Читать книгу Liebe heilt, Angst macht krank - Gunther Scheuring - Страница 16
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Der Mensch ist ein Geschöpf, das sich ständig weiter entwickeln will und wachsen möchte. Dies kann er jedoch nur mithilfe der Liebe wirklich gut umsetzen. Liebe eröffnet ihm die Wege, die er gehen muss, um sein Potenzial zu entfalten. Sie leitet ihn in Unbekümmertheit und schenkt ihm das Vertrauen, was er braucht. Ohne das Gefühl, geliebt zu werden und zu lieben – letztlich sich selbst – verliert jedoch sein Leben an Sinn und Schönheit. Geschmacklos reihen sich die Tage aneinander und er fühlt sich darin recht verloren. Ohne Liebe fehlt ihm die Energie, sein Leben zu schaffen.
Liebe stellt uns allen täglich die Energie zur Verfügung, die wir brauchen, um unseren Beruf auszuüben, unser Familienleben zu meistern und uns dem zu widmen, was uns wichtig ist. Wir können überall und jederzeit darauf zugreifen und uns immer darauf verlassen, dass sie da ist – unbegrenzt. Wohin sonst sollten wir uns wenden, wenn nicht an die Liebe, die uns trägt? Wonach sonst sollten wir streben, wenn nicht nach der Liebe, die uns leitet und voranbringt? Und da Liebe immer nur in uns zu finden ist, brauchen wir einen Zugang zu uns selbst. Unsere Innenwelt verfügt über die nötige Tiefe und Weisheit, die Liebe ist.
Was sollten wir also tun, wenn wir uns innerlich nicht kennen? Wenn wir uns selbst fremd geworden sind, weil wir vergessen haben, dass ein Herz in unserer Brust schlägt? Wir müssen die Verbindung wiederherstellen, die Gott einst geknüpft hat. Das Göttliche oder der göttliche Urgrund ist nichts von uns Getrenntes, auch wenn wir es längst nicht mehr fühlen können. Es tut uns gut, uns daran zu erinnern, wie wir als Kinder waren: unbeschwert, vertrauensvoll und lebendig. Wir zweifelten nicht an der Ganzheit und Vollkommenheit des Lebens, wir unterschieden nicht zwischen Natur und uns, zwischen anderen und uns. Alles war eins, bis wir älter wurden und begannen zu glauben, dass wir ein Einzelwesen sind. Es wurde wichtig für uns, uns als Individuum zu erkennen und zu entwickeln. Jedoch machte uns unsere Außenwelt auch glauben, dass diese Vereinzelung echt und unwiderruflich ist.
Was wir also tun können, wenn wir uns als Erwachsene plötzlich als isoliert erfahren und uns einsam fühlen, ist Rückverbindung. Zuerst müssen wir nur unser Glaubenskonzept vom Alleinsein genauer hinterfragen und durch das Wissen um die große Einheit ersetzen. Das klingt einfach, ist es aber nicht. Denn unser Ego rät uns anders: Es erzählt uns unablässig, dass die Beziehung gefährlich sei und dass wir Angst haben müssen vor der Liebe. Wem sollen wir also glauben, dem Ego oder unserem Herzen?
Wir können nur den Weg des Herzens gehen, wenn wir ihn auch wirklich gehen wollen. Sonst geschieht keine Veränderung. Wir sollten uns daher fragen, ob wir wirklich am Leben ganz teilhaben möchten. Ob wir bereit sind, unsere Gedanken der Angst aufzugeben und Platz zu schaffen für tiefe Gefühle. Wenn wir befürchten, verletzt oder enttäuscht zu werden, sind wir nicht gut beraten, das Ego zu befragen, denn das Ego wird uns auf uns selbst zurückwerfen und vorschlagen, in Deckung zu bleiben. Die Liebe dagegen wird uns ermutigen, uns zu öffnen für das Leben mit all seinen leichten und schweren Tagen.
Die Macht der Liebe hat schon so manchen Menschen aus seiner inneren Isolation errettet, der in seiner Verzweiflung festhing. Liebe ist das einzige Mittel, um den tiefen Schmerz zu heilen, der entsteht, wenn wir uns selbst verlieren. Dabei ist nicht nur die Liebe wirksam, sondern auch wir selbst, denn in uns liegt ein großes Selbstheilungspotenzial, das nur aktiviert werden muss. Wodurch? Durch Verbindung. Erst, wenn wir uns selbst, unseren Körper, unser Herz wieder umarmen können und zurückkehren in unsere Innenwelt, fallen die angstvollen Gedanken von uns ab und wir atmen frei auf. Von diesem Augenblick an spüren wir wieder, dass wir ein Teil dieser Schöpfung sind, ein Teil der Göttlichkeit. Dieses Gefühl werden wir niemals wieder vergessen, weil es uns vollständig befreit.
Schmerz, der durch Abwendung vom eigenen Selbst oder durch grobe Vernachlässigung des eigenen Ichs entsteht, geht mit einer großen Trauer einher, ohne dass es uns bewusst wäre, dass wir selbst es waren, die den Verlust verursacht haben durch falsches Denken und durch Gehorsamkeit dem Verstand gegenüber. Wir selbst haben Kopf über Herz gestellt, ohne es recht zu bergreifen. Wir haben die Konsequenzen nicht sofort gesehen, aber doch irgendwann gespürt und nicht mehr zuordnen können. Wir dachten sofort, das Leben wäre ungerecht. Dabei ist es nur eine natürliche Folge der Isolation gewesen, sich einsam und vernachlässigt zu fühlen. Wenn wir das erkennen, müssen wir den Prozess wieder umkehren: Wir müssen an Liebe „denken“, um den Zugang zu uns wiederherzustellen.
Für viele Menschen bedeutet diese Umkehr eine große Anstrengung. Da ihr ganzes Leben auf Angst aufgebaut ist, müssen sie eine grundlegende Veränderung zulassen, um wieder in Kontakt mit sich selbst zu kommen. Erst, wenn sie alle verlorengegangenen Kräfte wieder beisammen haben durch genug Selbstliebe, können sie im Herzen heilen und eine authentische Lebensweise anstreben. Da sie sozusagen in ein emotionales Burnout geraten sind, braucht dieser Prozess der Heilung viel Zeit und Geduld – doch es lohnt sich!
Liebe ist eine universelle Umarmung.