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Einleitung

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Albrecht Jockenhövel

Unsere Gegenwart wird in vielen Zügen durch eine stetig zusammenwachsende Welt ausdifferenzierter Gesellschaften geprägt, die auf eine lange Geschichte zurückblicken. Die aktuellen vielschichtigen Vorgänge werden unter dem Schlagwort Globalisierung zusammengefasst. Die Menschen von heute bewegen sich in unterschiedlicher Geschwindigkeit weltweit aufeinander zu, Wirtschaft und Kultur sind ineinander verwoben, die Kommunikation erfolgt in Sekundenschnelle. Jeder kann jeden über entsprechende Medien sehen und hören. Das Internet verknüpft alle mit allen und allem. Es sind heute zentripetale Kräfte, die diesen immer enger werdenden Zusammenschluss bewirken. Die Menschen sind sich ihrer Einheit wieder mehr bewusst, gerade in Zeiten, in denen ihre irdische Umwelt immer fragiler wird. Dabei drohen jedoch die historisch gewachsenen Eigenzüge ganzer Kontinente mit ihren jeweils individuellen Gesellschaften verlorenzugehen. Diese Vorgänge werden von vielen Menschen mit Chancen und Hoffnungen, aber auch mit Risiken und Ängsten verbunden. Dabei scheint in der aktuellen Debatte die Globalisierung zunächst ein modernes Phänomen zu sein. Aus historischer Perspektive sieht es jedoch anders aus, und es lohnt sich, auf die Genese der heutigen Welt als eine aktuelle Momentaufnahme zurückzublicken. So wird auch aus den in diesem Band versammelten Beiträgen deutlich, dass es besonders am Beginn der Menschheit eine lang andauernde Globalisierung gab, ja dass sie geradezu die Anfänge der Menschheit über Jahrmillionen prägte. Aus einem einheitlichen Menschengeschlecht, das sich allmählich über den gesamten Globus ausbreitete, entwickelten sich zentrifugal in unterschiedlichen Ökosystemen immer weiter differenzierende Gesellschaften, die seit dem revolutionären Prozess der produzierenden Wirtschaftsweise sich immer weiter voneinander entfernten und begannen, ein isoliertes Eigenleben zu führen.

Globalisierung

Diese Tatsachen dürfen wir in der aktuellen Diskussion nicht vergessen, und wir werden in einem historischen Längsschnitt verstehen, dass sich Globalisierung und Regionalisierung nicht ausschließen, sondern sich gegenseitig bedingen. Gerade der erste Band der hier vorlegten Weltgeschichte steht unter diesem Motto, denn in dem längsten Abschnitt der Menschheitsgeschichte – es handelt sich um ca. 2,5 Millionen Jahre! – wird das gemeinsame kulturelle Erbe in seiner Einheit und Vielfalt in einer Pendelbewegung deutlich. Über einen kaum messbaren, fast unvorstellbar langen Zeitraum löste sich der Mensch als biologisches Wesen aus dem Tierreich und schuf als einziges geistbegabtes Wesen seine Kultur – und sei sie noch so einfach, wie die ältesten Geräte. Er blieb aber noch bis zu seiner Sesshaftwerdung seiner natürlichen Umwelt unauflöslich verhaftet. Wir sprechen aber für diesen Abschnitt bewusst nicht von einer Naturgeschichte des Menschen. Mit der Einführung von Ackerbau und Viehzucht in vielleicht mehreren Zentren der Alten (Asien, Europa, Afrika) und Neuen Welt (Amerika) griff der Mensch immer weiter und tiefer in seine Umwelt ein und gestaltete sie zunehmend nach seinen Bedürfnissen, die nicht nur wirtschaftlicher, sondern auch sozialer und religiöser Art waren. So schuf er bis zum Ende der Bronzezeit und Eisenzeit – hierin sind die frühen Hochkulturen einbezogen – in den siedlungsgünstigen Landstrichen der Alten Welt fast überall seinen Ansprüchen dienende strukturierte Kulturlandschaften. An ihren jeweiligen Rändern und außerhalb davon gab es alternative Lebenskonzepte, wie zum Beispiel das der Nomaden, die vielfach in einem konfliktgeprägten Antagonismus zu den sogenannten Zivilisationen standen.


Evolutionskomik. Vom Primaten zum Computernutzer.

Ende der Eiszeiten

Mit dem Ende der Eiszeiten begann ab ca. 12.000 bis 10.000 Jahren vor heute in einigen ökologisch günstigen Zentren mit der Sesshaftwerdung des Menschen die wirtschaftliche Trennung zwischen nichtsesshaften Jägern, Fischern und Sammlern einerseits und sesshaften Ackerbauern sowie Viehzüchtern andererseits. Die produzierende Wirtschaftsweise löste die aneignende ab. Dabei wurden die Wildbeuter zunehmend aus ihrem angestammten Lebensraum an die Ränder der Oikumene zurückgedrängt. Es ist ein bis heute noch dauernder Prozess. Es ist jedoch ausdrücklich davor zu warnen, mit diesen Ethnien eine tief in der Vergangenheit verwurzelte Lebensweise oder Geisteshaltung zu verbinden. Es ist gerade ein wichtiges Ergebnis archäologischer, ethnologischer und historischer Forschung, nachgewiesen zu haben, dass es auf unserem Globus keine Region gegeben hat, die nicht direkt oder indirekt mit anderen in Kontakt gestanden hat. Dieser konnte natürlich irgendwann einmal unterbrochen werden; so kam es zu regionalen Eigenentwicklungen und mitunter dauerhaften Isolationen. Wir wissen heute, dass gerade der scheinbar „primitive“, das heißt zugleich altsteinzeitlich wirkende Entwicklungsstand der vielfach im 19. und frühen 20. Jahrhundert zur „Kultur der Kulturlosen“ (Karl Weule) gerechneten Aborigines in Australien, der Wedda auf Sri Lanka, der Pygmäen im zentralafrikanischen Regenwald oder der Patagonier im eisigen Feuerland einen somatischen und kulturellen Anpassungsprozess an ihre natürliche Umwelt darstellt.

In den einzelnen Beiträgen des vorliegenden Bandes wird überdeutlich, dass der Mensch die meiste Zeit seiner Existenz global agierte. Auf Dauer besiedelte Landschaften entstanden nur dort, wo es hervorragende ökologische Voraussetzungen gab. Klima, Boden, Vegetation und das Angebot an Flora und Fauna wirkten aber in nur wenigen Landschaften als günstige Faktoren zur Domestikation von Tieren und zur Kultivierung von bestimmten Pflanzen zusammen.

wbg Weltgeschichte Bd. I

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