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LIEBE UNTER DRUCK

Ehe der Mensch dieses Glück wahrnimmt, haben es seine Gedanken schon wieder beiseitegeschoben. Sie erzählen ihm dauernd, wie sehr er doch belastet ist im Alltag, und schon ist er vom Eintreffen der Liebe bereits so abgelenkt, dass er sich bloß seinen Pflichten widmet und weiterhin Stress empfindet. Er kann einfach nicht aufhören, in seinem selbst erschaffenen Hamsterrad zu rennen. Schlimmer noch, er glaubt sogar fest daran, dass es völlig aussichtslos sei, zwischen dem ganzen Hin und Her seiner eigenen Gedanken ein Stück Glück zu finden. Das viele Denken powert ihn aus, und am Ende des Tages fällt er erschöpft auf sein Sofa, um sich im Fernsehen das Glück der anderen anzuschauen. Dann geht er einsam ins Bett und plant schon wieder den nächsten vollen Tag in Gedanken durch.

Wer so lebt, bleibt meist ohne die Erfahrung von Liebe und stürzt sich in eine gegenseitige Zweckbeziehung hinein, um nicht ganz allein zu sein – während die Partnerin, der Partner selbst den Kopf voller Pläne hat. Das nennen beide dann Glück. Diesen Selbstbetrug versuchen sie dann in ihrer Beziehung aufrechtzuerhalten. Nach einer gewissen Zeit spüren jedoch beide, dass etwas nicht stimmt. Sie vermissen etwas, ohne zu erkennen, was genau. Sie fangen an, sich gegenseitig dafür verantwortlich zu machen und das ominöse Problem beim jeweils anderen zu suchen. Manchmal drückt sich das unbenannte Problem aber auch auf andere Weise aus: Sie leben sich auseinander, gehen fremd, „retten“ sich in noch mehr Planung und noch mehr Arbeit oder sie werden plötzlich krank, weil der Körper diese Selbstlüge auf dauer nicht verkraftet. Viele Paare trennen sich an diesem Punkt, statt gemeinsam zu erforschen, was schiefgelaufen ist.

Der Weg der Liebe scheint ein anderer zu sein als der, den man sich gedanklich ausgemalt hat. Sie spielt nach ihren eigenen Regeln und stellt tiefere Fragen an den Menschen, als er in seinen Quartalsplänen berücksichtigt hat. Um sich dem zu stellen, braucht der Mensch nicht nur Zeit, sondern auch eine innere Bereitschaft, zu erkennen, dass er auf das falsche Pferd gesetzt hat: sein Ego. Er muss beginnen, hinter seine Gedanken zu schauen. Er muss lernen, zu verstehen, was die Liebe ihm anbietet, statt davon auszugehen, dass sie etwas von ihm fordert.

Die Liebe erlöst uns von der Herrschaft unserer Gedanken. Sie erlöst uns von dem Leid, ein durchgeplantes Leben zu leben, in dem es keine spontane Freude gibt. Sie erlöst uns von negativen Glaubenssätzen, die wir von anderen übernommen haben und die uns nicht guttun. Und sie erlöst uns von den Qualen des Alleinseins. Das kann sie allerdings nur vollbringen, wenn wir uns ihr öffnen und sie gewähren lassen. Wir dürfen uns nicht dagegen wehren, dass sie unsere gedankliche Gefängnistür öffnet, nur weil wir Angst haben vor dem, was uns draußen in der Realität, in der Freiheit erwartet.

Um dies besser zu verstehen, können wir erfühlen, wie die Liebe beschaffen ist. Da sie unkontrollierbar ist, nützt es nichts, sie in unsere Lebensplanung integrieren zu wollen. Wenn wir lieben, ist dies das Ende aller mentalen Kontrolle. Das heißt natürlich nicht, kopflos umherzuirren, wie wir es aus übermächtigen Verliebtheitsphasen kennen. Liebe ist nicht Verliebtheit. Es gibt einen großen Unterschied. Verliebtheit ist ein Zustand, der uns lediglich daran erinnert, dass wir fühlende Wesen sind, berührbar. Liebe ist das echte Feuer, das ewig in unserem Herzen brennt. Sie ist weder kopflos noch chaotisch, und dennoch widerstrebt ihr jede Einpassung in ein Konzept oder Unterordnung innerhalb eines Plans.

Liebe ist immer da.

Liebe heilt, Angst macht krank

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