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j) Tendenz zur Re-Zentralisierung
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Die ursprüngliche Idee des Bitcoin-Netzwerks könnte man vielleicht so beschreiben: ein Netzwerk von gleichwertigen Beteiligten, die untereinander Transaktionen tätigen und gleichzeitig die Infrastruktur für die Transaktionen bereitstellen und sichern.
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Aus dem englischen Sprachgebrauch kommt ja die Bezeichnung des „Peer-to-Peer“-Netzwerks, also eines Netzwerks von Gleichen (von „Peers“), die untereinander (also ohne Vermittlung Dritter) in Verbindung treten.
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Dieser egalitären Idee entspricht das jetzige Bitcoin-Netzwerk nicht mehr. Erstens verfügt der typische Bitcoin-Investor längst über keinen Bitcoin-Knoten mehr, sondern tritt über einen Wallet-Provider (siehe Rn. 167ff.) mit dem Netzwerk in Kontakt. Zweitens nehmen nur noch wenige Knoten faktisch (d.h. chancenreich) am Proof-of-Work-Wettbewerb teil. Und drittens organisieren sich diese Knoten dann auch noch in „Mining-Pools“, von denen derzeit die größten vier in Summe mehr als die Hälfte der „Hash Power“ – also der auf das Lösen der Proof-of-Work-Aufgabe spezialisierten Rechenkapazität – auf sich vereinigen.21,22
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Die Re-Zentralisierung auf Ebene der Miner und Mining-Pools ist folgenden Tatsachen geschuldet:
– Es gibt substantielle Skaleneffekte beim Aufbau von Rechenzentren.
– Da Stromkosten einen signifikanten Anteil der Mining-Kosten ausmachen, lohnen sich Großabnehmerverträge mit Versorgungsunternehmen und die Ansiedlung in der Nähe von Kraftwerken.
– Um die Kosten für die Kühlung der Rechenzentren zu reduzieren, ist häufig der Neubau von Rechenzentren in kalten Klimazonen sinnvoll.
– Für das Ausführen des Hashing-Vorgangs kommen Spezial-Chips (ASIC) zum Einsatz – diese zu entwickeln und zu produzieren (derzeit in 7 nm-Technologie) lohnt sich erst ab sehr hohen Stückzahlen.
– Selbst große Rechenzentren würden einen sehr volatilen Cashflow generieren, da der Erfolg beim Proof-of-Work-Wettbewerb stochastisch verteilt ist. Ein Zusammenschluss zu Mining-Pools ist also unter Risiko-Return-Gesichtspunkten sinnvoll, da er die statistischen Effekte glättet.
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Die Re-Zentralisierung ist also aus Sicht der Miner logisch nachvollziehbar und konsequent. Sie ist aber durchaus problematisch, da gemäß den Governance-Regeln (siehe oben) die Miner faktisch die Entscheidungsträger des Bitcoin-Netzwerks sind.
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Von der Idee eines Netzwerks „von den Nutzern für die Nutzer“ ist also nicht viel übriggeblieben. Eine Handvoll Mining-Pools hat die Rechenpower, die Mehrzahl aller Proof-of-Work-Wettbewerbe zu gewinnen. Wenn Mining-Pools es wollten, könnten sie sich zusammentun und das Bitcoin-Netzwerk unter ihre Kontrolle bringen. Sie machen das nicht, da sie mit Milliarden im Bitcoin-Netzwerk investiert sind. So wird der Proof-of-Work quasi zum Proof-of-Stake (siehe Rn. 96ff.): Die Teilnehmer verhalten sich im Sinne der Gemeinschaft, weil sie stark investiert („ge-staked“) sind und eine Rendite auf ihr Investment erwirtschaften wollen.