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3 Die Suche nach Kindern/Kindheit in der Antike und im Neuen Testament

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Die Erforschung von Kindern und Kindheit ist in der Vergangenheit oft auf den Einwand gestoßen, dass es kein ausreichendes Quellenmaterial für solche Studien gibt. Problematisiert wurde auch, wie man Zugang zum Leben der Kinder bekommen kann, wenn denn zutrifft, dass sie nur wenige Spuren in den Quellen hinterlassen haben. Es hat sich jedoch gezeigt, dass das Material viel reicher ist, als traditionell angenommen wurde, und zwar selbst für eine so weit zurückliegende Zeit wie die des Neuen Testaments.

Zu dieser Erkenntnis hat die interdisziplinäre Forschung dadurch beigetragen, dass sie verschiedene Bereiche wie Linguistik, Kunstgeschichte und Archäologie zusammengeführt hat. Darüber hinaus wurden in dem Maße neue Entdeckungen gemacht, wie die Forschenden einfach eine „neue Brille“ aufsetzten und die bekannten und weniger bekannten Quellen gezielt daraufhin befragt haben, was sie über Kinder und Kindheit mitteilen. In gewisser Parallele zu den feministischen Studien ist es der historischen Forschung zu Kindern und Kindheit gelungen, eine marginalisierte Gruppe wie Kinder in den antiken Quellen ausfindig und sichtbar zu machen.1

Dies lässt sich leicht anhand des hier behandelten Materials zeigen, an den Schriften des NT. Am anschaulichsten begegnet uns Jesus als Kind in den Kindheitserzählungen bei Matthäus und Lukas, aber auch andere Kinder wie Johannes der Täufer, oder etwa die Kinder vom Kindermord in Bethlehem. In den Wundergeschichten der Evangelien und gelegentlich in der Apostelgeschichte tauchen häufig Kinder unterschiedlichen Alters auf. Sie sind auch unter den Menschen zu finden, die sich um Jesus versammeln und seinen Segen erbitten, und wir begegnen ihnen sogar im Tempel von Jerusalem. In den authentischen Paulusbriefen wie auch in den Deuteropaulinien und den Pastoralbriefen ist von ihnen die Rede (wenn auch nicht so oft), und sie werden auch angesprochen (viel häufiger), in den Pastoralbriefen vor allem in paränetischen Passagen wie den Haustafeln.

Darüber hinaus können Begriffe, die oft anders übersetzt werden, ein Kind „verbergen“, wie paidion, pais und paidiskē. Auch doulos und doulē können sich auf ein Kind beziehen, da viele Sklaven noch keineswegs das Erwachsenenalter erreicht hatten, jedenfalls nach unserem Verständnis. Auch einige der Jünger Jesu, die als Söhne, z. B. des Zebedäus, bezeichnet werden, können als Kinder angesehen werden, wenn man Jugendliche, „Teenager“, dazuzählt.

In zahlreichen Fällen tauchen Vorstellungen von Kindern und Kindheit in Form von Metaphern auf, ein Sprachgebrauch, der die weit verbreitete Haltung der Erwachsenen gegenüber Kindern deutlich widerspiegelt. Dies ist besonders häufig bei Paulus der Fall, wenn er die Beziehungen zwischen ihm und den Gläubigen darstellt. Sogar die zentrale und weit verbreitete Metapher von Gott als Vater für Israel oder die Christen kann einen Einfluss auf die Vorstellung davon haben, was es bedeutet, ein Kind zu sein.

Schließlich, und das ist wichtig, sollten wir die faktische Präsenz von Kindern in den Texten (oder zwischen den Zeilen) in Betracht ziehen, auch wenn sie nicht ausdrücklich erwähnt werden. Wie in vielen heutigen Kulturen dürften sie auch in der Welt des NT allgegenwärtig gewesen sein – demographische Schätzungen gehen davon aus, dass sie bis zur Hälfte der Bevölkerung ausmachten.

ZNT - Zeitschrift für Neues Testament 24. Jahrgang, Heft 48 (2021)

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