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„Deutsche Christen“ kontra Bekennende Kirche auf evangelischer Seite, gedankliche Irrwege und Ernüchterungen auf katholischer Seite

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Mit Blick auf die Kirchen im Dritten Reich kann man es sich leicht machen und von einem Versagen sprechen, ohne damit vordergründig falsch zu liegen: Eine Realisierung des christlichen Auftrags, die Menschen am Liebesgebot auszurichten, wurde präzedenzlos verfehlt. Hitler sowie NS-Führung boten mit ihrer Heilslehre, ihrem Auserwähltheitsglauben und ihren heidnischen Festen dezidiert einen nicht selten akzeptierten Religionsersatz an. Doch ist in Rechnung zu stellen, dass zeitgenössisch Protestanten und Katholiken mit jeweils spezifischen nationalen Leitsätzen zu kämpfen hatten, die christliche Maxime zu ersticken drohten. So trugen die Protestanten an ihrer Tradition, sich als Repräsentanten eines gottgefälligen Staates zu fühlen; selbst der Erste Weltkrieg war nicht selten als protestantischer Aufbruch interpretiert worden. Die Katholiken wiederum, immer noch traumatisiert durch den Kulturkampf, fühlten sich verpflichtet, national zuverlässig zu sein und darauf zu achten, dass sie bei politischen Neuerungen den Anschluss nicht wieder verpassten. Hieraus resultierte, dass Kirchen und Christen in Deutschland weithin zustimmten oder wie gelähmt verharrten, wenn Hitler außenpolitisch zuschlug, um das „seelische Unglück“ Versailles abzuschütteln, wenn er vermeintliche innere Feinde wie Bolschewisten oder Juden als fremde Krieger im eigenen Lande behandelte, wenn er Krieg und Rassenkrieg als Kreuzzug aus angeblicher nationaler Notlage heraus führte und wenn er schließlich ein Durchhalten bis zum letzten verlangte.

Bei alledem ist aber auch zu beobachten, dass in den Kirchen sehr unterschiedliche, und nicht selten zumindest respektable Positionen vertreten wurden; zudem stellten auch die Kirchen Widerstandskämpfer. Bei den Protestanten fegte, getragen von der Glaubensgemeinschaft Deutsche Christen, die Idee durch die Gemeinden, dass mit der nationalsozialistischen Zeit auch die Zeit einer Deutschen Reichskirche gekommen sei, eines rassisch-blutsmäßigen Verbandes. Deutsche Christen, die sich als SA Jesu Christi aufführten, behielten viele Bastionen bis zum Ende des „Dritten Reiches“. Umgehend setzte aber eine Bekennende Kirche diesem Denken und Handeln die These entgegen, dass nur Gott und dem Bibelwort zu gehorchen sei, was auf erhebliche Resonanz stieß, sich aber zumeist nur im Binnenleben deutscher Volksgenossen auswirkte, in Außenbereichen gab man sich zumeist eingepasst in die „nationalen“ Vorgaben Hitlers.44

Bei den Katholiken wurde allzu gutgläubig und rasch Hitlers Versicherung, der neue Staat stehe auf dem Boden eines „positiven Christentums“, zum Anlass genommen, an eine Heimat der Katholiken im NS-Staat zu glauben und die Konfrontation mit den Nationalsozialisten abzubrechen. Als schnell klar wurde, dass dieses Heimatrecht keineswegs gewährt und eher Verfolgungen angesagt waren, zog sich auch die katholische Kirche zumeist in die Gemeinden zurück, und es gab später neben halbherzigen außerordentlich bestimmte Einlassungen gegen die Verbrechen der Kriegszeit, allerdings keinen offenen Bruch mit dem Regime. Daneben, und anfangs keineswegs nur am Rande, lieferten aber auch katholische Theologen, völkisch inspiriert, theologische Verirrungen und erschreckende Verbeugungen vor dem Zeitgeist; so gab es positive Deutungen des „Dritten Reichs“, abgestützt auf die Erwartung, dass mit diesem zu Werten des alten Reichs mit dessen christlicher Prägung zurückgefunden werde, und Aussagen, denen zufolge man im neuen Staat die Reinheit und Frische des deutschen Volkes und das Vorgehen gegen jüdische Überschwemmung und Bolschewismus begrüßte. Und noch im Weltkrieg verglich ein Feldbischof Hitlers Krieger mit Ordensrittern und segnete den Ostkrieg als Kreuzzug ab.45

Das ›Dritte Reich‹ 1933–1945

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