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4.1.3 Daten als Forschungsgrundlage

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Auch Daten lassen sich mit der allgemeinen Definition „a record of an event or process“ (McCulloch 2011: 249) bestimmen. Diese Definition geht auf Gregory Bateson zurück, der wie folgt formulierte: „[…] ‚data‘ are not events or objects but always records or desricptions or memories of events or objects“ (Bateson 1973: 24). Was Daten jedoch von Dokumenten unterscheidet, ist ihre Entstehung, denn sie werden durch die eingesetzten Erhebungsverfahren erst hervorgebracht, d.h. sie werden geschaffen. Daten sind demnach das Produkt von Forschungshandlungen. Die Ausprägung von Daten kann entweder qualitativer oder quantitativer Art sein, ihr Inhalt wird durch die Forschungsfrage und die Datenquellen bestimmt. In der fremdsprachendidaktischen Forschung wird zwischen Primär-, Sekundär- und Tertiärdaten unterschieden. PrimärdatenPrimärdaten sind sprachliche Rohdaten (z.B. Videodaten einer Unterrichtsstunde, Ergebnisse eines Prä- oder Posttests). SekundärdatenSekundärdaten sind alle Verarbeitungsstufen der Rohdaten (z.B. kodierte Daten, Transkripte, skalierte Testergebnisse). TertiärdatenTertiärdaten schließlich sind alle Metadaten zu den vorangegangenen Datentypen (z.B. Angaben zum Kontext, zur Entstehungszeit; s. auch Kapitel 5.2.6; 5.3.8).

Häufig wird in der allgemeinen Forschungsliteratur nur zwischen Primär- und Sekundärdaten unterscheiden. Erstere bezeichnen dann Daten, die bei der Datenerhebung unmittelbar geschaffen werden, letztere hingegen solche, die von anderen Forschern oder von Institutionen erhoben wurden: Beispiele sind das Statistische Bundesamt, Statistische Landesämter, Ministerien, die OECD, die UNO, die Weltbank (vgl. O’Leary 2014: 243–273).

Quantitative DatenDatenquantitative sind das Ergebnis eines Transformationsprozesses, in dem Belege zu Sachverhalten, Ereignissen, Prozessen und Objekten in eine Zahlenform verwandelt werden. Man spricht deshalb auch von numerischen Daten. Sie bilden die Grundlage für den Einsatz statistischer Verfahren und sind das Herzstück einer quantitativ-hypothesenprüfenden Fremdsprachenforschung, die sich um objektiv überprüfbare und repräsentative Ergebnisse sowie validierbare Verallgemeinerungen bemüht (s. Kapitel 3.3). Datenquellen sind zum Beispiel Tests aller Art (Sprach-, Kompetenz- oder Intelligenztests), strukturierte und kontrollierte Messungen bestimmter Phänomene (Reaktionszeiten bei der Bearbeitung von Online-Aufgaben) oder Fragebögen. Quantitative Daten verdichten komplexe Zusammenhänge zu messbaren Einheiten. Eine vertiefende Einführung liefern die Kapitel 5.3.9 bis 5.3.11.

Qualitative DatenDatenqualitative sind Belege zu Sachverhalten, Ereignissen und Prozessen, die in unterschiedlicher Text- und Medienform die Grundlage rekonstruktiv-qualitativer Fremdsprachenforschung bilden. Ihre Interpretation liefert nicht repräsentative oder generalisierbare Erkenntnisse, sondern erschließt, was konkrete Menschen in spezifischen sozialen und institutionellen Kontexten tun, wie sie interagieren, wie sie ihr Handeln verstehen und bewerten. Folgende Datentypen seien hier als Beispiele, d.h. ohne Anspruch auf Vollständigkeit genannt. Die Bezeichnungen bieten eine grobe Orienteirung und sind nicht trennscharf:1

 Deskriptive DatenDatendeskriptive: Daten, die Verhalten von Menschen, Ereignisse, Institutionen und konkrete Settings repräsentieren. Erhoben werden diese durch Beobachtungen aller Art mit Hilfe von (Feld-)Notizen, Tagebüchern, Beobachtungsprotokollen.

 Narrative DatenDatennarrative: Diese repräsentieren biographische und berufliche Erfahrungen. Erhebungsinstrument sind narrative Interviews.

 Introspektionsdaten: Diese gestatten Einblicke in Gedanken und Gefühle der Forschungspartner, die der Beobachtung in der Regel nicht zugänglich sind. Erhoben werde solche Daten durch Verfahren des Lauten Denkens und Lauten Erinnerns (s. Kapitel 5.2.5).

 Berichts- und MeinungsdatenBerichts- und Meinungsdaten: Diese machen zugänglich, was Menschen zu Situationen, Ereignissenn und Zusammenhängen sagen und/oder meinen. Sie werden u.a. durch Interviews erhoben (s. Kapitel 5.2.4).

 DiskursdatenDiskursdaten: Diese geben wieder, was Menschen in spezifischen Situationen wie zueinander sagen (z.B. im fremdsprachlichen Klassenzimmer). Erhebungsinstrumente sind hier Audio- und Videoaufzeichnung (s. Kapitel 5.3.5).

Auch die oben genannten Dokumente, nämlich die unterrichtsbezogenen Produkteunterrichtsbezogenes Produkt und ArtefakteArtefakte, werden in der Forschungsliteratur häufig als Datenquelle gefasst und somit den qualitativen Daten zugeschlagen (vgl. Zydatiß 2002). Eine solche Zuordnung ist insofern plausibel, als diese Produkte zwar als integrale Bestandteile des laufenden Unterrichts entstehen und demnach nicht durch die Forschungsverfahren geschaffen werden. Sie sind jedoch durch die Forschungsfrage(n) aus diesem quasi naturwüchsigen Zusammenhang herausgehoben, werden besonders markiert und bestimmten Verfahren der Aufarbeitung und Analyse unterzogen. Die Grenze zwischen den Begriffen ‚Dokumente‘ und ‚Daten‘ ist bezogen auf diese Belege demnach fließend. Der Unterschied zwischen Daten (geschaffene Belege) und Dokumenten (unterrichtsbezogene Belege im Fokus einer Forschungsfrage) legt auf jeden Fall nahe, begrifflich zwischen dem Erfassen von Dokumenten und Erheben von Daten zu unterscheiden (s. Kapitel 5.2.6).

Da für die empirische Fremdsprachenforschung prinzipiell vier Perspektiven unterschieden werden können, nämlich der „Blick auf die Produkte, die Akteure und die Lern- und Bildungsprozesse selbst“ (Bonnet 2012: 286) sowie auf die Kontexte (Kapitel 3.3), können auch Datenquellen und die aus ihnen gewonnenen Daten diesen vier Perspektiven zugeordnet werden. Eine solche Einteilung der Daten nach Produkt-, Personen-, Prozess- und KontextdatenKontextdaten kann sich u.a. als funktional für das Datenmanagement (s.u.) erweisen. Die Ausprägung dieser Daten kann je nach Forschungsansatz entweder qualitativer oder quantitativer Natur sein. In Studien, die quantitativ-hypothesenprüfende und qualitativ-rekonstruktive Ansätze kombinieren, werden beide Datenarten nebeneinander vertreten sein.

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