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1 Vorabentscheidungen und Festlegung des Samples für die Datenerhebung

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Die Festlegung der Stichprobe wird zunächst durch die Forschungsfrage und die theoretischen Vorüberlegungen des Forschers bestimmt; sie leiten eine von Kriterien bestimmte, gezielte Auswahl. Die Entscheidung ist demnach theorie- und kriteriengeleitet: purposive samplingpurposive sampling und criterion samplingcriterion sampling (Silverman 2000: 104–5). Als Beispiel für solche begründeten (Vorab-)Entscheidungen diene die Referenzarbeit von Ehrenreich (2004), in der die Forscherin die Bedeutung des Auslandsaufenthalts für die Fremdsprachenlehrerbildung unter besonderer Berücksichtigung des Assistant-Jahres mit Hilfe einer Interviewstudie untersucht. Theoretische Vorüberlegungen im Zusammenhang der Aufarbeitung der Fachliteratur bilden die Basis für eine Kriterienmatrix mit entsprechenden Parametern, die die Forscherin bei der tatsächlichen Informantenauswahl leiteten. Auswahlkriterien sind u.a.: Geschlecht, Herkunftsbundesland, Zielland und Ausbildungsphase zum Zeitpunkt der Interviews. Unter Berücksichtigung dieser Matrix konstituiert Ehrenreich im Schneeballverfahren (s. Kapitel 5.2.1) die Stichprobe ihrer Studie, eine Gruppe von 22 Informanten, die zum einen als typisch markierte Fälle gemäß der Kriterien enthält, zum anderen eine maximale Variation der Teilnehmenden innerhalb der Gesamtgruppe abbildet (Ehrenreich 2004: 158f).

Kimes-Link (2013) untersucht „welche Aufgaben und Methoden Lehrkräfte im englischen Literaturunterricht der gymnasialen Oberstufe bei der Lektüre von Ganzschriften einsetzen und inwiefern diese geeignet sind, die Interaktion zwischen den Lernenden und dem Text sowie die Interaktion innerhalb der Lerngruppe zu intensivieren, gemeinsame Bedeutungsaushandlungen zu initiieren und vertiefte Verstehensprozesse zu begünstigen“ (Kimes-Link 2013: 85). Sie konstituiert theoriegeleitet die Stichprobe ihrer Studie aus insgesamt sieben Kursgruppen gymnasialer Oberstufen, die zum einen unterschiedliche Schul- und Kurstypen repräsentieren, zum anderen ein Spektrum unterschiedlicher literarischer Genres zum Arbeitsgegenstand haben (Dramen, Jugendromane, Romane und Kurzgeschichten).

A priori vorgenommene, kriterien- und theoriegeleitete Konstruktionen einer Stichprobe werden, wenn es um die konkrete Realisierung des Projekts geht, von drei Aspekten beeinflusst, die letzten Endes den Forschungsprozess beeinflussen und häufig für das Sampling modifizierend wirken. Die Frage, wo und wie Forschende ihre Forschungspartner gewinnen, bringt die Herausforderung auf den Begriff. Da ist zum einen der Aspekt der räumlichen und institutionellen ZugänglichkeitZugänglichkeit. So kann es sein, dass ein räumlich naher und deshalb forschungspragmatisch günstiger Kontext, der für die Bearbeitung der Forschungsfrage zudem sehr vielversprechend wäre, nicht zugänglich ist, weil die gatekeepers unüberwindliche Hürden errichten. Andererseits kann ein räumlich ferner Kontext zugänglich sein, der den Forschenden jedoch einen größeren Zeitaufwand abnötigt und damit den Forschungsprozess erheblich belastet. Damit ist auch der zweite Aspekt angesprochen, nämlich die MachbarkeitMachbarkeit des Projekts. Gerade für Qualifikationsarbeiten, die in der Regel von Individuen und nicht von Forschergruppen geleistet werden und mit oft sehr begrenzten Zeitbudgets auskommen müssen, ist die Frage, was unter den konkreten Bedingungen leistbar ist, von Bedeutung. Machbarkeitsüberlegungen werden deshalb in das Sampling eingehen müssen. Die Kombination von Machbarkeits- und Zugänglichkeitsüberlegungen kann zu einer Ad-hoc-Stichprobe führen, die weniger kriterien- und zielgeleitet, als vielmehr pragmatisch bestimmt ist: Die Forschende wendet sich Personen und Kontexten zu, die zur Verfügung stehen, wie die Untersuchung von Roters (2012: 161–63) verdeutlicht. Roters befasst sich in ihrer explorativen Studie mit dem Konstrukt der Reflexion, das in Diskursen zur Entwicklung von Lehrerprofessionalität als Schlüsselkompetenz markiert wird. Untersuchungsgegenstand sind die Beschreibung und Analyse zweier Lehrerbildungsprogramme und -kontexte einer deutschen und einer US-amerikanischen Universität. Die Auswahl der Stichprobe erfolgte zunächst theoriegeleitet und über umfangreiche Dokumentenanalysen, dann aber nach Kriterien der Zugänglichkeit und Machbarkeit, wobei nicht zuletzt formale und institutionelle Anforderungen bestimmend wirkten.

Von Relevanz für die Bestimmung der Stichprobe ist schließlich die Bereitschaft der Forschungspartner, sich auf die Belastungen des Forschungsprozesses einzulassen: etwa auf narrative Interviews (Ehrenreich 2004) oder auf Videoaufnahmen im Klassenzimmer (Kimes-Link 2013): „… wie kann [der Forscher] erreichen, dass eine entsprechende Bereitschaft nicht nur geäußert wird, sondern zu konkreten Interviews und anderen Daten führt“ (Flick 2011: 143)?

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