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4.1.4 Texte, Dokumente und Daten im Verbund: zwei Beispiele

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Dass sich für empirische Arbeiten in der fremdsprachendidaktischen Forschung besondere Chancen eröffnen, wenn sie auf alle drei Belegtypen im Verbund zugreifen, soll anhand der Arbeit von Britta Freitag-Hild (2010) erläutert werden. Freitag-Hild verfolgt die These, dass das kulturwissenschaftliche Konzept der Transkulturalität nicht nur geeignet ist, kulturelle Komplexität und Hybridität deskriptiv zu erfassen, sondern auch die Grundlage für die Konzeption von Unterrichtseinheiten bietet (Bestimmung von Inhalten, Lernzielen, Textauswahl, Auswahl und Integration von Aufgaben), die Lernende für kulturelle Vielstimmigkeit sensibilisieren. Die Verfasserin entwickelt zunächst ein theoretisch fundiertes Unterrichtsmodell zu British Fictions of Migration, das dann in drei Fallstudien im Literaturunterricht der Sekundarstufe II konkretisiert und auf seine Leistungsfähigkeit in Hinblick auf die angestrebte Sensibilisierung untersucht wird. Unterrichtsgegenstand sind ein Spielfilm und zwei Romane. Die qualitativ-explorative Untersuchung der Unterrichtsprozesse über mehrere Wochen führt die Verfasserin zu einer Neukonzeption des zunächst theoretisch entwickelten Unterrichtsmodells.

Für die theoretische Fundierung und Konzeptualisierung des Unterrichtsmodells bilden sowohl kulturwissenschaftliche und kultur- bzw. literaturdidaktische theoretische Primär- und Sekundärtexte die Forschungsgrundlage als auch literarische Texte unterschiedlicher Genres (Kurzgeschichten, Romane) und Filme, die auf ihr didaktisches Potenzial im Sinne der übergeordneten Fragestellung analysiert werden. Für die unterrichtsbezogene Aufbereitung der Analyseergebnisse wertet die Verfasserin weitere Texte aus, die sie mit den ausgewählten literarischen Texten und Filmen zu intertextuellen Arrangements als Arbeitsgrundlage im Unterricht verknüpft. Die Erörterung des didaktischen Potentials erfolgt schließlich in Verbindung mit der Analyse offizieller Dokumente staatlicher Institutionen (Lehrpläne, Bildungsstandards, Einheitliche Prüfungsanforderungen im Abitur).

Datenquellen der drei Fallstudien sind das Unterrichtsgeschehen und insbesondere die Interaktionsprozesse, die beobachtet und audiovisuell aufgezeichnet werden. Freitag-Hild erhebt Daten zu Lehrer-Schüler-Interaktionen, Unterrichtsgesprächen, Phasen der Gruppenarbeit sowie zur Vorbereitung von Rollenspielen in Gruppen. Forschungsgrundlage sind ferner eine Vielzahl von Produkten dieser Interaktionsprozesse, also Dokumente des laufenden Unterrichts wie Lernertexte (interpretative und kreative Schreibprodukte, Poster, Collagen, Rollenspiele) und Klausuren (Vorschläge der Forscherin, Klausuraufgaben der Lehrkraft sowie ausgewählte Klausurbeispiele von Schülern). Die Außenperspektive der Forscherin auf die Prozesse und ihre Produkte (festgehalten durch Beobachtungsprotokolle) werden ergänzt und differenziert durch die Innenperspektive der Akteure (Lehrkräfte und Lernende). Diese Datenquellen werden durch retrospektive Interviews nach einzelnen Stunden und am Ende der Unterrichtseinheiten erschlossen.

Auch wenn Freitag-Hilds Arbeit deutlich macht, wie für die Beantwortung bestimmter Forschungsfragen die Verschränkung vieler Datenquellen, Texte und Dokumente in besonderer Weise zielführend sein kann, ist damit nicht gesagt, fremdsprachendidaktische Forschung müsse stets derart breit und mehrmethodisch angelegt sein. Als Gegenbeispiel kann die Referenzarbeit von Michael Schart (2003) dienen. Die Studie beschäftigt sich mit dem subjektiven Verständnis des Projektunterrichts bei Lehrenden für Deutsch als Fremdsprache im universitären Kontext und benutzt neben primären und sekundären Texten zwei Datenquellen: In einem mixed-methods-Ansatz verknüpft Schart quantitative Daten, die aus einer Fragebogenerhebung gewonnen wurden, mit qualitativen Daten aus problemorientierten, halbstandardisierten Interviews.

Forschungsmethoden in der Fremdsprachendidaktik

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