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2. Kein Steuererfindungsrecht der Gemeinden

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Art. 28 Abs. 2 GG garantiert den Gemeinden verfassungsrechtlich, die Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft in eigener Verantwortung zu regeln. Dazu zählen auch die Gewährleistung der Finanz- und Ertragshoheit[756], im Rahmen derer die Kommunen aus eigenem Recht ihre Einwohner an den Kosten für die Erfüllung von Gemeinschaftsaufgaben beteiligen dürfen[757]. Gleichzeitig formuliert Art. 28 Abs. 2 GG jedoch kein originäres Steuererhebungsrecht als solches[758]. Ebenso wenig räumt Art. 105 GG den Gemeinden eine eigenständige, gesetzesunabhängige Besteuerungsgewalt ein[759]. Die Steuergesetzgebungshoheit spiegelt vielmehr den grundsätzlich zweistufigen Aufbau von Bundesstaatlichkeit und Finanzverfassung wider: Die notwendige einfachgesetzliche Ermächtigungsgrundlage zur konkreten Ausformung der Verfassungsgarantie findet sich in den Kommunalabgabengesetzen der Länder[760]. Sie räumen den Gemeinden einen Bereich ein, innerhalb dessen diese mittels ihrer kommunalen Satzungsautonomie in begrenztem Umfang Kommunalsteuern einführen dürfen. Insofern kann von einem durch den gesetzlichen Ermächtigungsrahmen begrenzten Steuerfindungsrecht gesprochen werden, soweit die landesrechtlichen Bestimmungen einerseits keine Verbote für die Erhebung bestimmter Steuern enthalten, andererseits die notwendigen formal-gesetzlichen Ermächtigungsgrundlagen zur Verfügung stellen[761]. Kommunale Steuerautonomie kann stets nur im landesrechtlichen formell-gesetzlichen Rahmen gedacht werden[762]. Die Kommunen selbst sind mangels förmlicher Gesetzgebungskompetenz nicht in der Lage, eigene Ermächtigungsgrundlagen zur Steuererhebung zu schaffen[763].

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Daneben können die Länder auch verfahrensrechtliche Einschränkungen vorsehen, indem sie beispielsweise die Steuersatzungshoheit an spezielle Genehmigungspflichten binden[764]. Allerdings unterliegen auch diese landesrechtlichen Einschränkungsmöglichkeiten der kommunalen Steuerautonomie ihrerseits verfassungsrechtlichen Schranken aus der Garantie kommunaler Selbstverwaltung, insbesondere dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit[765]. Der Gesetzgeber darf das Selbstverwaltungsrecht nicht in einer Weise beschränken, dass dieses faktisch ausgehöhlt wird[766]. Es bedarf einer Güterabwägung zwischen dem geschützten Selbstverwaltungsrecht und den durch die Begrenzung geschützten übergeordneten – d.h. regelmäßig überörtlichen – Interessen[767]. Dabei ist es insbesondere als unzulässig zu erachten, wenn die Gemeinde darauf verwiesen würde, ihren Finanzbedarf ausschließlich über Finanzzuweisungen zu decken und sich somit in die vollständige materielle Abhängigkeit der zuweisenden Körperschaft zu begeben, sich jeglicher Gestaltungsmöglichkeiten bei der Einnahmeerzielung zu entäußern[768]. Die Selbstverwaltungsgarantie impliziert mithin in ihrem Teilelement der kommunalen Steuerautonomie das Recht der Gemeinden, entsprechende Finanzquellen im Rahmen der landesrechtlichen Ermächtigung eigenverantwortlich ausschöpfen zu können[769].

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Darüber hinaus ist auch hier Art. 105 Abs. 2a GG stets als Grenze zu beachten[770], wonach die kommunale Steuerautonomie nur dann greift, soweit die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern bundesrechtlich geregelten Steuern nicht gleichartig sind. Dadurch soll die Einführung neuer Verbrauch- und Aufwandsteuern, die als solche noch nicht zum Kreis der historisch gewachsenen Steuern gehören, jedoch nicht ausgeschlossen werden[771]. Vielmehr greift die Gleichartigkeitsklausel nur in Ausnahmenfällen, nämlich dann, wenn, ausgehend vom Steuertatbestand[772], in wesentlichen Steuermerkmalen und den damit einhergehenden wirtschaftlichen Auswirkungen eine Kollisionslage mit bundesrechtlichen Steuern besteht[773]. Damit ist der Maßstab der Prüfung der Gleichartigkeit im Rahmen von Art. 105 Abs. 2a GG weniger streng als bei Art. 105 Abs. 2 i.V. mit Art. 72 Abs. 1 GG[774]. Als maßgebliche Kriterien sind dabei von der Rechtsprechung bisher anerkannt worden: Steuergegenstand, Steuermaßstab, Bemessungsgrundlage, Steuerschuldner, Quelle der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, wirtschaftliche Auswirkungen und Erhebungstechnik[775], ohne dass jedoch dieser Katalog Abschluss- oder Ausschließlichkeitscharakter entfaltet. Methodisch handelt es sich um einen wertenden, typologischen Vergleich. Das Merkmal der Gleichartigkeit ist mithin als materiell-rechtliche Einschränkung einer ansonsten umfassenden Gesetzgebungsbefugnis für Aufwand- und Verbrauchsteuern sowohl des Landesgesetzgebers[776], als auch der ermächtigten Gemeinden selbst zu verstehen.

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