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3 Fremde

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Vorweg ist festzuhalten, dass nicht von Konversion oder Religionsübertritt im heutigen Sinn gesprochen werden kann, wenn alttestamentliche Texte die Zuwendung Fremder zum Gott Israels thematisieren. Zum einen begann sich eine gesellschaftliche Ausdifferenzierung des Religiösen erst anzubahnen; religiöse Vorstellungen und Praktiken waren herkömmlicherweise essentieller Teil der primär ethnisch geprägten Weltanschauung und Lebensführung. Zum anderen ist der literarische Charakter der Rede von der Zuwendung Fremder zu JHWH zu beachten. Bei näherem Hinsehen zeigt sich, dass sich das Motiv beispielsweise aufgreifen ließ, um die Bedeutung und Wirkmächtigkeit JHWHs zu unterstreichen, die ihn als „wahren/lebendigen Gott“ bzw. als „wahren König“ auszeichnet (→ König, Gott als König).

Gleich mehrere Beispiele für letzteres finden sich im Danielbuch (Dan 2; 3; 4; 6). Die einschlägigen Passagen lassen den König einer Großmacht – Nebukadnezzar als Herrscher Babyloniens und Darius als Herrscher Persiens – jeweils aufgrund wundersamer Ereignisse bekennen, dass JHWH der „Gott der Götter und Herr der Könige“ (Dan 2,47; vgl. Jes 45,1–7), der „König des Himmels“ (Dan 4,34) und der „lebendige Gott“ (Dan 6,27) sei. Wie keine andere Gottheit vermöge er zu retten (Dan 3,29). In 2 Kön 5, einer dem Elischa-Zyklus zugehörigen Wundererzählung, steht weniger die Konkurrenz zwischen irdischem und himmlischem König als die Verhältnisbestimmung zwischen JHWH als Gott Israels und den Gottheiten anderer Völker im Zentrum: Der an Aussatz erkrankte große aramäische Feldherr Naaman weiß dank einer israelitischen Sklavin in seinem Haushalt um Elischa und begibt sich zu ihm, um geheilt zu werden (→ Krankheit). Beeindruckt von der Heilung ist für ihn danach klar, „dass es nirgends auf der Erde einen Gott gibt außer in Israel“ (2 Kön 5,15). Gleich von einer Gruppe von Fremden, die ein einschneidendes Erlebnis mit JHWH in Verbindung bringen, erzählt das erste Kapitel des Jonabuches: Die Seeleute, die den Hebräer Jona über Bord werfen, schreiben hier den Sturm, dem das Schiff ausgesetzt ist, Jonas Gott zu, dem „Gott des Himmels, der das Meer und das Festland gemacht hat“ (Jona 1,9). Zwar endet diese Episode nicht mit einem expliziten Bekenntnis der Seeleute zu JHWH, aber doch mit dem Hinweis darauf, dass sie ihn zu fürchten und ihn kultisch zu verehren begannen (zu Jona siehe auch → Fisch, Mann im).

Aufgrund der Verwobenheit von Religion und Ethnizität bedienen sich einige alttestamentliche Texte des Motivs der Zuwendung Fremder zum Gott Israels, um die Frage nach dem Umgang mit Fremden zu thematisieren (→ Fremde). Prominent geschieht dies im Buch Rut, das von der erfolgreichen Integration der Moabiterin Rut, der Schwiegertochter Noomis, in Betlehem handelt. „Dein Volk ist mein Volk, und dein Gott ist mein Gott“, betont Rut, als Noomi sie nach ihrem eigenen Aufenthalt in der Fremde nicht nach Betlehem mitnehmen, sondern zu ihrer Mutter zurückschicken will (Rut 1,16 → Frau, trauernde). Zu sehen, wie sich die gegenseitige Zuneigung der beiden Frauen am Ende ausbezahlt hat, veranlasst die Frauen Betlehems zum Urteil, dass eine fremde Schwiegertochter mehr wert sein kann als sieben Söhne (Rut 4,15). Auf einen religionssoziologischen Wandel in hellenistisch-römischer Zeit, der Konversionen bzw. die Existenz eines sog. Proselytentums in den Blick kommen lässt, dürften Est 8,17 (vgl. insbesondere die Septuagintafassung) und die Erzählung um den Ammoniter Achior im Juditbuch (Jdt 5–6; 14) verweisen. In Jdt 14,10 heißt es von Achior, er habe aus ganzem Herzen an Gott geglaubt, sich beschneiden lassen und sei von da an dem Haus Israel zugerechnet worden. Indem die genannten Schriften an der Möglichkeit einer Integration fremdstämmiger Männer und Frauen festhalten, lassen sie sich als Gegentexte zu biblischen Passagen verstehen, die rigoros exklusivistisch urteilen (vgl. Dtn 23,4–7; Esra 9–10; Neh 13,23–27).

Ambivalent bleibt die Erzählung von den Söhnen Jakobs, die listig von allen Männern der Heimatstadt Hamors und Sichems die Beschneidung verlangen, damit Sichem ihre Schwester Dina heiraten darf (Gen 34). Als die Männer der Stadt im Wundfieber liegen, überfallen sie die Stadt, töten alle Männer und plündern den Ort. Für Jakobs Söhne ist dieses listige Vorgehen die angemessene Reaktion darauf, dass Sichem sich an Dina vergangen hatte, als diese ausging, um die Töchter des Landes kennenzulernen (Gen 34,1–2). Gen 34 greift das Bekehrungsmotiv somit über das Ritual der Beschneidung auf, lässt aber die Annäherungsbestrebungen der Fremden ins Leere laufen. Dass die Episode Jakob in Gen 34,30 scharfe Kritik am Vorgehen seiner Söhne üben lässt, mag auf einen Diskussionskomplex hinweisen, der mit Gen 34 erzählerisch entfaltet wurde (zur Gewalt an Frauen siehe → Gewalt, sexuelle).

Besonders in späteren prophetischen Schriften, die den Fortgang der Weltgeschichte thematisieren, wird die Frage nach dem Verhältnis Israels zu den anderen Völkern aufgegriffen (→ Volk). Als Konsequenz einer verstärkt universalistischen Perspektive postulieren einige dieser Texte, dass sich letztlich alle Völker JHWH und seinem irdischen Wohnort Jerusalem/Zion zuwenden werden (vgl. Jes 2,2–4; Sach 8,20–23; Ps 22,28f.; → Stadt). Im Hintergrund der Vorstellung einer solchen kollektiven Zuwendung zum Gott Israels steht wiederum meist die Erwartung eines universalen künftigen Gerichts. Wie es die Jonaerzählung ihrer Leserschaft in Kap. 3 vorführt (vgl. Jer 18,7–10; Ez 18,21–32), kann und muss es sich für alle Weltenbewohnerinnen und -bewohner, inklusive Tieren (vgl. Jona 3,7f.; → Tier), lohnen, angesichts dieses anstehenden Gerichtes die richtige Position zu beziehen und von allen bösen Wegen, die sie eingeschlagen haben, umzukehren (vgl. Jona 3,8.10).

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