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Die ungleiche Wasserversorgung in Afrika: Eine kontinentale Entwicklungshypothek

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STEFFEN NIEMANN

OLIVIER GRAEFE


Abb. 3.1: Die für große Teile der Bevölkerung Afrikas, vor allem für Frauen und Kinder, tägliche Arbeit des Wasserholens von gemeinschaftlich genutzten Anschlüssen oder Brunnen bindet enorm viel Zeit (Foto: S. NIEMANN)

„Bei uns im Sahel“, so wird der langjährige Präsident des Senegal, Abdou Diouf, verschiedentlich zitiert, „haben wir drei Probleme: Das erste ist Wasser, das zweite ist Wasser und das dritte ist Wasser.“ – Wenngleich in Afrika die Versorgung der wachsenden Bevölkerung mit Wasser seit mehreren Jahrzehnten einen Kernbereich nationalen und internationalen Engagements bildet, fehlt südlich der Sahara noch immer rund 300 Mio. Menschen (rd. 43 % der dort lebenden Bevölkerung) eine hinreichende Wasserversorgung (HUMAN DEVELOPMENT REPORT 2006), haben sich in manchen Staaten die Lebensbedingungen gegenüber 1995 gar verschlechtert. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts litten 14 der 53 afrikanischen Staaten an Wassermangel, hierbei definiert als ein rechnerisches Pro-Kopf-Dargebot von weniger als 1700 m3 je Jahr – für die kommenden 25–30 Jahre wird ein Anwachsen dieser Staatengruppe auf 25 erwartet (vgl. UNEP 2002). Dass und inwieweit die Versorgung mit dem in Mitteleuropa oftmals so selbstverständlich erscheinenden Gut auch eine Frage der Politik ist, wird gerade auch in Afrika mit seinem ungleich vorhandenen Dargebot und seinen hiervon oft unabhängigen Standards der Wasserversorgung offensichtlich (NIEMANN/GRAEFE 2006).

Problemräume

In den Trockengürteln Afrikas gelegen, sind insbesondere die Staaten des Sahel sowie des südlichen Afrika wachsenden Problemen der Wasserversorgung ausgesetzt. Genährt durch das anhaltende natürliche Bevölkerungswachstum von 2,5 % (für den gesamten Kontinent) und die Meldungen über die globale Klimaerwärmung werden somit vor allem für Nordafrika, die Anrainer des Nils sowie für das südliche Afrika wachsende Konflikte um die kostbare Ressource diskutiert. Die Problematik wird bei einem kurzsichtigen Blick auf die gesamtkontinentale Niederschlagssituation nicht deutlich, erweist sich diese doch mit durchschnittlich etwa 670 mm je Jahr als relativ moderat, auch das durchschnittliche Pro-Kopf-Dargebot liegt mit 5720 m3 / Ew./Jahr in Afrika nur geringfügig unter dem weltweiten Durchschnitt von 7600 m3 /Ew./Jahr (vgl. UNEP 2002). Hier zeigt sich die Schwierigkeit einer oftmals vorgenommenen Verallgemeinerung. Legitimerweise ist es nicht möglich, von den Wasserproblemen Afrikas zu sprechen. Die Unterschiede sowohl zwischen den Staaten, die sehr verschiedenen Klimazonen angehören, wie auch innerhalb dieser zwischen städtischen und ländlichen Regionen erfordern eine differenzierte Betrachtung. Niederschläge sind nicht nur räumlich bekanntermaßen höchst ungleich verteilt, sondern weisen auch eine hohe Saisonalität und interannuelle Variabilität auf – ein Charakteristikum, welches im Zuge des globalen Klimawandels eine zusätzliche Verschärfung erwarten lässt. So ist beispielsweise der Tschadsee, die Wasserquelle von immerhin etwa 20 Mio. auf sechs Staaten verteilten Menschen, während der letzten vier Jahrzehnte um 95 % seiner ehemaligen Fläche geschrumpft (vgl. UNEP 2002).

Räumliche Disparitäten

Vergleicht man die Bevölkerungsverteilung und -dichte in den einzelnen Teilräumen des afrikanischen Kontinents mit einer Darstellung von Gewässernetz und Niederschlagsmengen, so zeigt sich, dass vor allen Dingen die (hinsichtlich des Wasserdargebots) gemäßigten Zonen eine dichtere Besiedlung aufweisen. Dabei besteht kein ursächlicher Zusammenhang zwischen den Niederschlagssummen und dem hieraus resultierenden natürlichen Wasserdargebot einerseits und der Qualität der Wasserversorgung, also dem Grad der tatsächlichen Wasserverfügbarkeit für den Einzelnen, andererseits. In Nord- wie auch in Westafrika weisen benachbarte (und folglich mit vergleichbaren physisch-geographischen Voraussetzungen ausgestattete) Länder sehr unterschiedliche Werte hinsichtlich des Wasserversorgungsgrades der Bevölkerung auf. In der DR Kongo, mit knapp einem Viertel der internen erneuerbaren Süßwasservorräte des Kontinents der wasserreichste Staat Afrikas (vgl. UNEP 2002), ist die Wasserversorgungssituation wesentlich schlechter als in ariden Staaten wie beispielsweise Algerien, Ägypten oder auch Namibia. Wasserarmut ist, so zeigt sich hier, nicht nur eine Frage der Ausstattung eines Raumes mit zur Verfügung stehenden Wasserressourcen. Geodeterministische Ansätze greifen damit zugleich in der Erklärung bestehender Probleme bezüglich der Ressource Wasser zu kurz. Wasserverfügbarkeit erweist sich stattdessen jenseits hydrologischer Ausstattungsmerkmale als ein Ergebnis von Investitionen, unter anderem für den Bau und die Wartung der notwendigen Infrastruktur, der Organisation und des Managements der Anlagen bzw. der damit beauftragten Institutionen, letztlich also als Resultat der machtpolitischen Beziehungen zwischen Staat und Gesellschaft (vgl. GRAEFE 2006). Hierbei zeigt sich auf der Ebene der Haushalte eine enge Beziehung zwischen dem eingeschränkten Zugang zu Wasser und niedrigem Einkommen. In vielen Städten wie auch in ländlichen Räumen südlich der Sahara liegen die Ursachen bestehender Probleme oftmals im fehlenden Kapital begründet, aber auch im fehlenden politischen Willen, notwendige Investitionen zu tätigen und die Verwaltung der Wasserversorgung zu verbessern. Erforderliche Infrastruktur ist entweder nicht vorhanden oder veraltet. Als Folge hiervon muss die Bevölkerung immer mehr Zeit aufwenden, um den täglichen Bedarf an sauberem Trinkwasser decken zu können.


Abb. 3.2: Afrika, Niederschlagsverteilung


Abb. 3.3: Afrika, Bevölkerungsdichte


Abb. 3.4: Afrika, Wasserversorgungsgrad

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