Читать книгу Afrika - Группа авторов - Страница 9
Hungerkontinent Afrika
ОглавлениеBefunde
Die Zuständigkeit für die Erreichung des ersten Millenniumszieles – Halbierung des Hungers bis zum Jahr 2015 – liegt hauptsächlich bei der Welternährungsorganisation (FAO). War dabei 1991/92 von insgesamt 842 Mio. Hungernden auszugehen, so lag die Zahl im Jahr 2007 bei weltweit 923 Mio.
Ursachen des Hungers
Die UN unterscheiden zwischen konjunkturellen und strukturellen Ursachen des Hungers. Konjunkturelle Ursachen sind z.B. Naturkatastrophen wie Dürren und großflächige Überschwemmungen oder Wirtschaftskatastrophen wie etwa der Zusammenbruch vieler asiatischer Volkswirtschaften in den 1990er-Jahren und der derzeitige Boom der Lebensmittelpreise. In diesen Situationen wird entweder die Nahrungsproduktion durch die Katastrophen unmöglich und/oder der Zugang zu Nahrung wird für die Familien aufgrund zu hoher Lebensmittelpreise unerschwinglich. Letzteres betrifft oft die städtischen Einwohner, wie die Asienkrise am Beispiel Indonesiens gezeigt hat und wie es Anfang des 21. Jahrhunderts in Argentinien und Uruguay deutlich wurde (DRESCHER 2007). Ganz aktuell zeigt sich dieser Zusammenhang in der derzeitigen globalen Finanzkrise und den stark schwankenden Lebensmittelpreisen.
Der strukturell bedingte Hunger ist weit schwieriger zu fassen, doch gilt eine verfehlte Politik auf nationaler und internationaler Ebene (engl. bad governance) als Hauptursache.
Auf nationaler Ebene sind verfehlte Landpolitik, unrentable Anbaupraxis, die Vernachlässigung der ländlichen Räume und der Infrastruktur, Korruption und verfehlte Sozialpolitik die häufigste Ursache für Hunger. Verteilungskonflikte, Umweltzerstörung, Missachtung von Menschenrechten, Staatsversagen und Staatszerfall gelten als weitere häufige strukturelle Gründe (BMZ 2002).
Nachholende Entwicklung
Jahrzehntelang haben die UN die Landwirtschaft vernachlässigt. Kurz vor dem letzten Welternährungsgipfel im Juni 2008 wurde jedoch festgelegt, dass die Landwirtschaft wieder zum Schwerpunkt werden solle, verbunden mit der Freigabe von 17 Mio. US-$ für Saatgut, Dünger und Werkzeuge. Nach Schätzungen der FAO wären für die Pflanzsaison bis 2009 allerdings ca. 1,7 Mrd. US-$ nötig gewesen, damit die lange vernachlässigten landwirtschaftlichen Systeme – insbesondere in Afrika – wieder auf die Beine kommen (E+Z 2008).
Abb. 1.3: Afrika in der Hungerindex-Weltkarte (IFPRI 2008)
Hungerindex
Der Hungerindex der UN setzt sich zusammen aus dem Anteil der unterernährten Menschen in einem Land, der Anzahl der unterernährten Kinder unter fünf Jahren und der Kindersterblichkeit bei Kindern unter fünf Jahren (IFPRI 2008). Abbildung 1.3 zeigt deutlich, wie gravierend die Situation auf dem afrikanischen Kontinent ist. 23 afrikanische Staaten befinden sich in einem alarmierenden Zustand, davon sieben Länder in extremer Mangelsituation.
Strategien
Die FAO unterstützt durch eigene Programme insbesondere in Afrika die Nahrungsproduktion mit der Lieferung von Saatgut und Düngern, um die landwirtschaftliche Produktion zu verbessern. In der Kooperation mit NEPAD (The New Partnership for Africa’s Development) werden Pläne für 16 afrikanische Länder entwickelt, um der steigenden Nahrungsmittelpreise Herr zu werden. Die FAO fordert zum einen die Verbesserung des Zugangs zu Nahrung für die am stärksten Betroffenen, zum anderen die Unterstützung von Kleinbauern zur Steigerung ihrer Erntemenge und ihres Verdienstes. Denn: Der zunehmende Hunger gefährdet auch viele der anderen Millenniumsziele (FAO 2008). Aus den Ausführungen der FAO wird auch deutlich, dass die Bekämpfung des Hungers mehr vereintes Handeln und eine bessere Finanzierung braucht.
Ergänzt wird das Engagement der FAO durch die Tätigkeit weiterer Weltorganisationen. So befassen sich UNEP und UNCTAD mit der Rolle der Biologischen Landwirtschaft (Organic Farming) für die Entwicklungsmöglichkeiten und Ernährungssicherung in Afrika. Dieses Thema wird seit vielen Jahren kontrovers diskutiert und ist stark von Ideologien geprägt. Besonders umstritten ist hier die Auseinandersetzung um die genetisch modifizierten Nutzpflanzen, denen viele afrikanische Staaten kritisch gegenüberstehen. Eine neue Studie der UN kommt zu dem Ergebnis, dass der naturnahe Landbau die landwirtschaftliche Produktivität steigern und Einkommen schaffen kann. Alle Fallstudien in Afrika machen deutlich, dass die Produktivität der naturnahen Anbausysteme gesteigert wurde, welches den gängigen Mythos infrage stellt, nach dem die biologische Landwirtschaft zu keiner Produktionssteigerung beitrage. Die Studie folgert weiter, dass diese Form der Landwirtschaft bestens für kleine, arme und marginalisierte Bauern geeignet sei und es im Hinblick auf die weltweit steigenden Nahrungspreise notwendig würde, Anbausysteme mit geringem externen Energiebedarf zu fördern (UNEP/UNCTAD 2008). Organic Farming unterstützt dabei genau die Gruppe von Menschen, die besonders stark von Nahrungsunsicherheit betroffen ist. Dies unterstreicht auch der Weltagrarbericht 2008 des Weltlandwirtschaftsrates (IAASTD).
FAO–UNEP–UNCTAD–IAASTD
FAO (United Nations Food and Agriculture Organization, Sitz in Rom), UNEP (United Nations Environment Programme, Sitz in Nairobi) und UNCTAD (United Nations Conference on Trade and Development, Sitz in Genf) sind Organe bzw. Programme der Vereinten Nationen in der Ernährungs-, Umwelt- und Handelspolitik. Das IAASTD (International Assessment of Agricultural Science and Technology for Development, Sitz in Washington, DC) wurde auf Initiative der Weltbank 2002 auf dem Entwicklungsgipfel in Johannesburg gegründet.
Wie wichtig Strategien gegen den Hunger sind, zeigt insbesondere eines der IPCC-Szenarien bis zum Jahr 2080. Dieses weist für die Sahelzone und größere Gebiete Afrikas südlich des Äquators eine bedrohliche Negativentwicklung des Getreideanbaus mit –50 % und darunter aus. Darüber hinaus werden zahlreiche andere negative Auswirkungen prognostiziert, die direkt und indirekt die Nahrungsversorgung beeinflussen (vgl. Abb. 1.3).
IPCC
Der Weltklimarat IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change, Sitz in Genf) fungiert als Wissenschafts- und Diplomatieforum und ist eine Sonderorganisation der Vereinten Nationen.