Читать книгу Liebe heilt, Angst macht krank - Gunther Scheuring - Страница 10
ОглавлениеANGST VOR LIEBE
Angst und Liebe, diese beiden Gefühle sind einzig in uns wirksam. Doch es sieht oft so aus, als gebe es noch etwas anderes, etwas dazwischen. Wir suchen nach Ausreden, um nicht wählen zu müssen, doch alles, was wir gedanklich erschaffen, ist entweder das eine oder das andere. Es gibt nichts dazwischen.
Wir entwickeln im Laufe unseres Lebens viele Ängste über unsere enorme Vorstellungskraft. Wir bilden uns eine Menge Dinge ein, die uns beschäftigen und beschäftigt halten, die uns aber kein Stück weiterbringen auf unserer Suche nach einem guten Leben. Der gedankliche Lärm verdreht unsere Bilder von der Wirklichkeit und wir verirren uns in diesen Bildern, die letztlich nur von der Wahrheit wegführen.
Das Einzige, das helfen könnte, zu einer Klarheit zu kommen, ist die mentale Stille. Allein im Nichtdenken liegt die Hoffnung, die wir suchen. Doch die Stille wird von den meisten Menschen völlig unterschätzt und sogar bekämpft. Sie halten sie für bedrohlich und unnütz und fühlen sich deshalb nicht wohl, wenn sie mental zur Ruhe kommen. Sobald im Kopf Entspannung eintritt, steigen die Ängste in ihnen auf und kurbeln das Denken wieder an. Da sind Unzufriedenheit und Frustration, Depression und Resignation, Enttäuschung und Einsamkeit – alles Erfindungen des Ego, des Verstandes. All diese unangenehmen Empfindungen werden durch die Brille der Angst wahrgenommen und dann gemieden durch erneutes Denken. Doch wohin soll dieses Denken führen?
Wenn uns bewusst wäre, dass alles Denken nur Illusionen produziert, würden wir nicht länger festhalten an ihnen. Sie spiegeln uns nur unsere Ängste, jedoch nicht die Realität, die ganz anders aussieht. Wir orientieren uns an einer Lüge, an den Manipulationen unseres Ego, das weder Leben noch Liebe kennt.
Wer schon einmal enttäuscht worden ist in der Liebe, sozusagen in Liebesbeziehungen, lässt sich so schnell nicht wieder darauf ein. Das betrifft uns irgendwie alle, denn jeder hat solche unangenehmen, schmerzlichen Erfahrungen schon einmal gemacht. Unbewusst bauen wir dann Berührungsängste auf, um uns zu schützen, um nicht wieder enttäuscht zu werden. Doch die Mauer, die wir um unser Herz herum aufbauen, schmerzt uns selbst am meisten. Wir leiden darunter, isoliert zu sein und uns auf Kontakt nicht einlassen zu können. Mit diesem Lebensmuster versuchten wir paradoxerweise erneut, weitere Beziehungen zu führen, was uns dann noch weniger gelingt. Denn ein verschlossenes Herz lässt Liebe nicht zu. Wir leiden, obwohl dieses Leiden nicht unsere Wahrheit ist. Wir leiden, weil wir durch die Angstbrille schauen.
Wir müssten sie einfach nur absetzen.
Liebe ist nicht, Beziehung zu einer Zweckgemeinschaft zu degradieren, um nicht allein zu sein oder nachts Albträume zu haben. Einander zu belauern und zu bekämpfen, zu streiten und zu fordern, weil man dem anderen nicht traut, ist ebenfalls keine Liebe. Dabei kann das echte Lieben so schön sein. Man ist zufrieden mit sich selbst und somit auch mit dem Partner, der Partnerin, aber auch mit Familienangehörigen, Freunden und letztlich allen Menschen, die einen umgeben. Liebe drückt sich durch Offenheit auf, sie verlangt nichts, sie benimmt sich einfach und natürlich. Sie macht aus uns das Größte, was wir erreichen können. Wir vertrauen meist nur nicht darauf, weil unser Denken alles Vertrauen mit übermäßigen Zweifeln und Vorbehalten zerstört. Unsere innere Ohnmacht wird dann so groß, dass wir sie nicht mehr überwinden können und auf der Seite der Skepsis hängen bleiben.
Das größte Übel unserer mentalen Verirrung besteht darin, permanent in die Vergangenheit zurückzublicken und Negativerfahrungen zum Maßstab aller Erfahrbarkeit zu machen. Wir glauben ernsthaft, uns vor weiteren Niederlagen schützen zu können, indem wir Vorsichtsmaßnahmen treffen, anderen und uns selbst nicht mehr über den Weg trauen und uns gefühlsmäßig nicht mehr auf jemanden ganz einlassen. Wir verbarrikadieren sozusagen unser Herz und wundern uns dann, wenn wir einsam sind.
Das universelle Lebensprinzip funktioniert auf eine Weise, die uns deutlich zeigt, dass wir mit unserer Angststrategie nicht vorankommen werden. Denn, wenn innen keine Sonne scheint, kann auch im Außen nichts glänzen. Wie innen, so außen. Alles, was wir innerlich denken und fühlen, spiegelt sich in unserer Außenwelt. Das heißt, dass unser Unmut und unsere Verzweiflung nur darin münden können, dass unsere Beziehungen sich in Unmut und Verzweiflung erschöpfen. Wir sagen oft, jemand habe ein Burnout, doch in Wahrheit ist man in der Sackgasse der kaputten Beziehungen gelandet. Es geht nicht vor und nicht zurück, man hängt fest. Der Wille zur Veränderung muss in uns allen erst geboren werden. Aufgrund unserer Unbewusstheit sind wir nämlich auch kollektiv unwach und angstgesteuert, ohne dass wir es bemerken. Wir halten es für ganz normal, von Sicherheitsdenken geleitet zu sein und dem Ego die Entscheidungen zu überlassen. Die viel größere und mächtigere Instanz unseres Herzens wird so sehr kleingeredet und ignoriert, dass wir gar nicht von selbst auf die Idee kommen, uns mit den wichtigen Lebensfragen dorthin zu wenden. Das Herz wird doch von den meisten Menschen als nachgeordnet interpretiert und mit romantischer Film- und Romanduselei abgespeist.
Nichts kann uns so sehr motivieren wie unser Herz!