Zielgruppen auf, betrachten, analysieren und konzipieren Umgangsweisen, fügen nicht selten zusätzliche Aspekte ein bzw. betonen vorhandene oder forcieren Reflexionen. Bei der Förderung von Kompetenzen und der Vermittlung von Kultureller Bildung müssen Anleitende keineswegs davon ausgehen, dass Fähigkeiten bei Teilnehmenden noch nicht vorhanden sind. Nicht selten haben Kinder und Jugendliche längst Methoden gefunden, sich auszudrücken, ihr Umfeld zu gestalten, teilzuhaben und auf diese Weise entsprechende Kompetenzen entwickelt. »Digitale Medien stellen einen wesentlichen Faktor heutiger kultureller und gesellschaftlicher Teilhabe dar. Dies gilt insbesondere für Jugendliche, da sie ihre kulturellen Praktiken vor allem in Bezug auf oder in Medien ausleben. […] In ihrem mobilen und vernetzten Medienhandeln pflegen Jugendliche nicht nur Beziehungen, agieren in Communities, demonstrieren ihre Zugehörigkeit zu Szenen und inszenieren sich in verschiedenen Formen, sondern sie beteiligen sich auch aktiv an der Gestaltung der Medienkultur bzw. an dem Prozess der Mediatisierung« (Helbig 2016, S. 2).
Im Bereich der Arbeit mit digitalen Spielen ist dabei der »user generated content« (nutzergenerierter Inhalt) von großer Bedeutung. Let’s Plays, Cosplaying, Casemodding, Parcours, Fan-Fiction oder viele weitere Formen sind keine Ergebnisse pädagogischer Intentionen und tragen doch enormes Bildungs- und kulturell wertvolles Potenzial in sich. Bei entsprechender Neugier, Offenheit und Vorerfahrung werden Anleitenden schnell vielfältige Schnittmengen zu Bereichen der Kulturellen Bildung offenbar. So ergeben sich beispielsweise allein für Cosplaying methodische Brücken zur Kunst, zum Theater, Handwerk, Zirkus, dem Spiel und den Medien. Die Haltung, die sich ergibt, wenn Anleitende diese Bereiche erkennen, akzeptieren, berücksichtigen, aufgreifen und ggf. für ihre Kontexte modifizieren, beruht auf drei Schritten: Zunächst gilt es, durch Lebenswelt- und Ressourcenorientierung kreative Aktivitäten von Kindern und Jugendlichen wahrzunehmen (1). Die Aktivitäten sollten dann, ohne sie dabei in ihrem Mehrwert zu fragmentieren, mit fachlichen Methoden aus Bereichen der Kulturellen Bildung verknüpft und mit einem didaktischen Modell bzw. einer Zielstellung versehen werden (2). Schließlich soll Transfer und Mehrwert im Sinne der Förderung von (Schlüssel-) Kompetenzen erzielt werden. Zudem sollten Anleitende ggf. eine qualitative Überprüfung ihrer Methoden und der erreichten Ziele ergänzen (3).
Digitale Spiele haben einen künstlerischen und ästhetischen Wert. Dennoch dürfen und sollen sie, ganz im Sinne der Definition von Johan Huizinga, auch nutzlos, zweckfrei und zum Spaß da sein. In der Kulturellen Bildung, der Spiel- und Medienpädagogik werden sie, neben ihrem unterhaltenden und informellen Wert, zu pädagogischen Instrumenten. Anleitende fordern Nutzer*innen dazu auf, sich über sie auszudrücken, sich zu entwickeln, etwas zu interpretieren oder etwas neu zu erschaffen. Darin liegt sowohl eine große Chance als auch ein gewisses Risiko. Spiel-, Erlebnis- und Entfaltungsräume sind auch Rückzugsorte. Jugendliche nutzen sie auch als Abgrenzungsmechanismen. Diese wichtige Funktion im Kontext von Identitätsprozessen, sollte nicht durch zu starkes Eindringen, Unterwandern oder gar Instrumentalisieren seitens der Pädagog*innen aufgehoben werden. Es gilt demnach zwar Interessen, Lebenswelten und nutzergenerierte Inhalte aufzugreifen, die Hoheit über diese Räume jedoch nicht an sich zu ziehen. Anleitende müssen ihre »Tools« gut auswählen und sie nutzen, um ihre jeweilige Zielgruppe zu aktivieren und zu motivieren.