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2. Einwirkungen der Grundfreiheiten

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Auf Grund der limitieren sekundärrechtlichen Möglichkeiten zur Harmonisierung des nationalen Steuerrechts der Mitgliedstaaten kommt den primärrechtlichen Grundfreiheiten eine kaum zu überschätzende Funktion zu[1214]. Der EuGH hat den Grundfreiheiten unmittelbare innerstaatliche Wirksamkeit zuerkannt, auch müssen nach ständiger Rechtsprechung die Mitgliedstaaten insbesondere auf dem Gebiet der direkten Steuern ungeachtet ihrer eigenen Steuersouveränität die Grundfreiheiten beachten, die somit für das nationale Steuerrecht eine verbindliche Messlatte darstellen[1215]. Grundlegend ist hier die viel zitierte Formel aus dem Urteil Schumacker, hier führt der EuGH aus: „Zwar [fällt] der Bereich der direkten Steuern als solcher beim gegenwärtigen Stand des Gemeinschaftsrechts nicht in die Zuständigkeit der Gemeinschaft […], [jedoch müssen] die Mitgliedstaaten die ihnen verbliebenen Befugnisse […] unter Wahrung des Gemeinschaftsrechts ausüben“[1216].

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Die Grundfreiheiten gelten als grundrechtsgleiche Rechte, die innerstaatliches (Steuer-) Recht verdrängen und vor den nationalen Gerichten geltend gemacht werden können[1217]. Freilich bedürfen sie jedoch nur dann Beachtung, wenn der (Steuer-)Sachverhalt einen grenzüberschreitenden Bezug hat. Das Konfliktpotential von Grundfreiheiten und nationalem Steuerrecht liegt auf der Hand, viele hergebrachte Steuerquellen knüpfen an Vorgänge an, die den Tatbestand einer grundfreiheitlich geschützten Tätigkeit erfüllen, sei es der Verkauf von Waren, das Erbringen von Dienstleistungen, der Besitz von Kapital, der Bezug von Kapitalbeträgen oder das Einkommen aus selbstständiger oder unselbstständiger Arbeit[1218].

Wenn auch auf Grundlage der Grundfreiheiten keine eigenständigen Steuerregelungen normiert werden können, strahlen sie dennoch auf jede nationale Steuerrechtsordnung aus, so dass diese eine europarechtliche Dimension enthalten[1219]. Konkret besteht eine Beseitigungspflicht von steuerlichen Regelungen, die als nicht gerechtfertigte Diskriminierungen oder Beschränkungen gegen die Grundfreiheiten verstoßen. Auf diesem Wege lässt sich eine „negative Integration“ des Binnenmarktes vornehmen[1220], die aufgrund der Zurückhaltung des Rates bei der direkten Rechtsangleichung und bedingt durch die unmittelbare Wirkung der Grundfreiheiten wahrscheinlich das für den Bürger wichtigste Instrument der Harmonisierung darstellt[1221]. Tatsächlich haben sich die nationalen Steuerrechtsordnungen bedingt durch die Interpretation und Anwendung der Grundfreiheiten durch den EuGH schon relevant angenähert[1222].

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Die Funktion der Grundfreiheiten besteht darin, eine Durchsetzung des Ziels der Errichtung des Binnenmarktes zu forcieren und dessen Funktionsfähigkeit aufrechtzuerhalten. Insofern wird durch die Garantien der Grundfreiheiten Hindernissen für den freien Waren-, Personen-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr entgegengewirkt, indem nationale Regelungen, welche der Entwicklung zu einem einheitlichen Wirtschaftsraum entgegen stehen, als inkompatibel aufgedeckt und beseitigt werden können[1223]. Sämtliche Grundfreiheiten knüpfen an eine grenzüberschreitende Tätigkeit an bzw. schützen eine solche vor ungerechtfertigten Beschränkungen und gemeinschaftswidrigen Differenzierungen. Auch nationale Steuerrechtsnormen dürfen nicht gegen die einzelnen Grundfreiheiten, etwa durch eine Differenzierung nach rein nationalen gegenüber grenzüberschreitenden Sachverhalten, verstoßen, andernfalls besteht eine Beseitigungspflicht für den Mitgliedstaat.

Die Grundfreiheiten enthalten sowohl gleichheitsrechtliche Diskriminierungsverbote, als auch freiheitsrechtliche Beschränkungsverbote[1224]. Beide Aspekte entfalten auch Wirkung in Bezug auf das Steuerrecht.

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