Читать книгу Neue Theorien des Rechts - Группа авторов - Страница 21

|35|V. Das Andere (er-)finden

Оглавление

Neuland gewinnen heißt aber nicht nicht etwas inhaltlich erobern oder besetzen, sondern Neuland gewinnt man durch eine inzwischen oft »postmodern« genannte Operation, die man in der fünften und letzten Operation so zusammenfassen kann, dass in einem Begriff oder Konzept nach dem Ausschau gehalten wird, was anders ist und die Abhängigkeit eines Terms von der Gegenwart dessen offenbart, das als Drittes weder dem Gegensatz noch dem Ausgangsbegriff angehört. Wenn ein Text falschen Glauben anprangert, untersucht man ihn daraufhin, auf welchem Glauben er selbst aufbaut und was daran zweifelhaft ist. Wenn er die richtige Lehre verteidigt, untersucht man den Text darauf, auf welchen Voraussetzungen die propagierte Richtigkeit beruht. Man gelangt auf diese Weise an die Punkte in einem Text, an denen sich ermessen lässt, welche Anstrengungen der Versuch kostet, logozentrische Konstruktionen zu erstellen bzw. Regeln zu formulieren und Ausnahmebedingungen abzuwehren. In der gegenwärtigen philosophischen Debatte tritt an dieser Stelle nicht nur eine beliebige Andersheit zu Tage, sondern schlechthin das Andere[116], das oft auch im Hinblick auf die fundamentalphänomenologische Sicht von LévinasLévinas, Emmanuel der oder die Andere heißt und mit dem unentrinnbaren Anruf des Antlitzes unterlegt wird[117]. In der Erkundung des vorher nicht für möglich gehaltenen Anderen besteht eigentlich das Ziel und der Zweck eines dekonstruktiven Modells. In einem Wort ausgedrückt, ist die DekonstruktionDekonstruktion dann »the experience of the impossible«[118], wobei – abgesehen von der selbst schon dekonstruktiven Formulierung – die Unmittelbarkeit einer Erfahrung neben die logische Unmöglichkeit des Anderen gesetzt wird.

Ich fasse die strategischen Züge des dekonstruktiven Modells zusammen: zuerst die Suche nach Gegensätzen, dann die möglichst dichte Formulierung eines solchen Gegensatzes im ParadoxonParadoxie (Freunde, es gibt keinen Freund), womit der Form nach eigentlich schon alles geleistet ist. Alles Weitere dient dieser Doppelbewegung. Man geht mit den weiteren Operationen noch einmal in die Methode der Suche nach Gegensätzen und ihrer Ausbeutung hinein. Das sind insoweit alles rhetorische Manöver: etwas aus dem Namen entwickeln und dabei die Gleichmäßigkeit der äußeren Form nutzen, Anderes aufpfropfen und schließlich die Abhängigkeit des Einen vom ausgeschlossenen Anderen zeigen. Aber unabhängig davon: Alle diese Bewegungen kommen in der juristischen Auslegungslehre nicht vor, so dass Auslegungstheoretiker von einer »Apotheose des Dekonstruktivismus«[119] sprechen. Im angewandten Recht soll der Name hinter der Sache zurücktreten, d.h. das willkürliche AufpfropfenPfropfung ist verboten und die Betonung |36|des Einen soll das Andere gerade ausschließen und zurücktreten lassen, damit entschieden werden kann.

Neue Theorien des Rechts

Подняться наверх