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3. Resümee

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Nach dem kritischen Durchgang durch das Religions- und Theologieverständnis des neuen Atheismus möchte ich in Form einiger Thesen darlegen, inwiefern ein undogmatisches Christentum den neuen Atheismus als Herausforderung annehmen sollte.

1. Da der neue Atheismus bei seiner Bestreitung des Gottesglaubens sich vor allem auf die naturwissenschaftlichen Forschungen zur Kosmologie und Evolutionsbiologie bezieht, ist es für ein undogmatisches Christentum unverzichtbar, in diesem Bereich sich gründliche Kenntnisse über die wichtigsten Ergebnisse und maßgeblichen Theorien sowie über die damit einhergehenden weltanschaulichen Optionen zu verschaffen.

2. Damit muss sich die Bereitschaft verbinden, überkommene Glaubensgewissheiten in Frage zu stellen und nach Möglichkeiten zu suchen, wie christlicher Glaube so zum Ausdruck gebracht werden kann, dass er mit moderner Naturwissenschaft kompatibel ist.

3. Ein undogmatisches Christentum wendet sich gegen ein kritikloses Hinnehmen von Biblizismus, Kreationismus und Exklusivismus innerhalb der Kirchen. Es begreift vielmehr das 500-jährige Reformationsjubiläum als Ermutigung, „das immer wieder gefährdete Projekt einer kritischen Selbstaufklärung des christlichen Glaubens fortzusetzen“91.

4. Ein undogmatisches Christentum ist bereit zu einem ergebnisoffenen Dialog mit dem neuen Atheismus, sofern dieser in gegenseitigem Respekt vor der Meinungs- und Religionsfreiheit des Einzelnen geführt wird, was Bekehrungsfanatismus und diffamierende Urteile vonseiten des neuen Atheismus verbietet.

5. Ein solcher Dialog ist dann weiterführend, wenn die Partner bereit sind, eigene Positionen kritisch zu hinterfragen und sich dem besseren Argument zu öffnen. Dabei gilt es Schwächen der eigenen Argumentation nicht zu verdecken, sondern offenzulegen.

6. Undogmatisches Christentum und neuer Atheismus sollten sich über den Streit in der Gottesfrage hinweg der höheren Aufgabe verpflichtet wissen, in überzeugender Weise Menschen weltweit in allen Lebensbereichen für aufgeklärtes Denken und humanes Verhalten zu gewinnen. Voraussetzung dafür ist, dass der neue Atheismus auf jeglichen weltanschaulichen Totalitätsanspruch verzichtet, was sich für ein undogmatisches Christentum schon per definitionem von selbst versteht.

7. Um mit JAN-HEINER TÜCK zu sprechen: „Nicht nur der Glaubende muss durch das Purgatorium atheistischer Rückfragen hindurch; auch der Atheist sieht sein Credo der Rückfrage ausgesetzt, ob der Gott, den er verneint, nicht ein selbst fabriziertes Konstrukt ist.“92

1 Vgl. GERT PICKEL, Säkularisierung und Konfessionslosigkeit im vereinigten Deutschland, in: Reinhard Hempelmann/Hubertus Schönemann (Hg.), Glaubenskommunikation mit Konfessionslosen. Kirche im Gespräch mit Religionsdistanzierten und Indifferenten (EZW-Texte Nr. 226), Berlin 2013, S. (11–36) 21–24; ANDREAS FINCKE, Konfessionslos in Deutschland. Ein Erbe der Wiedervereinigung als Auftrag, in: EvOr 3/2015, S. 16f.; MICHAEL N. EBERTZ, Der große Auszug. Noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik traten so viele Menschen aus der Kirche aus wie im vergangenen Jahr. Anmerkungen zu einer dramatischen Entwicklung, in: Publik-Forum Nr. 18/2015, S. 26–28. – S. auch die Prognose von THOMAS GROSSBÖLTING, Der verlorene Himmel. Glaube in Deutschland seit 1945, Göttingen 2013, S. 184: „Verlängert man den Trend der vergangenen Jahre, dann wird um 2025 die Mehrheit der Bevölkerung keiner der christlichen Konfessionen mehr angehören.“

2 Vgl. G. PICKEL, Säkularisierung und Konfessionslosigkeit im vereinigten Deutschland, S. 35f.

3 HEINZ ZAHRNT, Gotteswende. Christsein zwischen Atheismus und Neuer Religiosität, München/Zürich 1989, S. 33.

4 Ebd.

5 Zit. nach: RICHARD DAWKINS, Der Gotteswahn. Aus dem Englischen von Sebastian Vogel, Berlin 62007, S. 53f.; Text im Original kursiv. – Zur Kritik von Dawkins’ atheistischen Thesen vgl. insbesondere HUBERTUS MYNAREK, Die Neuen Atheisten. Ihre Thesen auf dem Prüfstand, Essen 2010, S. 17–217.

6 MICHAEL SCHMIDT-SALOMON, Manifest des evolutionären Humanismus. Plädoyer für eine zeitgemäße Leitkultur, Aschaffenburg 22006, S. 47.

7 A.a.O., S. 47f.

8 A.a.O., S. 54.

9 Siehe MICHAEL SCHMIDT-SALOMON, Wer den Schuss nicht gehört hat, sollte nicht von Fehlstart sprechen … Replik auf Joachim Kahls Kritik am Manifest des evolutionären Humanismus, in: Helmut Fink (Hg.), Was heißt Humanismus heute? Ein Streitgespräch zwischen Joachim Kahl und Michael Schmidt-Salomon, Aschaffenburg 2007, S. (51–69) 64.

10 S. ebd.

11 Siehe M. SCHMIDT-SALOMON, Manifest des evolutionären Humanismus (s. Anm. 6), S. 162.

12 A.a.O., S. 61f.

13 S. a.a.O., S. 62.

14 S. ebd.

15 Vgl. R. DAWKINS, Der Gotteswahn (s. Anm. 5), S. 250–267.

16 ULRICH H. J. KÖRTNER, Neuer Atheismus, in: GlLern 28 (2013), S. (107–121) 116f.

17 M. SCHMIDT-SALOMON, Manifest des evolutionären Humanismus (s. Anm. 6), S. 7.

18 Vgl. MICHAEL SCHMIDT-SALOMON, Keine Macht den Doofen! Eine Streitschrift, München/Zürich 2012, S. 44.

19 S. a.a.O., S. 43f.

20 HANS KÜNG, Projekt Weltethos, München/Zürich 1990, S. 58–62. Dabei weist Küng auf den ersten Artikel der Menschenrechtserklärung der Vereinten Nationen vom 10.12.1948 hin: „Alle Menschen werden frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen sich zueinander im Geiste der Brüderlichkeit verhalten.“ (a.a.O., S. 60) – Vgl. dazu zustimmend aus einer atheistischen Perspektive JOACHIM KAHL, Dialogische Aufklärung statt plattes Abbügeln. Erwiderung auf Michael Schmidt-Salomons Kritik an meinem Buch Weltlicher Humanismus, in: Helmut Fink (Hg.), Was heißt Humanismus heute? Ein Streitgespräch zwischen Joachim Kahl und Michael Schmidt-Salomon, Aschaffenburg 2007, S. (41–50) 48.

21 A.a.O., S. 171.

22 M. SCHMIDT-SALOMON, Manifest des evolutionären Humanismus (s. Anm. 6), S. 164.

23 Ebd.

24 Siehe MICHAEL SCHMIDT-SALOMON, Hoffnung Mensch. Eine bessere Welt ist möglich, München/Zürich 2014, S. 317.

25 S. a.a.O., S. 92f.

26 S. a.a.O., S. 93.

27 Ebd.

28 S. ebd.

29 Vgl. ebd.

30 S. ebd.

31 Ebd.

32 Ebd.

33 S. a.a.O., S. 93f.

34 A.a.O., S. 99.

35 Vgl. ALBERT SCHWEITZER, Aus meinem Leben und Denken (1931), in: ders., Gesammelte Werke (= GW), hg. v. Rudolf Grabs, Bd. 1, München 1974, S. (19–252) 249.

36 ALBERT SCHWEITZER, Kultur und Ethik. Kulturphilosophie Zweiter Teil. Olaus Petri Vorlesungen an der Universität Upsala (1923), in: ders., GW 2, München 1974, S. (95–420) 412f.

37 M. SCHMIDT-SALOMON, Hoffnung Mensch (s. Anm. 24), S. 318.

38 Ebd.

39 S. ebd.

40 S. a.a.O., S. 322.

41 MICHAEL SCHMIDT-SALOMON/HELGE NYNCKE, Wo bitte geht’s zu Gott? fragte das kleine Ferkel. Ein Buch für alle, die sich nichts vormachen lassen, Aschaffenburg 2007.

42 MATTHIAS PETZOLDT, Was glaubt, wer nicht glaubt? Orientierungsversuche in einem unübersichtlichen Terrain, in: Reinhard Hempelmann (Hg.), Atheistische Weltdeutungen. Herausforderung für Kirche und Gesellschaft (EZW-Texte Nr. 232), Berlin 2014, S. (9–28) 21.

43 H. ZAHRNT, Gotteswende (s. Anm. 3), S. 67f.

44 Siehe R. DAWKINS, Der Gotteswahn (s. Anm. 5), S. 81f.

45 LARS KLINNERT, Besser leben ohne Gott? Der „neue Atheismus“ als bleibende Herausforderung für Kirche und Gesellschaft, in: Reinhard Hempelmann (Hg.), Atheistische Weltdeutungen. Herausforderung für Kirche und Gesellschaft (EZW-Texte Nr. 232), Berlin 2014, S. (29–51) 46f.

46 Vgl. a.a.O., S. 48.

47 R. DAWKINS, Der Gotteswahn (s. Anm. 5), S. 130.

48 Vgl. a.a.O., S. 131.

49 Vgl. a.a.O., S. 131f.

50 S. a.a.O., S. 132f.

51 Vgl. a.a.O., S. 136.

52 A.a.O., S. 134.

53 A.a.O., S. 137.

54 KLAUS MÜLLER, Atheismus als Gegenreligion. Die Gottesfrage als öffentlich-politisches Thema – und was Theologie daraus lernen kann, in: Magnus Striet (Hg.), Wiederkehr des Atheismus. Fluch oder Segen für die Theologie? (Theologie kontrovers), Freiburg i.Br. 2008, S. (29–56) 37.

55 Siehe M. SCHMIDT-SALOMON, Manifest des evolutionären Humanismus (s. Anm. 6), S. 51.

56 Siehe R. DAWKINS, Der Gotteswahn (s. Anm. 5), S. 136.

57 GERD THEISSEN, Polyphones Verstehen. Entwürfe zur Bibelhermeneutik (Beiträge zum Verstehen der Bibel, Bd. 23), Berlin 2014, S. 21.

58 A.a.O., S. 63f.

59 R. DAWKINS, Der Gotteswahn (s. Anm. 5), S. 84.

60 H. ZAHRNT, Gotteswende (s. Anm. 3), S. 84.

61 Vgl. R. DAWKINS, Der Gotteswahn (s. Anm. 5), S. 174.

62 DIETRICH BONHOEFFER, Widerstand und Ergebung. Briefe und Aufzeichnungen aus der Haft, hg. v. Christian Gremmels, Eberhard Bethge u. Renate Bethge in Zusammenarbeit mit Ilse Tödt (DBW 8), Gütersloh 1998, S. 454f.

63 Vgl. THOMAS SCHÄRTL, Neuer Atheismus. Zwischen Argument, Anklage und Anmaßung, in: StZ 226 (2008), S. (147–161) 156.

64 HANS KESSLER, „Das Konzept Gott – warum wir es nicht brauchen“? Zu Burkhard Müllers respektablem Atheismus, in: Magnus Striet (Hg.), Wiederkehr des Atheismus. Fluch oder Segen für die Theologie? (Theologie kontrovers), Freiburg i.Br. 2008, S. (57–76) 58.

65 Vgl. a.a.O., S. 62.

66 Vgl. R. DAWKINS, Der Gotteswahn (s. Anm. 5), S. 74–78.

67 H. KESSLER, „Das Konzept Gott – warum wir es nicht brauchen“? (s. Anm. 64), S. 62.

68 Vgl. a.a.O., S. 68.

69 Ebd.

70 Vgl. R. DAWKINS, Der Gotteswahn (s. Anm. 5), S. 204–207.

71 A.a.O., S. 223.

72 L. KLINNERT, Besser leben ohne Gott? (s. Anm. 45), S. 47.

73 Vgl. WOLFGANG ACHTNER, Evolutionstheorie und Atheismus, in: Albert J. J. Anglberger/Paul Weingartner (Hg.), Neuer Atheismus wissenschaftlich betrachtet, Heusenstamm 2010, S. (71–100) 81.

74 Vgl. a.a.O., S. 85.

75 R. DAWKINS, Der Gotteswahn (s. Anm. 5), S. 328.

76 Vgl. M. SCHMIDT-SALOMON, Hoffnung Mensch (s. Anm. 24), S. 317.

77 A.a.O., S. 318.

78 Ebd. – Im Unterschied zum neuen Atheismus weiß der sich selbst als „frommer Atheist“ verstehende Kenner der europäischen Philosophie- und Theologiegeschichte HERBERT SCHNÄDELBACH die christliche Theologie als „die im Christentum selbst institutionalisierte Religionskritik“ und einen „Motor der abendländischen Aufklärung“ zu würdigen (s. HERBERT SCHNÄDELBACH, Religion in der modernen Welt. Vorträge, Abhandlungen, Streitschriften, Frankfurt a.M. 2009, S. 9. 18).

79 R. DAWKINS, Der Gotteswahn (s. Anm. 5), S. 346.

80 Ebd.

81 Vgl. a.a.O., S. 346f.

82 S. a.a.O., S. 347.

83 Vgl. a.a.O., S. 349.

84 Vgl..a.a.O., S. 351.

85 Ebd.

86 Vgl. ebd.

87 Vgl. M. SCHMIDT-SALOMON, Manifest des evolutionären Humanismus (s. Anm. 6), S. 60.

88 S. ebd.

89 Vgl. WERNER ZAGER, Die Auferstehung Jesu in historisch-kritischer und psychologischer Perspektive, in: ders., Jesus und die frühchristliche Verkündigung. Historische Rückfragen nach den Anfängen, Neukirchen-Vluyn 1999, S. 63–87.

90 Vgl. M. SCHMIDT-SALOMON, Manifest des evolutionären Humanismus (s. Anm. 6), S. 60.

91 L. KLINNERT, Besser leben ohne Gott? (s. Anm. 45), S. 51.

92 JAN-HEINER TÜCK, Rebellion gegen Gott. Glauben, nicht mehr glauben zu können. Anmerkungen zu Pascal Merciers „Nachtzug nach Lissabon“, in: Magnus Striet (Hg.), Wiederkehr des Atheismus. Fluch oder Segen für die Theologie? (Theologie kontrovers), Freiburg i.Br. 2008, S. (119–138) 135.

Der neue Atheismus

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