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I. Raumordnung auf Bundesebene (§ 17 ROG)

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Wie bereits dargestellt fällt die Aufgabe der Ordnung, Entwicklung und Sicherung des Raums insbesondere durch Raumordnungspläne grundsätzlich in den Zuständigkeitsbereich der Länder. Trotz der zum Teil weitergehenden Ansätze im sog Baurechtsgutachten des Bundesverfassungsgerichts hat der Bund von möglichen Kompetenzen, den Gesamtraum der Bundesrepublik Deutschland und seine Teilräume durch zusammenfassende, überörtliche und fachübergreifende Raumordnungspläne zu entwickeln, zu ordnen und zu sichern, nur zurückhaltend Gebrauch gemacht.

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Gem. § 17 ROG stehen dem Bund nun vier ganz unterschiedliche Arten von Plänen zur Verfügung:

Die Raumordnungspläne des Bundes für die deutsche ausschließliche Wirtschaftszone („AWZ-Pläne“) gem. § 17 Abs. 1 ROG.
Die Standortkonzepte nach § 17 Abs. 2 ROG sind Vorstufen der Bundesverkehrswegeplanung und sollen in einem geordneten und transparenten Verfahren die See- und Binnenhäfen sowie Flughäfen ermitteln, die im Rahmen des Bundesverkehrswegeplans mit Bundesinfrastruktur (Bundesfernstraßen, Schienenwegen des Bundes oder Bundeswasserstraßen) angebunden werden sollen (Hinterlandanbindung).
Zudem gestattet § 17 Abs. 2 ROG dem Bund, einen länderübergreifenden Raumordnungsplan für den Hochwasserschutz zu schaffen.
Schließlich ermächtigt § 17 Abs. 3 ROG den Bund dazu, für die räumliche Entwicklung des Bundesgebietes einzelne Grundsätze der Raumordnung in einem Raumordnungsplan zu konkretisieren.

Zuständig ist in allen vier Fällen das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur. Die Regeln über die Beteiligung der Öffentlichkeit und von Behörden richten sich nach § 18 ROG.

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Der Raumordnungsplan für die deutsche ausschließliche Wirtschaftszone (AWZ), zu dessen Aufstellung der Bund gemäß der indikativischen Formulierung des § 17 Abs. 1 ROG verpflichtet ist, ist räumlich auf die deutsche ausschließliche Wirtschafszone (Art. 55, 57 UN-Seerechtsübereinkommen) beschränkt.

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Der Wortlaut des Gesetzes spricht dafür, dass für die deutsche AWZ ein Raumordnungsplan aufzustellen ist, während im Rahmen der Absätze 2 und 3 von Raumordnungsplänen in der Mehrzahl gesprochen wird. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass die deutsche AWZ nicht aus einem einheitlichen Meeresraum besteht, sondern räumlich zweigeteilt ist in eine AWZ in der Nordsee und eine AWZ in der Ostsee. Beide sind räumlich nicht miteinander verbunden und weisen hinsichtlich der naturräumlichen Gegebenheiten und der Nutzungskonflikte deutliche Unterschiede auf[171]. Trotz dieser Unterschiede hatte das zuständige Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur zunächst einen einheitlichen Planentwurf für die AWZ der Nord- und Ostsee in das Verfahren gegeben. Aufgrund der besonderen Beteiligungswünsche eines Staates nach § 60 UVPG (damals § 14j UVPG) wurde der Plan dann in eine AWZ Nordsee und eine AWZ Ostsee aufgeteilt, um zumindest den ersten Plan nach einem erneuten Beteiligungsverfahren zügig in Kraft setzen zu können. Dies ist auch wegen § 7 Abs. 1 S. 3 ROG unproblematisch, der räumliche Teilpläne zulässt.[172] Demnach darf der Bund trotz des Wortlauts von § 17 Abs. 1 ROG zwei Raumordnungspläne, nämlich einen für die AWZ der Nord- und einen für die AWZ der Ostsee aufstellen.

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Inhaltlich können gem. § 17 Abs. 1 ROG Ziele und Grundsätze der Raumordnung zu vier Bereichen, nämlich zur Gewährleistung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs, zur weiteren wirtschaftlichen Nutzung, zur weiteren wissenschaftlichen Nutzung, und zum Schutz der Meeresumwelt festgelegt werden. Unter weitere wirtschaftliche Nutzungen fallen etwa neben der immer bedeutsameren Offshore-Windenergienutzung die Fischerei sowie Gewinnung von Rohstoffen. Dabei sind die Festlegungsmöglichkeiten in ein umfangreiches Regelungssystem internationaler, europäischer und nationaler Art eingebettet[173]. An erster Stelle nennt das Gesetz die Festlegungen zu Gunsten der Schifffahrt, für die Vorranggebiete und Vorbehaltsgebiete entspr. § 7 Abs. 3 Nr. 1 ROG ausgewiesen werden können. Darüber hinaus können zur weiteren wirtschaftlichen Nutzung Festlegungen für die Rohstoffgewinnung insbesondere für Sand, Kies und Kohlenwasserstoffe entspr. § 2 Abs. 2 Nr. 4 S. 4 ROG getroffen und Vorranggebiete für Windenergie als Ziele der Raumordnung festgelegt werden. Zudem ist es möglich, für die wissenschaftliche Meeresforschung Vorbehaltsgebiete festzulegen. Schließlich können Festlegungen zur Meeresumwelt im Raumordnungsplan für die AWZ getroffen werden. All dies ist im AWZ Nordsee erfolgt[174]

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Zuständig für die Aufstellung des Raumordnungsplans für die AWZ ist das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, wobei es sich zur Erstellung des Planentwurfs mit Begründung und des Umweltberichts des ihm nachgeordneten Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) bedient. Das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie führt im Rahmen der vorbereitenden Verfahrensschritte auch die Unterrichtung und Beteiligungen der Öffentlichkeit sowie der in ihren Belangen berührten öffentlichen Stellen nach § 18 ROG durch. Parallel zum Beteiligungsverfahren arbeitet das Bundesministerium nach § 17 Abs. 2 S. 4 ROG mit den angrenzenden Staaten und den Ländern zusammen, um die Abstimmung und Kohärenz des Raumordnungsplans mit den Raumplanungen der angrenzenden Staaten und Bundesländer sicherzustellen. Nach Durchführung der Verfahren nach § 18 und § 17 Abs. 2 S. 4 ROG trifft das Bundesministerium die abschließende Abwägung und beschließt den Plan im Einvernehmen mit den fachlich betroffenen Bundesministerien als Rechtsverordnung, die im Bundesgesetzblatt Teil I veröffentlicht wird.[175]

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Die Festlegungen des Raumordnungsplans für die AWZ entfalten Bindungswirkungen nach Maßgabe der § 4 Abs. 1 und 2 ROG, wobei zwischen den einzelnen Festlegungen für verschiedene Nutzungen und der Art der Festlegung als Ziel der Raumordnung[176] oder als planerischer Grundsatz[177] zu unterscheiden ist.

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Die Raumordnungspläne des Bundes mit länderübergreifenden Standortkonzepten nach § 17 Abs. 2 ROG sind auf den Bereich der See-, Binnen- und Flughäfen beschränkt. Da das Gesetz von Raumordnungsplänen spricht, könnte dies bedeuten, dass das Bundesministerium jeweils getrennte Pläne als Standortkonzepte für Seehäfen, Binnenhäfen und Flughäfen erstellt. Dieser Schluss ist aber keineswegs zwingend. Vielmehr ist es im Sinne einer integrierten Verkehrsplanung zulässig und sinnvoll, wenn das Ministerium alle drei Standortkonzepte in einem Plan zusammenfasst.

Der Plan dient als Grundlage für ihre verkehrsrechtliche Anbindung im Rahmen der Bundesverkehrswegeplanung und ist für die Bundesverkehrswegeplanung verbindlich, nicht jedoch für raumbedeutsame Planungen der Länder und Gemeinden, weswegen die Zuständigkeit der Länder für die Planung von (Flug-) Hafenstandorten unberührt bleibt[178]. Damit stellt er eine Art „Vorstufe der Bundesverkehrswegeplanung“ dar. Bisher hat das Bundesministerium von dieser seit 2008 bestehenden Planungszuständigkeit keinen Gebrauch gemacht. Das ist rechtlich nicht zu beanstanden, da das Gesetz im Gegensatz zu den Raumordnungsplänen für die deutsche AWZ nach § 17 Abs. 1 ROG[179] für die Pläne nach § 17 Abs. 2 ROG keine Pflicht zur Aufstellung ausspricht.

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Durch das Gesetz zur Änderung raumordnungsrechtlicher Vorschriften von 2017[180] wurde die Ermächtigung für das Bundesministerium, Raumordnungspläne zu erlassen, um Raumordnungspläne für den länderübergreifenden Hochwasserschutz erweitert. Allerdings hat es der Gesetzgeber versäumt, deren zulässige Inhalte und deren Funktion genauer zu benennen. Nach dem gesetzlichen Grundsatz des § 2 Abs. 2 Nr. 6 S. 5 ROG ist für den vorbeugenden Hochwasserschutz an der Küste und im Binnenland zu sorgen, im Binnenland vor allem durch die Sicherung und Rückgewinnung von Auen, Rückhalteflächen und Entlastungsflächen. Zudem schreibt § 17 Abs. 2 ROG vor, dass die Pläne länderübergreifend angelegt sein müssen. Daraus folgt, dass die großen Flusssysteme von Rhein, Donau, Elbe und Oder, jeweils mit ihren Nebenflüssen und Wassereinzugsbereichen, sowie die Küsten von Nord- und Ostsee als Gegenstände dieser Pläne in Betracht kommen. Der Plan kann Festlegungen in Gestalt von Zielen und planerischen Grundsätzen der Raumordnung enthalten und sich der Gebietsfestlegungen nach § 7 Abs. 3 S. 2 ROG bedienen.

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Das Bundesministerium ist ebenso wie bei einem Raumordnungsplan mit einem Standortkonzept nicht frei in seiner Entscheidung, einen Raumordnungsplan zum vorbeugenden Hochwasserschutz aufzustellen. Vielmehr ist dies nur zulässig, wenn ein solcher Plan für die räumliche Entwicklung und Ordnung des Bundesgebietes unter nationalen oder europäischen Gesichtspunkten erforderlich ist. Die Erforderlichkeit eines Raumordnungsplans zum vorbeugenden Hochwasserschutz kann sich aus einer Zunahme der Hochwassergefahren und -schäden auf Grund des Klimawandels und aus dem Umstand ergeben, dass die länderübergreifende Zusammenarbeit bisher nicht zu Ergebnissen geführt hat, die dieser steigenden Gefahr wirksam vorbeugt. Der Bund muss dies sorgfältig begründen.

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Für das Aufstellungsverfahren bestimmt § 17 Abs. 2 S. 4 ROG, dass das Bundesamt für Raumordnung und Bauwesen (BBR) mit Zustimmung des zuständigen Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur die vorbereitenden Verfahrensschritte zur Aufstellung der Raumordnungspläne durchführt. Das zuständige Bundesministerium muss bei der Planaufstellung die Bundesministerien beteiligen und das Benehmen mit den Ländern und den angrenzenden Staaten herstellen, also diese anhören und sich mit deren Einwänden sachlich auseinandersetzen. Die Abwägungsentscheidung trifft das zuständige Ministerium im Einvernehmen mit den fachlich betroffenen Bundesministerien, benötigt also deren Zustimmung. Der Plan wird als Rechtsverordnung im Einvernehmen mit den fachlich betroffenen Bundesministerien beschlossen und Bundesgesetzblatt Teil I unter Angabe des Datums der Ausfertigung veröffentlicht.

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Die Bestimmung des § 17 Abs. 3 ROG ermöglicht dem Bund, durch einen Raumordnungsplan die abstrakten Grundsätze des § 2 Abs. 2 ROG für die räumliche Entwicklung des Bundesgebietes zu konkretisieren. Die konkretisierten Grundsätze sind im Rahmen von Abwägungs- und Ermessensentscheidungen gem. § 4 ROG zu beachten und dienen somit einer strukturierten Raumplanung, indem die Grundsätze nach § 2 Abs. 2 ROG durch die Konkretisierung in höherem Maße in den Raumordnungsplänen der Länder berücksichtigt werden können[181]. Dadurch soll die Raumordnung im Bereich der Entwicklung des Bundesgebietes gestärkt werden[182]. Die Konkretisierungsermächtigung findet aber dort ihre Grenzen, wo sie nicht mehr bloß konkretisierend aufbereitet und strukturiert, sondern detailliert planerisch gestaltet oder Vorgaben für die planerische Gestaltung der Länder macht[183].

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Ferner ist vor Einleitung des Planungsverfahrens und unabhängig von den Beteiligungsnotwendigkeiten nach § 17 Abs. 3 S. 2 die Beratungspflicht nach § 24 Abs. 1 ROG zu beachten. Dies bedeutet, dass die Einleitung eines Planverfahrens nach § 24 Abs. 1 ROG zu den grundsätzlichen Angelegenheiten der Raumordnung zählt, die in der Ministerkonferenz für Raumordnung (MKRO) gemeinsam zwischen Bund und Ländern beraten werden sollen. Zudem ist das Einvernehmen im Sinne einer positiven Zustimmung der betroffenen Bundesministerien erforderlich, zu deren fachlicher Zuständigkeit der gesetzliche Grundsatz zählt, der konkretisiert werden soll. Schließlich ist das Benehmen mit den Ländern und den angrenzenden Staaten herzustellen. Der Plan ist gemäß § 17 Abs. 5 S. 2 ROG im Bundesanzeiger bekannt zu machen.

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